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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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»Rührend, wie du um meinen Wohlstand besorgt bist, Spink. Aber wie ich dich kenne, hat die Sache einen Pferdefuß, stimmt’s?«
    Spink hob verlegen die Schultern und antwortete: »Wir machen halbe-halbe. In Anbetracht des Risikos, das ich eingehe, ist das durchaus angebracht.«
    »Das könnte dir so passen!« spottete Carter.
    »Also gut, zwei Drittel für dich, ein Drittel für mich. Mein letztes Angebot, Carter!«
    Der Traum vom plötzlichen Reichtum blieb bei Carter nicht ohne Wirkung. Er stellte sich vor, wie es wäre, wenn er über hunderttausend Pfund verfügte, ein Haus mit Dienerschaft und ein Automobil. Oder eine Dahabija samt Mannschaft, mit einem Salon auf dem Achterdeck und Gästekabinen. Im »Winter Palace« könnte er Feste feiern wie Theodore Davis oder der Aga Ayat. Was Rang und Namen hatte in Oberägypten, würde sich um eine Einladung reißen. Die schönsten Frauen würden ihm zu Füßen liegen. Und Lord Carnarvon sollte es leid tun, daß er ihm seine Tochter verweigert hatte.
    »Wir teilen zwei zu eins«, wiederholte Spink, und Carter fand in die Wirklichkeit zurück.
    »Zwei zu eins?« fragte er, als erwachte er aus einem Traum. »Spink, woher willst du überhaupt wissen, welcher Wert in dem Grab verborgen liegt?«
    Spink hob den Zeigefinger. »Mustafa Aga Ayat sagte einmal, sollte jemals ein versiegeltes Pharaonengrab gefunden werden, dann, sagte er, wird es der größte Schatz der Menschheit sein. Ayat mußte es wissen, er war der bedeutendste Antiquitätenhändler Ägyptens und – nebenbei gesagt – einer der reichsten Männer des Landes.«
    Plötzlich fühlte sich Carter an ein Ereignis erinnert, das dreißig Jahre zurücklag, doch nun war es auf einmal gegenwärtig, als hätte es sich gestern zugetragen. An einem der langen Abende in Didlington Hall hatte Walter B. Painswick, Professor für Geheimlehren der Physik in Cambridge, Amhersts Tochter Alicia in Hypnose versetzt, um ihre Behauptung auf die Probe zu stellen, sie könne in die Zukunft blicken. Bei dem Experiment hatte Alicia prophezeit, einer der Anwesenden würde den größten Schatz der Menschheit heben. Lord Amherst hatte die Weissagung auf sich bezogen, aber wie sich herausstellte, war diese Annahme falsch. Sollte Alicia damals ihn gemeint haben?
    Spink deutete Carters nachdenkliches Schweigen als Unschlüssigkeit, ob er sich auf den Handel einlassen sollte; deshalb meinte er: »Wenn du auf meinen Vorschlag nicht eingehst, wirst du vielleicht berühmt werden. Aber Ruhm ist selten nahrhaft, meist schafft er nur Neider. Lord Carnarvon wird die Ehre des Entdeckers für sich in Anspruch nehmen und dich fallenlassen wie eine heiße Kartoffel. In ein paar Jahren wirst du vergessen sein.«
    »Unsinn!« wetterte Howard. »Willst du mir etwa weismachen, daß dir mein Ruhm am Herzen liegt? Spink, du bist und bleibst ein Gauner. Dachtest du ernsthaft, ich wäre käuflich? Spink, Spink! Howard Carter ist ein Ehrenmann, und darin unterscheidet er sich von dir!«
    Spink mußte einsehen, daß er so nicht weiterkam. Kopfschüttelnd humpelte er zu seinem Pferd. Bevor er sich in den Sattel hievte, rief er: »Carter, mach keinen Fehler. Du solltest dir die Sache noch einmal gründlich überlegen.«
     
     
    Keine Minute hatte Carter geschlafen, als er morgens gegen sechs aufstand. Es war noch dunkel. Nicht nur die Aufregung um die Entdeckung des Grabes hatte ihm den Schlaf geraubt, Spinks Vorschlag tat das Seine dazu. Carnarvons jahrelange Demütigungen, die ständigen Hinweise auf seine niedere Herkunft und darauf, daß er, Carter, Seiner Lordschaft seit fünfzehn Jahren auf der Tasche lag, all das wäre Grund genug gewesen, sich an ihm zu rächen. Spink hatte nicht unrecht, wenn er behauptete, niemand könne voraussehen, welche Schätze in dem Grab zu finden seien. Wie weit, dachte Howard, war er mit seiner Wohlanständigkeit gekommen? Das bißchen Vermögen, so man es denn als solches bezeichnen konnte, hatte er ohnehin nicht auf ehrliche Weise erworben. Kleine Schiebereien hatten ihm oft mehr eingebracht als sein Jahresgehalt.
    In derlei Gedanken verstrickt, graute der Morgen für Carter viel zu schnell, und die Ereignisse nahmen ihren eigenen Lauf. Bei seiner Ankunft im Tal der Könige waren die Arbeiten schon im Gange. Callender und die Wachmannschaft hatten sich stundenweise im Schlaf abgewechselt. Keiner wollte sich den großen Augenblick entgehen lassen. Sogar die Arbeiter, die für gewöhnlich ihren Dienst nur um des Geldes wegen

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