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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Joseph Kennedy aus Boston«, drängte sich ein forscher junger Mann von vielleicht 35 Jahren mit seiner noch etwas forscher wirkenden Ehefrau in das Gespräch, »ich bin Reeder, Bankier und Demokrat.« Sein Händedruck verriet etwas von der Kraft der puritanischen Pilgerväter, und seine Frau Rose fügte hinzu: »Und Katholik! Wir sind irischer Herkunft, müssen Sie wissen.«
    »Angenehm«, bemerkte Carter floskelhaft, und dabei entging ihm nicht der mißbilligende Gesichtsausdruck von Mrs. Kennedy, als sie Phyllis’ Abendkleid musterte.
    »Wir werden« – Mrs. Kennedy gebrauchte ausschließlich die Mehrzahl, wenn sie von sich sprach – »wir werden die Republikaner schon noch aus dem Weißen Haus jagen«, sagte sie hinter vorgehaltener Hand, »entweder Joseph, mein Mann, oder mein Sohn John Fitzgerald. Er ist gerade sechs.«
    Wie vom Blitz getroffen starrte Phyllis auf einen Mann mit dunklen Haaren und einem schmalen Oberlippenbärtchen, der mit einer kleinen, fröhlich blickenden Frau am Arm direkt auf sie zu trat. »Howard, ich werde ohnmächtig«, raunte Phyllis Carter zu, »das ist Douglas Fairbanks mit seiner Frau Mary Pickford!«
    »Muß ich die kennen?« fragte Carter hilflos.
    »Howard, das sind die berühmtesten Filmschauspieler der Welt. Ich habe Doug in vielen Filmen gesehen, als Freibeuter, Abenteurer und hinreißenden Liebhaber!«
    Zu ihrem Leidwesen schenkte Douglas Fairbanks Phyllis kaum Beachtung. Der hielt vielmehr Carter die Einladungskarte zu dem Empfang entgegen und bat, beinahe schüchtern wie ein Schuljunge, um eine Widmung.
    Während Howard »Dem großen Mimen von einem kleinen Ausgräber« auf die Karte kritzelte, nahm Mary, seine Frau, Phyllis beiseite und zeigte mit dem Kopf auf die Kennedys, und leise, daß niemand es hören konnte, sagte sie: »Vermutlich hat Ihnen Kennedy schon gesagt, daß er katholisch ist. Aber daß er eine Geliebte hat, deren Filme er heimlich finanziert, hat er sicher nicht erzählt. Sie heißt Gloria Swanson und ist ja ganz hübsch, aber völlig unbegabt.«
    Vielmehr als an dem Klatsch aus Hollywood wäre Phyllis an einem Gespräch mit dem berühmten Leinwandhelden interessiert gewesen; aber auch andere Damen der Gesellschaft belagerten ihn wie Motten das Licht.
    Das Dinner an der Seite des Präsidenten und seiner Gattin war gerade zu Ende, man plauderte in kleinen Gruppen, trank, den Gesetzen des Landes entsprechend, Wasser, Säfte und Milch – wenn man darüber hinwegsah, daß der eine oder andere eine Taschenflasche hervorzog und verbotenen Inhalt in ein Wasserglas kippte, als plötzlich alle Gespräche verstummten. Alle Augen richteten sich auf den Eingang des Bankettsaales, wo ein seltsames Paar auftauchte wie eine unheimliche Erscheinung: Der Mann war lang, dürr und uralt, zwischen achtzig und neunzig Jahren. Er trug einen schwarzen Anzug. Sein Gesicht war eingefallen, daß die Backenknochen hervortraten, die Haut vielfaltig und lederartig. Das Gespenstische an seiner Erscheinung war jedoch die Tatsache, daß der bedauernswerte Mann alle Körperhaare verloren hatte, sogar die Wimpern. Seine Augenbrauen waren mit einem dunklen Stift nachgezogen, und jedem fiel sofort auf, daß er eine glattgekämmte Perücke trug, um den Makel seines kahlen Kopfes zu verbergen.
    Die Frau an seiner Seite war etwa fünfzig Jahre alt und von einnehmendem Äußeren. Sie trug ein langes, enganliegendes Kleid nach altägyptischem Vorbild. Ihre dunklen Haare waren hochgetürmt und mit einer breiten grünen Feder geschmückt. Dies und die kunstvolle Schminke um ihre Augen verliehen der schönen Frau etwas Unnahbares, Majestätisches.
    Lee Keedick, der sich zufällig gerade in seiner Nähe aufhielt, trat an Carter heran und raunte ihm zu: »Das ist John D. Rockefeller, der reichste Mann der Welt, mit seiner Tochter Edith Rockefeller-McCormick. Die beiden werden Ihnen sicher gleich erklären, warum sie hier sind. Übrigens – Rockefeller leidet an Alopezie, einem krankhaften Haarausfall am ganzen Körper. Das darf Sie nicht weiter stören.«
    Aus der Entfernung starrte Howard den unglücklichen, reichen Mann an. Natürlich hatte er vom sprichwörtlichen Reichtum Rockefellers gehört, von seinen Marotten, seiner Sparsamkeit und Bescheidenheit, daß er mit der U-Bahn ins Büro fuhr, nur höchst selten ausging und sich über ein neues Paar Schuhe oder Strümpfe freuen konnte wie ein Kind zu Weihnachten. Auch daß er ständig tausend Dollar in der Tasche trug, wurde über ihn erzählt

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