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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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offenstand, fand sich Bastet nicht ein. Die Katze blieb verschwunden. Howard sah sie nie wieder.
    Am Tag darauf warf Carter seine eben erst gefaßten Vorsätze über Bord, engagierte achtzig Arbeiter und begann an jener Stelle zu graben, die ihm die große weiße Katze gewiesen hatte.

K APITEL 26
     
     
     
    Nach ihrer Rückkehr gingen sich Lord Carnarvon und seine Tochter Evelyn auf Highclere Castle tagelang aus dem Weg. Das erforderte keine großen Umstände, denn das Schloß war so groß, daß niemand, der Lord nicht und nicht die Dienerschaft, zuverlässig sagen konnte, wie viele Zimmer es auf Highclere Castle gab.
    Beim Dinner, der einzigen Mahlzeit des Tages, welche die Familie gemeinsam und zu früher Abendstunde einzunehmen pflegte, kam kaum ein Gespräch zustande, und das schaffte in dem dunkel getäfelten Speisesaal mit den überdimensionalen Ahnenporträts an der Wand eine unbehagliche Atmosphäre. Der lange Tisch in der Mitte des Raumes bot zwanzig Essensgästen Platz, so daß sich Evelyn, wenn sie allein mit ihren Eltern speiste, stets ziemlich verloren vorkam. Nun wurde die Verlorenheit durch das Schweigen noch verstärkt.
    Die plötzliche Abreise aus Luxor, für die Seine Lordschaft die fadenscheinige Erklärung gefunden hatte, er fühle sich nicht wohl und bedürfe ärztlicher Behandlung, hatte Evelyn in dem Verdacht bestärkt, ihr Vater könnte etwas von der Liaison mit Howard bemerkt haben und Bedenken gegen eine so unstandesgemäße Verbindung haben oder sie rundweg ablehnen.
    Vermutlich hätte die Wortlosigkeit zwischen dem Lord und seiner eigenwilligen Tochter noch Tage oder gar Wochen gedauert, wäre nicht Lady Almina, die unter dem Zustand am meisten litt, im übrigen aber ahnungslos war, nicht eingeschritten.
    »Kann mir vielleicht jemand erklären«, meinte Lady Almina zwischen Wildbret und Nachtisch – die Jagdsaison war gerade eröffnet –, »kann mir vielleicht jemand erklären, was hier gespielt wird?«
    Die Lady warf Evelyn einen vorwurfsvollen Blick zu, diese wandte sich fragend an Carnarvon, und Seine Lordschaft sah Lady Almina an und meinte: »Meine Liebe, es ist an der Zeit, deiner Tochter in Erinnerung zu rufen, daß sie eine Lady und Tochter eines Lords ist und nicht Miss Jedermann.«
    Lady Almina zog die Stirn in Falten: »Daran hat nie jemand in unserer Familie gezweifelt. Würdest du uns bitte erklären, worauf du hinauswillst?«
    Carnarvon legte seine Serviette beiseite und wartete, bis sich der Butler und das Serviermädchen entfernt hatten. Dann beugte er sich zu seiner Frau hinüber, die rechts von ihm an der Längsseite saß, und sagte: »Deine Tochter ist sich nicht zu schade, ein heimliches Verhältnis mit einem unserer Angestellten zu unterhalten.«
    Da sprang Evelyn auf, um den Raum zu verlassen; aber der Lord rief zornentbrannt: »Du bleibst!« Und dabei schlug er mit der flachen Hand auf den Tisch, daß die Kerzen, welche der Tafel ein vornehmes Gepräge verliehen, flackerten. Das Mädchen, dem ihr Vater sonst keinen Wunsch abschlug, konnte sich nicht erinnern, je mit solcher Strenge behandelt worden zu sein.
    Lady Almina fiel aus allen Wolken. Schockiert über die Eröffnung Carnarvons, fragte sie, an Eve gewandt: »Stimmt das, was dein Vater sagt? Antworte!«
    Evelyn schwieg. Sie fühlte sich gekränkt von der überheblichen Formulierung ihres Vaters. Und zweifellos hatte Carnarvon auch diese Absicht verfolgt.
    Außer sich und mit hochrotem Kopf sagte Lady Almina: »Ich will jetzt wissen, wer es gewagt hat, sich dir zu nähern?« Und zu Carnarvon: »Du hast den Kerl hoffentlich sofort entlassen!«
    Lord Carnarvon blickte vor sich auf den Tisch. Es fiel ihm sichtlich schwer, seiner Frau zu antworten. Schließlich setzte er ein süffisantes Lächeln auf und erwiderte: »Habe ich nicht. Und wenn du erfährst, wer der Schurke ist, wirst du das auch verstehen.«
    »Also, wer ist es? Man braucht mich hier nicht zu schonen.«
    Der Lord warf seiner Tochter einen aufmunternden Blick zu: sollte sie doch antworten. Aber Evelyn blickte stumm vor sich hin.
    »Es ist unser feiner Mr. Carter!« bemerkte Carnarvon, und der leise Spott in seiner Stimme war nicht zu überhören.
    Lady Almina blickte ungläubig. »Carter? Unser Carter? Das ist doch nicht möglich!«
    »Das dachte ich auch. Aber ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie die beiden – na ja, du weißt schon.«
    Äußerst erregt wandte sich die Lady ihrer Tochter zu: »Eve, nun sag schon, daß es nicht wahr

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