Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
lassen.“
„Dinge?“
„Ja, du wirst es nicht glauben, aber auf dem Dachboden liegen bestimmt zehn falsche Pässe. Alle mit meinem Foto und den wildesten Phantasienamen.“ Sie strich sich mit einer Hand über die andere. „Auch die Handgranate stammt von Fritz. Er war der Meinung, dass eine Granate die einzig richtige Waffe für wackelige und sehschwache Senioren sei.“ Sie schüttelte den Kopf. „Vielleicht hatte er ja recht. Manchmal schickte er die Sachen per Geheimboten, manchmal hat er mir etwas überreicht bei den wenigen Gelegenheiten, an denen wir uns noch mal gesehen haben.“
„Beispielsweise als du ihn auf der Elendsalm besucht hast, gemeinsam mit mir“, hakte Zoé ein.
Maria hob erstaunt den Kopf. „Du warst noch ganz klein. Daran erinnerst du dich?“
Zoé lächelte. „Nach den gestrigen Erlebnissen schon.“
„Tanguy war schon gestorben, als ich beschloss, eine kleine Deutschlandreise zu unternehmen. Ich wollte nach Hannover und dich gerne mit dabeihaben. Schließlich ist Deutschland ja auch ein wenig dein Vaterland. Ich hatte Fritz zuvor benachrichtigt. Ich wollte ihn wiedersehen“, Maria hob die Hände, „aber nicht unbedingt allein auf dieser gottverlassenen Elendsalm. Nur weil ich ihn nicht vor den Kopf stoßen wollte, habe ich seine Einladung in die Alpen angenommen.“ Sie legte die Hände wieder in den Schoß und strich mit dem Daumen über den goldenen Ring. „Vielleicht hat er sich mehr von unserem Treffen versprochen. Aber mein Gott! Da war unsere Königsberger Liebelei doch schon gar nicht mehr wahr.“ Sie kniff die Augen zusammen. „Ich war jedenfalls froh, als ich mit dir am nächsten Tag in den Zug nach München gestiegen bin und ihm Lebewohl sagen konnte.“
Zoé hatte vollstes Verständnis für ihre Oma, doch noch mehr beschäftigte sie im Moment etwas anderes. „Was hat Falkenhayn dir noch gegeben, Oma?“
„Ich musste ihm schwören, dass ich die Sache vertrauensvoll für ihn verwahre und niemals mit irgendwem darüber rede.“ Sie seufzte. „Aber ich glaube, jetzt nach seinem Tod gilt dieses Versprechen nicht mehr. Außerdem haben wir sowieso keine andere Wahl, wenn wir gegen Thalberg bestehen wollen.“
Behäbig erhob sie sich aus ihrem Sessel und schritt zur Tür. „Wartet hier auf mich, ich bin gleich wieder da.“
Sie hörten, wie sie die Treppe des Hauses hinunterstieg. Ihre Schritte waren ohne jede Eile und mit viel Bedacht gesetzt.
Parkers Blick glitt durch die Ritzen des Fensterladens über das offene Meer. Der Himmel hatte sich zugezogen, und das Wasser glich dem grauen Rücken eines urzeitlichen Ungetüms. Was mochte Maria wohl aus einem der vielen verborgenen Winkel des alten Schlösschens holen?
Er sah, dass Zoé sich mit einer schwungvollen Bewegung erhob. Mit einem fragenden Blick näherte sie sich, blieb dann aber zwei Schritte vor ihm am Fenster stehen. „Keine Ahnung, was meine Oma jetzt hervorkramt“, sagte sie. „Es kann alles Mögliche sein. Wahrscheinlich hilft es uns gar nicht weiter. Ich fürchte, wir müssen uns etwas Neues überlegen.“ Sie legte die Stirn gegen das Fenster und schaute auf das Meer, so wie er es kurz zuvor getan hatte. Dann schloss sie die Augen. Er schwieg und beobachtete nur ihr Profil. Sie atmete einmal tief ein und aus und drehte sich um, so dass sie nun neben ihm mit dem Rücken am Fenster lehnte. Unter ihren halb geschlossenen Lidern sah er es blau funkeln. Der sanft geschwungene Mund öffnete sich leicht, und Parker spürte einen unwiderstehlichen Sog, der von ihren Lippen ausging.
Unvermittelt stieß sie sich leicht vom Fenster ab und schaute ihn ernst an. „Wir müssen alles, was Falkenhayn gesagt hat, noch einmal von Anfang an durchgehen. Vielleicht haben wir etwas –“
„Ja.“ Seine Hände fanden ihre Taille, und sie fiel ihm entgegen, seinen Kuss erwartend.
Kapitel 45
Das Paket, das Maria in ihren Händen hielt, als sie in die Bibliothek zurückkehrte, hatte das Format eines größeren Briefumschlags. Es war in festes Packpapier eingewickelt und sorgfältig mit einer dicken roten Schnur verschnürt.
Sie legte es auf den Tisch und förderte aus ihrer Schürze ein kleines Küchenmesser zutage, mit dem sie die Schnur vorsichtig durchtrennte. Langsam schlug sie das Packpapier zurück, und zum Vorschein kam ein Stapel von etwa dreißig DIN-A4-Seiten.
Parker konnte nicht erkennen, was auf dem Papier geschrieben stand, da Maria sich über die Seiten gebeugt hatte. Wieder griff sie in die
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