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Der Koenig von Rom

Der Koenig von Rom

Titel: Der Koenig von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Mittag.
    Pasquale stopfte sich mit Austern und Hummer voll. Er sagte, dass es ihm in Formia gefiele. Es erinnerte ihn auf angenehme Weise an Neapel und hatte einen großen Vorteil: Rom lag vor der Haustür.
    – Wir müssen expandieren, Libanese. Rom ist ein interessanter Markt … Wir müssen expandieren, wir müssen hier anfangen und uns ganz langsam hocharbeiten, bis zur ewigen Stadt.
    – Ich dachte, ihr habt bereits einen Fuß in der Tür.
    – Nur einen Spalt. Es wäre mehr möglich.
    Pasquale bat ihn, ihn an einen bestimmten Ort zu begleiten.
    Libanese stieg in den auffälligen kobaltblauen Maserati des Camorrabosses.
    – ’Ne ordentliche Power, was? Hör nur, wie der Motor singt! Maserati Bora, Libane’, das Beste vom Besten.
    Bora wie der Wind? Natürlich passt er zu dir, Pasquale alias ’o Miracolo, das ist genau das Richtige für einen Bauernlümmel wie dich.
    – Was gibt es da zu lachen? Wenn du bei dem Geschäft mitmachst, kannst du dir zehn von diesen Dingern leisten.
    – Ich kann es kaum erwarten, Pasquale!
    Die Protzerei ging Libanese auf die Nerven. Don Pasquale hatte leicht reden. Das Auto, die Millionen, das Heroinschiff. Aber der Camorraboss war nur ein kleiner Fisch, genauso wie er, Libanese. Er war nur deshalb anders, stark und mächtig, weil er einer Gesellschaft angehörte. Doch Libanese war allein. Allein mit sich und einem Haufen Kameraden, die noch orientierungsloser waren als er.
    Ohne eine Gesellschaft im Rücken bist du niemand. Deshalb musste Libanese seine eigene Gesellschaft aufbauen. Seinen Traum verwirklichen. Eine Bande gründen.
    Sie kamen zu einem Rohbau irgendwo auf dem Land um Sessa Aurunca. Vor den Pfeilern, die mit obszönen Sprüchen beschmiert waren, stand ein Geländewagen. Ciro rauchte mit gleichgültigem Ausdruck eine Zigarette.
    Sie stiegen aus, reichten sich die Hände.
    – Ciccillo und Maurizio?
    – Drinnen, beim Verräter.
    – Komm, Libane’, ich zeig dir was Schönes.
    Der Verräter war ein dünnes Bürschchen. Blutüberströmtes Gesicht. Sie hatten ihn an einen Stuhl gebunden. Ciccillo und Maurizio bewachten ihn, mit Pistolen in der Hand. Der Junge stank fürchterlich. ’O Miracolo wandte sich an seine Untergebenen.
    – Hat er gesungen?
    – Nein, er sagt, er hat nichts damit zu tun.
    ’O Miracolo beugte sich über den Jungen, der instinktiv zurückzuckte. ’O Miracolo tätschelte ihm die Wange.
    – Ruhig, ruhig, ich tu dir nichts. Glaubst du vielleicht, mir macht das Blutvergießen Spaß? Ein braver Junge wie du sollte um diese Zeit zu Hause bei seiner Verlobten sein und schön rasiert mit ihr im Bett liegen … Liegst du gern mit einem Mädchen im Bett, Gennarie’?
    Der Junge murmelte etwas Unverständliches. ’O Miracolo zündete eine Zigarette an und bot sie ihm an. Der Junge nahm sie.
    – Aber du musst mir helfen. Was will ich denn schon von dir? Einen Namen. Den Namen des Verräters. Du sagst ihn mir, ich schreibe ihn auf, die Jungs binden dich los, du duschst dich und gehst nach Hause … Los, Gennarie’, tu mir den Gefallen.
    Der Junge begann zu weinen. ’O Miracolo verpasste ihm zwei Faustschläge ins Gesicht. Dann drehte er sich zu Libanese um.
    – So ein Arschloch! Erzählt herum, dass es in meinen Reihen einen Verräter gibt. Aber weißt du, was ich dir sage, Libanese? Das ist nur ein Gerücht. Er ist der Verräter, niemand sonst. Die Familie hat ihn mir geschickt, um … wie sagt man, wenn man einen gegen den anderen ausspielen möchte …
    – Um Zwietracht zu säen, schlug Libanese vor.
    – Genau, sehr gut, das hab ich gemeint. Aber jetzt verlier ich die Geduld. Nimm.
    Ohne zu wissen wie ihm geschah, hatte Libanese plötzlich einen Revolver in der Hand. ’O Miracolo lächelte ihn an. Ciccillo und Maurizio lächelten ihn an. Ciro schien das Ganze anzuwidern. Der Junge wimmerte noch immer. Es war eine Mutprobe. Eine Frage der Treue. Sie wollten, dass er den armen Teufel umbrachte, der ihnen gar nichts getan hatte, nur damit er einer der ihren würde. Sogar aus ihrer Sichtweise war das ein sinnloser Mord. Aber Libanese zögerte. So etwas hatte er noch nie gemacht. Er war schon mehrmals nahe dran gewesen, aber er hatte es noch nie gemacht. Er hatte noch nie einen Menschen getötet. Und er wollte nicht auf Befehl töten. Nicht einmal wenn der Befehl von einem Kaliber wie Pasquale ’o Miracolo stammte. Die Sekunden vergingen. Libanese schwitzte. ’O Miracolo lächelte nicht mehr. Auch Ciccillo und Maurizio lächelten nicht mehr.

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