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Der Koenig von Rom

Der Koenig von Rom

Titel: Der Koenig von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Mutter ist desolat. Ich hab ihr versprochen, einiges reparieren zu lassen …
    Libanese verstand. Es waren seine Leute, seine Brüder, aber auch Straßenjungs. Ihr Gesetz hieß: alles und gleich. Libanese verstand sie, konnte sich jedoch nicht damit abfinden. Er blickte weiter in die Zukunft.
    – Gebt mir eine Woche.
    – Wozu.
    – Gebt ihr mir eine Woche, ja oder nein?
    Ihm zuliebe. Ihm zuliebe gaben sie letzten Endes nach.
    Libanese klaute ein Motorrad, dann noch eines. Er machte sich auf die Suche nach einer Bank, einer, die sich eignete. Er wollte einen Raubüberfall begehen.
    Libanese mochte keine Raubüberfälle. Ein Raubüberfall sieht einfach aus, denn er kann dich innerhalb von fünf Minuten reich machen, aber er ist auch ein heimtückisches Spiel, denn jeder Raubüberfall ist eine Geschichte für sich, eine unvorhersehbare Geschichte. Es laufen zu viele Dilettanten herum und zu viele Möchtegernhelden. Man riskierte, für einen Haufen Altpapier zehn Jahre in den Knast zu gehen. Das Spiel war selten das Risiko wert. Deshalb hatte Libano sich darauf verlegt, Waffen zu „verwahren“. Der Coup mit Marisa, dem Busenwunder, konnte nicht wirklich als Entführung bezeichnet werden. Er ähnelte mehr der Drohung einer Inkassofirma. Ein Raubüberfall ist, wenn man in eine Bank geht und einen Schuss im Lauf hat, man kann nämlich nie wissen.
    Aber er musste einen Raubüberfall machen.
    Er begann sich auf dem Land umzusehen, er entfernte sich immer mehr vom schmutzigen Rom, wo die Bullen ständig auf dem Posten waren und dir ganz plötzlich ein Trupp Falken auf den Fersen sein konnte.
    Er fand ein kleines Dorf oberhalb von Viterbo. Einen Ort, wo alle, vom Esel bis zum letzten Carabiniere, im Tiefschlaf zu liegen schienen.
    Libanese sah sich um, prüfte, wog ab. Und schließlich, bevor die Frist verstrichen war, schlugen er und seine Gefährten zu.
    – Ganz ruhig, ganz brav, rückt die Kohle raus und es passiert euch nichts.
    Das klang nicht ganz nach „Hände hoch, das ist ein Überfall“ wie im Kino, war aber doch ziemlich nahe dran.
    Sie waren zu dritt, Libano, Scrocchia und Dandi. Bufalo saß am Steuer eines Taxis, das sogar ein Schild hatte: Sie hatten es auf der Cassia geklaut, gleich hinter dem Corso Francia. Die Idee stammte von Dandi, er hatte nun mal Klasse.
    – Also? Bewegt euch schön langsam!
    Da waren ein kleiner Angestellter mit Frettchenblick, eine fette Dame, die gut daran tat, in Ohnmacht zu fallen, und ein Securitytyp, der sich den Waffengurt abschnallte, ohne dass sie ihn dazu aufgefordert hatten.
    Scrocchia schwenkte die Segeltuchtasche, Dandi ging mit dem Revolver auf und ab. Und Libanese …
    Als das Frettchen seine Geldbörse herauszog, begriff Libanese, dass etwas schieflief.
    – Nicht die, du Idiot! Was soll ich damit? Das Geld der Bank!
    – Es gibt keines, hauchte der kleine Mann.
    – Was heißt, es gibt keines?
    – Vor einer Stunde war der Transporter da und hat die Einnahmen der ganzen Woche mitgenommen. Es ist Freitagvormittag, das ist bei uns so üblich.
    Dandi und Scrocchiazeppi sahen ihn an. Sie waren kurz davor, in Lachen auszubrechen.
    Libanese sah rot. Er hätte sich damit abgefunden, eine Kugel abzubekommen, den Rest seiner Tage unterzutauchen, sogar dem Teufel gegenüberzustehen, aber er wollte nicht der Held einer Komödie sein.
    Er sprang über die Theke, packte den Mann am Kragen und setzte ihm die Pistole an die Stirn.
    – Das ist ein Witz, oder? Sag mir, dass das ein Witz ist.
    – Es stimmt. Wir haben kein Geld!
    Der Typ öffnete eine Schublade, dann noch eine und schließlich noch eine. Die spärlichen Scheine, die ganz hinten lagen, schienen Libanese spöttisch anzugrinsen. Wie viele waren es wohl? Zwanzigtausend Lire insgesamt? War das genug, um das Benzin für die Rückfahrt nach Rom zu zahlen?
    Die fette Frau kam wieder zu sich, erfasste die Situation und wurde wieder ohnmächtig.
    Der Securitytyp stand ganz ruhig an der Wand, von Scrocchia bewacht.
    Libanese spürte, wie ihn Wut überkam. Irgendjemand musste dafür büßen, dass sein Traum sich in Luft auflöste, für sein Scheitern, dafür, dass er sich vor seinen Kameraden blamiert hatte, dafür, dass kein Geld da war, dass das Leben ein sinnloses Karussell war, dafür, dass die Götter Götter blieben und arme Teufel arme Teufel.
    Irgendjemand musste für das alles büßen.
    Es musste einen Toten geben. Das würde seine Wut vielleicht besänftigen.
    Libanese schaute dem Frettchen geradewegs in die Augen.

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