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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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glaube ich nicht!«
    »Wenn ich’s dir sage.«
    »Was hast du deinem Vater erzählt? Heraus mit der Sprache!« Spink hielt Owen am Ärmel fest.
    Der blieb stehen und musterte Spink mit festem Blick. »Nicht mehr als die Wahrheit – aber auch nicht weniger.«
    »Dein Vater weiß, daß du Miss Jones beklaut hast?« fragte Robert Spink ungläubig.
    Owen nickte stumm.
    »Ich hoffe, du hast meinen Namen nie erwähnt!« polterte Spink los. »Sag die Wahrheit!«
    Von Osten hörte man das Fauchen der Dampfeisenbahn. »Keine Zeit!« rief Owen und rannte mit seinem Karren weiter. Im Laufen drehte er sich noch einmal um und rief dem zurückgebliebenen Spink zu: »Um deine Frage zu beantworten, Spink – es ließ sich nicht vermeiden, deinen Namen zu erwähnen!«
    Der Zug aus Norwich kam mit Quietschen und Kreischen zum Stehen. Die kleine Lokomotive, deren Schlot wie ein Leuchtturm in den Himmel ragte, schnaubte und stampfte und sprühte weiße Dampfwolken auf die Geleise. »Swaffham! Swaffham!« rief der Stationsvorsteher. Wegen seiner Uniform und der roten Mütze wurde er von allen Jungen des Ortes beneidet. Wollte man seine Ortsangaben verstehen, so mußte man schon sehr genau hinhören, denn zum einen drehte er sich, während er rief, um die eigene Achse, zum anderen verstand er es, die zwei Silben von Swaffham so einsilbig zu rufen, daß nur noch ein unverständliches »Swam« übrig blieb.
    Trotz dieser widrigen Umstände fand Mr. James Marvin den Weg aus dem letzten Waggon dritter Klasse und wurde von Owen Hazelford höflich begrüßt. Marvins Gepäck bestand nur aus zwei kleinen Reisekoffern, welche entweder viele Länder oder bessere Zeiten gesehen hatten. Owen, der die Gäste des »George Commercial Hotel« nach ihrem Gepäck taxierte, tippte auf letzteres. Dafür sprach auch seine Reisekleidung, welche einen durchaus vornehmen, aber abgetragenen Eindruck machte.
    Mr. Marvin war alles andere als redselig. Auf Owens freundliche Fragen antwortete er nur knapp mit einem »ja« oder »nein«, und auch die Frage, von wo er denn komme, beschied er nur mit einem Wort: »Norwich«.
    Also beließ es Owen dabei, schob schweigend seinen Handkarren und musterte Mr. Marvin, der auf dem Bürgersteig neben ihm herging, von der Seite. Er mochte etwa vierzig sein, vielleicht auch älter, jedenfalls wirkten eine randlose Brille mit dicken Gläsern und der krause Backenbart nicht gerade jugendlich. Sein schleppender Gang legte die Vermutung nahe, daß er schwer an seinem Schicksal zu tragen hatte.
    Vor dem Hotel angelangt, musterte Marvin das Haus mit kritischem Blick, wobei er seine Brille mit dem Zeigefinger auf die Nasenwurzel preßte – wohl um besser zu sehen. Und während Owen das Gepäck vom Karren hob, begann Mr. Marvin plötzlich zu sprechen: »Wirklich ein entzückender Ort, dieses Swaffham. Ich werde ein paar Tage bleiben.«
    »Sie werden sich bei uns wohl fühlen, Sir!« beeilte sich Owen zu antworten. »Um diese Jahreszeit ist das Wetter ideal.«
    Mr. Hazelford komplimentierte den seltsamen Gast ins Haus. Und während er sich ins Fremdenbuch eintrug, musterte ihn der Wirt von oben bis unten, und mehr aus Verlegenheit denn aus Neugierde fragte er den Fremden: »Sie sind zur Sommerfrische hier oder geschäftlich, Sir?«
    Es schien, als sei ihm die Frage unangenehm, jedenfalls schüttelte er unwillig den Kopf, als wollte er sagen: Das geht Sie nichts an, Mr. Hazelford. Statt dessen antwortete er ohne Zusammenhang: »Ich bleibe eine Woche und zahle im voraus.«
    Gäste, die ihre Logis im voraus beglichen, waren Mr. Hazelford die liebsten. Und wer seine Rechnung im voraus bezahlte, entzog sich jeder kritischen Beurteilung. »Jedenfalls wünsche ich Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in meinem Hause!« meinte er dienernd und reichte dem Fremden den Zimmerschlüssel. »Owen bringt das Gepäck auf Ihr Zimmer.«
    Stumm verschwand Mr. Marvin nach oben.
    »Hier!« sagte Owen, nachdem er die beiden Koffer abgeliefert hatte, und hielt seinem Vater die offene Hand hin. »Ein Pence. Reich werden kann ich davon nicht.«
    Hazelford schmunzelte vor sich hin. »Wirklich, ein etwas seltsamer Zeitgenosse. Was er nur will? Er macht nicht gerade den Eindruck, als wollte er bei uns seine Ferien verbringen.«
    Owen trat nahe an seinen Vater heran, und obwohl sich keine Menschenseele in der Gaststube befand, sagte er ihm leise ins Ohr: »Mr. Marvin hat sich nach dem Weg zur Dame-School erkundigt und wo Miss Jones wohne.«
    »Ach«, erwiderte

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