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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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ist!«
    Evelyn schüttelte den Kopf: »Es ist wahr, Mama. Ich liebe Howard!«
    Lord Carnarvon und Lady Almina sahen sich entsetzt in die Augen. Nichts hätte die beiden in diesem Augenblick mehr schockieren können als diese Eröffnung ihrer Tochter.
    »Weißt du überhaupt, was du da sagst, mein Kind?« fragte der Lord mit betont ruhiger Stimme. »Der Mann könnte dein Vater sein, ganz zu schweigen von seiner Herkunft!«
    »Na und?« ereiferte sich Evelyn. »Howard ist ein faszinierender Mann und im Herzen jünger als mancher Jüngling von altem Adel, von denen die meisten schon als Greise auf die Welt kommen.«
    Der Lord machte ein finsteres Gesicht, und in seiner Haltung lag etwas Drohendes. »Und Lord Beauchamp?« fragte er listig. »Du weißt, daß du ihm versprochen bist!«
    »Er ist zweifellos ein netter Mann, aber ich liebe nun einmal Howard. Ich bin alt genug, um mein Leben selbst zu bestimmen. Könnt Ihr mir sagen, warum Ihr Euch so aufregt?«
    »Das eben bezweifle ich, mein Kind. Ich zweifle, ob du überhaupt begreifst, in welche Lage du dich bringst, wenn du dich an diesen erfolglosen Ausgräber wegwirfst. Du bist viel zu jung, um überhaupt zu wissen, was Liebe ist. Was du für Liebe hältst, ist nichts als ein Strohfeuer, eine momentane Begeisterung, die sich ebensoschnell verflüchtigt, wie sie gekommen ist. Diesen Carter solltest du dir jedenfalls so schnell wie möglich aus dem Kopf schlagen.«
    »Das werde ich nicht tun!« entgegnete Evelyn trotzig.
    Lord Carnarvon erhob sich und ging mit auf dem Rücken verschränkten Händen unruhig auf und ab. Schließlich sagte er: »Gut, dann werde ich den Scheck über 3000 Pfund, den ich Mr. Carter für die letzte Grabung hinterlassen habe, sperren. Soll er sehen, wo er bleibt.«
    Evelyn wurde bleich. Man konnte sehen, was in ihrem Kopf vorging. »Du hast«, sagte sie mit stockender Stimme, »Howard Geld geboten, damit er von mir abläßt?«
    Ohne seinen Gang zu unterbrechen, erwiderte Carnarvon: »Er hat das Geld jedenfalls genommen. Eigentlich hatten wir uns schon über das Ende unserer Zusammenarbeit verständigt. Aber dann haben wir uns auf diese Weise geeinigt.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Evelyn leise. Sie kämpfte mit den Tränen.
    »Es ist Carters letzte Chance«, nahm der Lord seine Rede wieder auf. »Kein vernünftiger Mensch wird diesem Verrückten auch nur einen Penny für seine Grabungen geben. Carter liegt mir seit fünfzehn Jahren auf der Tasche, und jedes Jahr verspricht er, die nächste Grabungssaison würde den großen Erfolg bringen. Bis heute warte ich darauf vergebens. Ich glaube, Mr. Carter ist auch, um es gelinde auszudrücken, nicht mehr ganz Herr seiner Sinne. Er sieht Gespenster und redet mit den alten Göttern. Kein Wunder, nach dreißig Jahren Einsiedlerdasein in der Wüste. Nein, mein Kind, diesen Carter solltest du dir so schnell wie möglich aus dem Kopf schlagen.«
    »Dann war Carter also der Grund für unsere überstürzte Abreise aus Luxor«, bemerkte Evelyn traurig.
    »Ich hoffe, dieses Kapitel ist damit erledigt.« Carnarvon trat nahe an seine Tochter heran und legte seine Hand auf ihre Schulter. »Eve, du bist eine stattliche junge Frau und der Stolz deines Vaters. Ich will nur dein Bestes. Und deshalb sollten wir schon bald die Verlobung mit Lord Beauchamp in die Wege leiten. Sei ein gutes Kind und mache deinem Vater keine Schande.«
    Lady Almina nickte heftig. Sie sah nicht das Glitzern in Evelyns Augen.
    In den darauffolgenden Tagen und Wochen zog sich Evelyn mehr und mehr von ihren Eltern zurück. Sie war ihnen nicht einmal böse, sie wollte nur allein sein und nachdenken. War es der Abenteurer, der sie an Carter so faszinierte, das Fremdartige, Geheimnisvolle, das ihn umgab? Ihre Gefühle schwankten zwischen stiller Wut auf ihren Vater und der Unklarheit, welchen Weg sie einschlagen sollte. Evelyn war zu erwachsen, um nicht zu begreifen, daß sie Gefahr lief, in einer Trotzreaktion die falsche Entscheidung zu treffen.
    Bedenkenlos und mit einem Anflug von Leichtsinn hatte sie sich Howard an den Hals geworfen, und der hatte ihre Gefühle mit dem selben Überschwang erwidert. Von beiden bedurfte es keiner Selbstüberwindung, keiner Aufforderung, es ergab sich ganz selbstverständlich, war plötzlich da, als wäre ein Wunder geschehen.
    Hatte sie noch am Tag der Auseinandersetzung mit ihrem Vater geglaubt, ohne Howard Carter nicht leben zu können, und hatte sie den abenteuerlichen Plan gefaßt, alleine und heimlich

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