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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Papier in der Mitte und legte es in die Tischschublade.
    »Dann eben nicht«, brummte er unwillig und stellte den Teller mit den Heringen vor die Türe. Aber da schnurrte Bastet längst in tiefem Schlaf.
     
     
    Im Morgengrauen klopfte es an die Türe. »Carter-Effendi, Sayyed bringt wichtige Nachricht. Carter-Effendi!«
    Verschlafen öffnete Howard und sah Sayyed vor sich stehen, um den Hals einen Lederbeutel. Mit dem Kinn bedeutete er, Carter möge den Umschlag aus der Tasche entnehmen. »Telegramm aus England, Carter-Effendi! Schon gestern abend eingetroffen. Aber war schon dunkel«, erklärte er, immer noch nach Luft ringend.
    »Schon gut!« Carter riß den Umschlag auf. Seine Schwester Amy meldete den Tod der Mutter.
    »Sicher etwas Unangenehmes«, bemerkte Sayyed und sah Howard neugierig an.
    Der hob die Schultern und blickte ohne erkennbare Rührung zur Seite. »Meine Mutter ist gestorben«, erwiderte er tonlos.
    »Oh, das macht den Effendi sicher sehr traurig.«
    »Ja, Sayyed«, antwortete Carter, »obwohl ich mir eine bessere Mutter gewünscht hätte, eine, die mir ein bißchen Liebe hätte zukommen lassen, eine, die mich nicht hätte spüren lassen, daß ich als elftes Kind nicht mehr willkommen war.«
    »Tut mir leid, Carter-Effendi. Aber könnte man sich seine Mutter aussuchen, gäbe es Mütter mit tausend Kindern und solche, die kein einziges hätten.«
    Howard mußte lachen. »Das ist wohl wahr, Sayyed.«
    »Wie alt war deine Mutter?«
    »Fünfundachtzig.«
    »Es ist eine Gnade Allahs, so alt zu werden, Carter-Effendi!«
    »Nein, Sayyed, nicht in jedem Fall. Meine Mutter lebte nur noch zeitweise in der Realität, die meiste Zeit verbrachte sie in Gedanken bei ihrem Mann, meinem Vater. Aber der ist fast dreißig Jahre tot.«
    »Ich verstehe«, antwortete Sayyed mitfühlend.
    Carter nickte nachdenklich. Dann sagte er, als habe er die eben erhaltene Nachricht mit einem Schlag aus dem Gedächtnis gestrichen: »Du trinkst doch eine Tasse Tee mit mir?«
    »Gerne, Carter-Effendi, wenn Sie bereit sind, mir die Tasse zum Mund zu führen.«
    »Wir werden schon zurechtkommen.«
    Während Carter den Tee zubereitete und Schafskäse, Marmelade und Fladenbrot auftischte, sagte er, ohne Sayyed anzusehen: »Ich muß dir eine Mitteilung machen, die mich trauriger stimmt als der Tod meiner Mutter. Ich werde meine Arbeit im Tal der Könige einstellen. Wie es weitergehen soll, weiß ich nicht.« Er seufzte.
    »Aber das dürfen Sie nicht tun, Carter-Effendi. Sie dürfen nicht aufgeben. Sagten Sie nicht selbst, Sie seien kurz vor dem Ziel?«
    »Ja, das sagte ich, aber ich habe mich eben getäuscht. Lord Carnarvon hat schon recht, wenn er behauptet, ich hätte in den letzten fünfzehn Jahren nur Kosten verursacht.«
    Während Howard die Tasse zu Sayyeds Mund führte und ihn fütterte wie ein Kind, meinte er: »Ich wäre dir dankbar, wenn du für mich einen Brief besorgen könntest. Aber du darfst ihn der Empfängerin nur persönlich aushändigen, hörst du!«
    »Verstehe«, antwortete Sayyed und kaute an einem Bissen Fladenbrot. »Carter-Effendi ist verliebt.«
    Howard stutzte und sah den jungen Mann fragend an. »Woher willst du das wissen?«
    »Habe ich mir einfach gedacht, wenn ich Carter-Effendi so reden höre. Wie heißt sie, wo wohnt sie?«
    »Sie heißt Evelyn und ist die Tochter von Lord Carnarvon. Die Carnarvons wohnen im Hotel Winter Palace.«
    Sayyed nickte. »Wird gemacht. Carter-Effendi kann sich auf mich verlassen.«
    Liebevoll, beinahe zärtlich nahm Howard den Brief aus der Lade, überflog noch einmal die Zeilen, die er in der vergangenen Nacht zu Papier gebracht hatte, und setzte seine Unterschrift darunter. Dann steckte er das Schreiben in einen Umschlag und ließ es in der Ledertasche auf Sayyeds Brust verschwinden.
    Kaum hatte Sayyed sich im Laufschritt auf den Weg gemacht, da traf Lord Carnarvon zu Pferd ein.
    Seine Lordschaft fand anerkennende Worte über das neue Haus, das er erst einmal gesehen hatte, meinte jedoch im selben Atemzug: »Schade, daß aus unserer Wohngemeinschaft nun doch nichts mehr werden kann. Aber wie ich gestern schon andeutete…«
    »Sie können sich Ihre umständlichen Worte sparen, Mylord, und ich kann Ihnen nicht einmal böse sein, daß Sie an dem Unternehmen die Lust verloren haben. Ich werde eben nicht gerade vom Glück verfolgt.«
    »Wir alle nicht, Mr. Carter. Ich hatte bei meinen Planungen nicht mit den Auswirkungen des Krieges gerechnet. Gewiß, England hat den Krieg

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