Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
Vom Netzwerk:
größeren Schaden genommen, sah man einmal davon ab, daß er mit dem linken Fuß nur unter Schmerzen auftreten konnte, und so humpelte er an den Straßenrand, um sich auf dem Treppeneingang eines schmalbrüstigen Reihenhauses niederzulassen.
    »Hast wohl keine Augen im Kopf?« schimpfte der Kutscher nun in etwas moderaterem Tonfall, hinterher.
    Da öffnete sich die Türe der Kutsche, und aus stieg ein vornehm gekleideter Herr, gefolgt von einem Mädchen, kaum älter als achtzehn Jahre. Beide machten ein besorgtes Gesicht, und der Mann rief den Kutscher, den er Albert nannte, zur Ordnung. Der junge Mann sei schuldlos, schließlich habe er, Albert, die Kutsche in der Mitte der Straße gelenkt. Und an Carter gewandt, fragte er, ob er, Howard, eine Verletzung davongetragen habe.
    Carter verneinte. Ihm ging nur das zu Schrott gefahrene Fahrrad nahe, das in beklagenswertem Zustand unter den Vorderrädern der Kutsche hervorlugte.
    »Amherst«, sagte der vornehme Herr und blickte auf Carter herab, »Lord William George Tyssen-Amherst. Selbstverständlich werde ich Ihnen das Fahrrad ersetzen. Wo ist Ihr Zuhause?«
    Howard blickte zu Lord William auf. Mit so viel Entgegenkommen hatte er nicht gerechnet. »Nicht weit von hier, in der Sporle-Road«, antwortete er.
    »Albert, kümmern Sie sich um das kaputte Fahrrad! Dann bringen wir den jungen Herrn nach Hause.«
    »Ich bitte Sie, Mylord, machen Sie sich keine Umstände. Ich werde schon allein zurechtkommen.«
    Der Kutscher schien Carters Worte ernst zu nehmen, zog das schrottreife Fahrrad unter dem Wagen hervor und machte Anstalten, es am Straßenrand abzustellen. Da fuhr ihn der Lord an: »Hast du nicht verstanden, was ich gesagt habe. Ich wünsche, daß du das Fahrrad auflädst. Dann fahren wir zur Wohnung des jungen Herrn.«
    Albert gehorchte. Der Lord und seine Tochter halfen Howard auf die Beine und geleiteten ihn zur Kutsche.
    Fanny und Kate konnten sich nicht erinnern, daß jemals ein so vornehmer Zweispänner vor ihrem Haus vorgefahren war. Nachdem sie von Howard erfahren hatten, was geschehen war, und nachdem dieser beteuert hatte, er selbst habe keinen Schaden genommen und seine Lordschaft habe sich bereit erklärt, den Schaden am Fahrrad zu ersetzen, da baten sie Lord Amherst und seine Tochter auf eine Tasse Tee ins Haus.
    Lord William wollte nicht unhöflich sein und kam der Einladung mit der Bemerkung nach, nur ganz kurz, sie seien durch den Unfall ohnehin in Verzug geraten.
    Während sie Tee tranken, saß Albert starr wie eine Statue auf seinem Kutschbock und blickte gelangweilt stadtauswärts. Howard, der die Szene durchs Fenster beobachtete, begann allmählich, seinen Unfall liebzugewinnen, denn draußen sammelten sich immer mehr Menschen um die vornehme Kutsche herum, und dabei zeigten sie mit spitzen Fingern auf das schlichte Haus der Carters.
    »Gestatten Sie mir eine Frage«, meinte Lord William zum Abschied an die beiden alten Damen gewandt: »Überall im Haus sehe ich vorzügliche Tierbilder. Wollen Sie mir den Namen des Malers nennen?«
    »Howard Carter«, entgegnete Carter geistesgegenwärtig. »Ja, ich bin der Maler, Mylord.«
    Lord Amherst zeigte sich überrascht. »Ach wirklich? Ganz vorzügliche Arbeiten!«
    »Danke, Mylord.«
    »Und Sie malen immer nur Tiere?«
    Howard hob die Schultern. »Es macht Spaß und wird obendrein gut bezahlt.«
    Während sein Blick über die Kranich-, Pferde- und Katzenbilder schweifte, welche die Wände des kleinen Salons zierten, fragte Lord Amherst: »Sagen Sie, junger Herr, wären Sie bereit, in meine Dienste zu treten? Ich suche einen Mann wie Sie mit scharfem Auge und handwerklichem Können.« Und ohne Carters Antwort abzuwarten, und während er sich erhob und der Tür zuwandte, sagte der Lord: »Sie kennen Didlington Hall, nahe Brandon?«
    »Nur dem Namen nach, Mylord. Es muß ein wunderschöner Landsitz sein.«
    »Also gut. Melden Sie sich nächste Woche bei mir, sagen wir Mittwoch vormittag. Da können wir alles Nähere besprechen. Ach ja«, er griff in die Innentasche seines vornehmen Gehrocks und zog einige Geldscheine hervor: »Für ein neues Fahrrad. Das dürfte genügen.«
    Ein flüchtiger Blick sagte Carter, für dieses Geld konnte er zwei Fahrräder kaufen. »Danke, Mylord«, stammelte er verwirrt, »Sie sind sehr großzügig.«
    Als der Lord und seine Tochter sich entfernt hatten, begab Carter sich auf sein Zimmer im Obergeschoß des Hauses. Er hoffte, so den Fragen der alten Damen zu entgehen. Müde

Weitere Kostenlose Bücher