Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
besseren Sanitäter finden können.
Maria kam aus der Kabine und näherte sich ihm. Freundschaftlich hakte sie sich bei ihm ein. Kein Vorwurf war über ihre Lippen gekommen, obwohl Parker genau wusste, wie sehr sie unter Zoés Verschwinden litt.
„Maria, ich weiß, dass Zoé noch lebt“, versuchte er ihr Mut zu machen.
Sie drückte seinen Arm. „Ja, sie lebt.“
Ohne Ankündigung tauchte plötzlich ein kleiner Hafen im nebeligen Dunst vor ihnen auf.
Die letzten Minuten an Bord hatten begonnen. Er wandte sich zu Maria, und plötzlich fehlten ihm die Worte. Die zierliche kleine Frau schaute zu ihm auf. „Viel Glück, mon petit! “, sagte sie und presste dann die Lippen über dem sich kräuselnden Kinn zusammen. Nach französischer Sitte gab er ihr einen Kuss auf die tränenfeuchte Wange und verließ das Deck.
Gewandt sprang er auf die Pier und vertäute die Jacht nach Pauls Anweisungen. Als er das Boot festgemacht hatte, folgte ihm der Alte. Er trug eine schwarze Wollmütze und hatte eine handliche Umhängetasche geschultert.
Langsam und ohne Hast gingen sie den schmalen Kai entlang. Ein paar Laternen warfen ihr trübes Licht auf das Hafenbecken, Fischerboote dümpelten neben kleineren Motor- und Segelbooten im sanften Wind, und die Takelage der Segler verursachte ein rhythmisches Klappern und Klirren, das gedämpft zu ihnen herüberschallte.
Ein Riegel aus Häusern, Schuppen und Lagerhallen umschloss den Hafen von der Landseite. Die Fensterläden der meisten Gebäude waren verschlossen, und kein Lichtschimmer drang nach außen. Niemand war auf der Straße zu sehen. Der ganze Ort wirkte wie ausgestorben.
Angesichts des trostlosen Anblicks fragte sich Parker, ob sie nicht doch einen größeren Hafen hätten anlaufen sollen. Seine Hoffnung schwand, und er befürchtete, hier nur wertvolle Zeit zu verlieren.
Als sie das Ende der Kaistraße erreicht hatten, blieb Paul stehen. Langsam stellte er die Umhängetasche auf den Boden, deren Inhalt dabei ein leises metallisches Geräusch verursachte. Unschlüssig zog er sich die Mütze vom Kopf und strich über die kurzgeschorenen weißen Haare. Nachdem er die Mütze wieder auf dem Kopf plaziert hatte, deutete er nach rechts in eine düstere Seitenstraße, die an beiden Seiten von grauen Häuserfassaden aus Granit gesäumt wurde. Der Nebel zog sich immer weiter zu, was Parker als gutes Zeichen ansah. Für ihre Pläne konnte ein wenig Schutz vor unliebsamen Beobachtern nicht schaden.
Am Ende der Straße stießen sie auf einen Platz mit einer kleinen Kirche. Vor der Kirche standen drei steinerne Kreuze, unter denen granitene Figuren eine biblische Szene darstellten. Ein Satanskopf mit weit hervortretenden Augen und spitzen Hörnern grinste sie an und bleckte seine Zahnstummel. Dieser Kalvarienberg aus dem 15. Jahrhundert hätte Parker zu einer anderen Zeit begeistert, kam ihm aber heute wie eine letzte Warnung des Schicksals vor. Doch er hatte keine Wahl.
Er wandte den Blick ab und erblickte auf der gegenüberliegenden Seite ein Restaurant, dessen Licht das feuchte Kopfsteinpflaster glänzen ließ.
Er blieb wie angewurzelt stehen. Fast unmittelbar vor dem Restaurant parkte ein nagelneuer Citroën der Luxusklasse. „Voilà!“, sagte er zu Paul und deutete auf den Wagen. Innerlich schüttelte er den Kopf über sich selbst. Noch vor wenigen Tagen wäre er nicht im Traum auf die Idee gekommen, einen Wagen zu klauen. Und jetzt musterte er mit dem vorweggenommenen Besitzerstolz eines Autodiebs das blitzblank geputzte Fahrzeug.
Doch Paul zog ihn unvermittelt in eine Gasse hinein. „Viens!“ Mürrisch marschierte der Alte voran. „Der Citroën ist viel zu modern“, sagte er auf Französisch. „Was glaubst du eigentlich, wann ich das letzte Auto gestohlen habe?“
Parker zuckte mit den Schultern.
„Das war 1975. Kurz bevor Maria mich eingestellt hat.“
Parker konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Sämtliche moderne Wagen der Oberklasse verfügten heute über eine ausgefeilte Sicherheitstechnik. Alarmanlagen, Wegfahrsperren und anderes machten den Verbrechern das Leben schwer. Paul fehlten einfach rund dreißig Jahre Praxis als Autodieb, was bedauerlicherweise die Auswahl an geeigneten Fahrzeugen deutlich zusammenschrumpfen ließ. Im Prinzip mussten sie einen Wagen finden, der ungefähr so alt war wie er selbst, schloss Parker, während er dem grummelnden Haus- und Leibwächter von Zoés Großmutter folgte.
Abrupt blieb Paul stehen. Die Gasse hatte sie auf
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