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Der Koenig von Rom

Der Koenig von Rom

Titel: Der Koenig von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Er entsicherte langsam den Revolver.
    – Was zum Teufel machst du? Gehen wir! Wir sind schon viel zu lange hier.
    – Gehen wir, mach keinen Blödsinn!
    Die Gefährten ahnten, was er vorhatte. Die Gefährten waren alarmiert. Libanese war an einem Punkt angelangt, von wo es kein Zurück mehr gab. Der kleine Mann zog den Rotz hoch, begann hemmungslos zu schluchzen.
    Libanese schlug ihn mit dem Kolben. Er fing an zu bluten. Er schlug nochmals zu. Der Mann nahm den Kopf zwischen die Hände.
    – Es reicht, um Himmels willen, flüsterte er.
    – Es reicht, schrie Dandi.
    – Es reicht, flehte Scrocchia.
    Libanese schloss die Augen. Allmählich kam er wieder zu sich. Ja, es reichte. Was war über ihn gekommen? Wollte er etwas beweisen? Und was eigentlich? Dass er zu allem fähig war? Aber das wusste er ja bereits. Die Wahrheit war, dass er den Kopf verloren hatte. Es wäre völlig sinnlos gewesen, den armen Teufel zu erschießen, so etwas machten nur Durchgeknallte. Nicht Libanese.
    – Ja, gehen wir, gehen wir.
    Später, als sie Bufalo davon erzählten, begann er fürchterlich zu lachen.
    – Da schau her, Libano. Und ich hab den Chauffeur spielen müssen, weil ich angeblich der Schizo bin!
    Dandi und Scrocchiazeppi brachten ihn augenblicklich zum Schweigen. Die Erinnerung an die Szene war noch allzu lebendig. Es war ungewohnt, dass Libanese die Fassung verlor. Und es machte Angst.
    Aber Libanese hatte wieder Boden unter den Füßen, und deshalb ließ er sie reden und stimmte sogar in ihr Lachen ein.
    Nachdem sie in Rom das Taxi abgestellt hatten, ging jeder seiner Wege.
    Libanese hatte sie zu überzeugen versucht in die Zukunft zu investieren. Er hatte es versucht und war gescheitert. Die verdammte Akkumulation war schiefgegangen. Die Jungs mochten ihn gern, aber sie hätten ihn noch lieber gehabt, wenn die berühmten Milliarden des Commendatore sich nicht in Luft aufgelöst hätten, wenn die Entführung ein gutes Ende genommen hätte, wenn …
    Sie hatten hart gearbeitet. Jedem das Seine. Sie hatten es sich verdient. Was die Träume anbelangte: Wegen Bauarbeiten geschlossen, kommen Sie morgen wieder.
    – Nun gut, fürs Erste gehen wir alle nach Hause. Auf bald.
    Trotz allem waren sie in den schwarzen Zahlen.
    Libanese hatte eine Lektion erhalten.
    Anders als gedacht, kam die Gefahr nicht nur von außen, von den Bullen, der Straße, dem Elend. Nein. Die Gefahr, die echte, kam aus seinem Inneren.
    Aus seiner kaputten Seele.
    Alles in allem war es eine gesunde Lektion gewesen. Und, warum nicht, auch eine vergnügliche.

XXVII.
    Ein paar linke Terroristen hatten eine Bank in Gaeta überfallen. Auf der Flucht hatten sie einen unschuldigen Passanten überfahren und getötet. Eine Menschenjagd in großem Stil hatte begonnen. Die Via Pontina und die Zufahrtsstraßen waren komplett abgeriegelt. Libanese ließ ein paar Tage verstreichen, dann nahm er einen Zug nach Formia. Die Sache mit dem Geld ließ ihm keine Ruhe. Wie würde es Pasquale ’o Miracolo aufnehmen? Bis jetzt hatte er ihm gegenüber eine gewisse Sympathie an den Tag gelegt, aber Geschäfte machte man nicht mit Sympathie. Er schuldete ihm einen Besuch. Nein, keinen Besuch, einen Akt der Unterwerfung!
    Das lag ihm schwer im Magen.
    Aber Pasquale ’o Miracolo war nicht in seinem schönen Haus in Formia. Die Villa war verschlossen und verriegelt, und Libanese wusste nicht, bei wem er sich erkundigen sollte. Und es wäre auch unvorsichtig gewesen, zu viele Fragen zu stellen. Er lief durchs Dorf und versuchte dabei so wenig wie möglich aufzufallen.
    Als er schon die Hoffnung aufgegeben und sich darauf eingestellt hatte, mit dem letzten Nachtzug nach Rom zurückzukehren, dem tristen Ochsenkarren der Pendler, einem Symbol des Scheiterns, entdeckte er plötzlich vor einem hell erleuchteten Restaurant an der Uferpromenade die Silhouette des auffälligen Maserati Bora.
    Libanese spähte durchs Fenster. Pasquale aß allein zu Abend. Vor ihm ein Kübel mit Eis und ein riesiger runder Teller voller Austern. Er gab sich einen Ruck und ging hinein. Dann beißen wir eben in den sauren Apfel, Libano!
    Der Camorraboss empfing ihn mit einem herzlichen Lächeln und forderte ihn auf, sich zu ihm zu setzen.
    – Ich habe schlechte Nachrichten, Pasqua’.
    – Ich weiß, ich weiß, ich weiß alles, es hat sich herumgesprochen … wie viel hast du dabei?
    – Fünfunddreißig.
    – Mit fünfunddreißig kannst du nicht in das Geschäft mit dem Schiff einsteigen: Das ist zu wenig. Aber

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