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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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gerade dreimal hintereinander danach war, immer noch nichts aus. Tunlichst vermied er es jedoch, zum Zwischenhändler für die Schiebereien der Kantinenbesucher zu werden. Oki, der Gefreite mit den großen Händen und Füßen, nahm es ihm nicht übel, er werde auch so seine Ware los. Leider hätte es beim Manöver wieder schlimme Verluste an Material gegeben. Augenzwinkernd spendierte er Alexander einen Wodka.
    Ja, wenn der Schnaps nicht gewesen wäre, Alexander hätte noch Monate bleiben und die Zeit gut überstehen können. Der Wodka, die Seele des Nordens, Trostspender und Verkürzer der Einsamkeit. Jeder Soldat trank in seiner Freizeit, mancher in solchen Mengen, dass es ihm sprichwörtlich aus den Ohren herauslief. Was sollte man nach dem langweiligen Dienst auch anderes in dieser Einöde tun? Etwa politische Schulungsabende besuchen, zu denen man sogar dienstlich verpflichtet war? Das kam eher einer Bestrafung denn einer Abwechslung gleich.
    Zum Leidwesen all derer, die gerade in dem Alter waren, wo das Feuer unbarmherzig zwischen den Lenden brannte, gab es kaum Mädchen, immer noch bestand eklatanter Mangel am anderen Geschlecht. Nördlich des Polarkreises sogar weit mehr als im übrigen Sibirien, obwohl auch dort die Männer schon seit jeher über das Ungleichgewicht klagten. Und das einzige Kino der Stadt zeigte zu allem Überfluss nur heroische Filme der Sowjetarmee, die jeden Abend wieder aufs Neue die deutsche Wehrmacht besiegte, ohne selbst einen einzigen Toten zu beklagen.
    Die ewigen Lobhudeleien aus dem Radio, was Plansollerfüllung und die Errungenschaften des Sozialismus anbelangte, interessierten die 19-und 20jährigen, einige waren auch erst 17, überhaupt nicht. Was also blieb, waren der Wodka und eine feuchtfröhliche Runde oder einmal die Woche der Gang zu einer Hure, falls die viel beschäftigte Dame gerade verfügbar war. Im Verlauf eines Besäufnisses kristallisierten sich seltsame Mutproben heraus wie überall auf der Welt bei Heranwachsenden und jungen Männern: Wer es am längsten draußen bei minus 40 Grad in der Badehose aushielt. Das war noch harmlos und führte höchstens dazu, dass man mal jemanden auftauen musste. Oder die Fahrt auf einem Motorrad, ein seltenes Fortbewegungsmittel so hoch im Norden, nach einer in wenigen Minuten ausgetrunkenen Flasche Schnaps. Wer am weitesten kam, hatte gewonnen. Aber mit der Zeit verloren alle herkömmlichen Spielchen an Glanz, neue mussten her. Im letzten Jahr schaffte es einer der jungen Soldaten, einen Schützenpanzer zu entwenden und mit ihm durch Ust-Port zu fahren. Fazit der Spritztour: Ausstoß aus der Armee und zwei Jahre Lagerhaft. Human war das im Vergleich zu dem Strafmaß, das Alexander erhalten hatte. Aber hier oben im Norden schienen die Bewohner schon allein durch ihr Ausharren genug bestraft.
    Seit einiger Zeit waren unter den Soldaten auch welche aus Kasachstan und Usbekistan. Warum, das wusste niemand. Wenn die Südländer aus ihrem Heimaturlaub wieder in die Kasernen am Rand des Eismeeres rücken mussten, dann befanden sich oft seltsame Dinge im Reisegepäck. Der neueste Hit war Plan, ein Rauschgift. Die Soldaten nahmen es in kleinen Dosen zusammen mit Wodka. Dadurch wurde die Wirkung verstärkt, schnell ging die Kontrolle
    verloren, und die Usbeken waren bekannt für ihre dann lose sitzenden Krummdolche, mit denen sie ausgezeichnet umzugehen verstanden. Als zu aller Überraschung auch noch eines der seltenen Geschöpfe, die sich Mädchen nennen, auftauchte und gekonnt die Jungen anheizte, woraufhin diese um sie zu kämpfen begannen und, gewürzt mit einer Extraration Plan, noch mehr Wodka tankten, um ihr zu imponieren, da war das Desaster perfekt.
    Alexander wollte schlichten und befand sich plötzlich mitten in einer Messerstecherei. Hier ein Schrei, dort ein Fluch, und auf dem Boden Tag ein lebloser Körper.
    Die gewichtige Rima telefonierte aus Angst um ihren Alexander mit dem Lagerkommandanten, wenige Minuten später rückte eine halbe Kompanie Soldaten an. Alle Beteiligten wurden zuerst mit dem Knüppel ruhiggestellt, dann auf Lkw verfrachtet und zum Militärstützpunkt transportiert. Alexander war auch darunter.
    Er durfte jedoch, nachdem man seine Personalien festgestellt hatte, wieder nach Hause gehen. Aber seit diesem Vorfall war er sehr beunruhigt.
    Rima merkte das und stellte ihn zur Rede.
    »Du hast eine andere Frau.«
    Alexander verneinte. Wie sollte er auch, bei dem Mangel.
    »Doch, ich spüre es. Du betrügst

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