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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Howard, während er die Wärme ihres Körpers spürte. Mehr sagte er nicht.
    Sarah schwieg mit geschlossenen Augen. Als sie nach einer kleinen Unendlichkeit ihre Lider öffnete, blickte sie sich, noch immer Wange an Wange, um: Vor dem einzigen Fenster des Raumes stand ein schmaler Tisch, beladen mit Zeichnungen und Malutensilien, an der Wand daneben ein Bett auf einem hölzernen Sockel mit zwei Schubladen, ein wahres Ungetüm. Linker Hand ein alter Kleiderschrank, durch dessen rechte Türe sich ein senkrechter Riß zog, weswegen er wohl nicht mehr verschlossen werden konnte – jedenfalls standen die Schranktüren offen. Auf dem Fußboden aus breiten, rotbraun gestrichenen Holzbohlen, zwischen denen fingerdicke Spalten klafften, lagen Schuhe, ein Stoß Bücher und mehrere Zeichenmappen herum.
    Als bemerkte er ihre kritischen Blicke hinter seinem Rücken, sagte Howard leise: »Hätte ich geahnt, daß Sie kommen, hätte ich natürlich aufgeräumt. Fanny und Kate, müssen Sie wissen, haben zu diesem Zimmer keinen Zutritt.«
    »Schon gut«, bemerkte Sarah, und dabei konnte sie sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Dann fügte sie ernst hinzu: »Ich muß mit dir reden, Howard!«
    Carter schob Sarah den einzigen Stuhl hin, den es gab. Er selbst ließ sich auf dem Bett nieder. »Was ist geschehen?« fragte er bang.
    Mit leiser Stimme berichtete Sarah von Inspektor Grenfell und seinem undurchsichtigen Verhalten, das ihr Sorge bereite. Marvin sei verhaftet worden, aber nicht weil er versucht habe, sie zu erpressen, sondern weil er an mehreren Einbrüchen beteiligt gewesen sei. Angeblich hatte er eine Liste vornehmer Adressen bei sich, und auf dieser Liste stand auch der Name Sarah Jones.
    Howard erschrak. »Und dieser Marvin hat den Raub der Aphrodite- Statue verraten?«
    Sarah hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Man kann nur Vermutungen anstellen. Der Inspektor stellte so merkwürdige Fragen. Andererseits hätte Marvin seine Lage nur noch verschlimmert. Warum sollte er sich selbst anklagen, solange in dieser Angelegenheit kein Verdacht gegen ihn besteht? Mißtrauisch machte mich nur, daß Grenfell sich das ganze Schulhaus und meine privaten Räume zeigen ließ, als suche er etwas Bestimmtes.«
    »Und? So reden Sie schon, Miss Jones!«
    »Nichts. Er warf in alle Räume nur einen kurzen Blick, auch in die Bibliothek; dann verabschiedete er sich mit dem Hinweis, ich sollte mich bei ihm melden, falls mir etwas einfiele, was Marvin belasten könnte.«
    Carter fuhr sich nervös durch sein Haar. »Sicher, das ist eigentümlich, aber Polizeiinspektoren sind nun einmal seltsame Leute. Man kann sie nicht mit unsereins vergleichen.«
    »Wie dem auch sei, Howard, als Grenfell kam und sich vorstellte, wurde ich von der Furcht befallen, Marvin könnte unser Verhältnis verraten haben.«
    »Marvin ist ein Gauner, Miss Jones. Kein Mensch würde ihm glauben!«
    »O doch, Howard. Ein solcher Hinweis würde Anlaß geben, uns zu beobachten.«
    »Eine entsetzliche Vorstellung!«
    »Das finde ich auch, und deshalb gibt es nur eine Lösung: Wir dürfen uns nicht mehr sehen. Es ist einfach zu gefährlich.«
    Da entstand eine lange Pause, in der jeder an dem anderen vorbeiblickte. Sarah kämpfte ebenso mit den Tränen wie Howard. Und beider Gedanken kreisten nur um die eine Frage: War das das Ende?
    In seiner tiefen Verzweiflung, die kaum noch einem klaren Gedanken Raum gab, sagte Carter plötzlich: »Und wenn ich nach Didlington Hall ginge?«
    Sarah war verblüfft. Noch gestern hatte er das Angebot von Lord Amherst entschieden abgelehnt. »Nach Didlington Hall?« erwiderte Sarah Jones ungläubig, als habe sie sich verhört.
    »Nun ja. Didlington Hall ist nicht aus der Welt. Andererseits würde mein Weggang aus Swaffham allen Verdächtigungen den Wind aus den Segeln nehmen. Trotzdem könnten wir uns treffen. Nicht gerade in Swaffham, aber irgendwo auf halbem Weg, in Mundford, Thetford, Wittington oder Watton. Ich habe ein Velociped, und für Sie, Miss Jones, fahre ich bis ans Ende der Welt.«
    Sarahs ernste Miene verwandelte sich von einem Augenblick auf den anderen in ein glückliches Lächeln. »Howard!« rief sie und bemühte sich, den Überschwang in ihrer Stimme zurückzuhalten, »du willst wirklich nach Didlington Hall gehen?«
    »Es ist für uns beide die beste Lösung«, gab sich Carter selbstbewußt, »meinen Sie nicht auch?«
    Sarah streckte Howard die Hand entgegen und zog den Jungen zu sich heran. Als sich ihre Gesichter ganz nahe

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