Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
eine größere Straße geführt, die im Dämmerlicht nur einer einzigen Laterne lag.
Parker verstand auf den ersten Blick, was Pauls Interesse erregt hatte.
Keine dreißig Meter vor ihnen parkte ein grüner Renault 16. Bis auf einige zu vernachlässigende Beulen und Kratzer schien dem Wagen nichts zu fehlen. Seine markanten Scheinwerfer schauten fragend zu Parker herüber. Könnte glatt Baujahr 1968 sein, schätzte er vorsichtig.
Mit einer kurzen Handbewegung bedeutete ihm Paul, an der Straßenecke zu warten. Der alte Mann blickte auf die Straße, bis er gefunden hatte, was er suchte. Er bückte sich und hob einen vom Meerwasser rund gespülten Stein auf. Mit einem federnden Gang, den Parker ihm gar nicht mehr zugetraut hätte, schlenderte Paul auf den Wagen zu. Er streckte die Arme aus, als ob er seine betagten Muskeln und Sehnen dehnen wollte, und warf dann aus der Bewegung heraus und für Parker völlig überraschend den Stein gegen die Straßenlaterne. Glas zersplitterte, und im gleichen Moment verschwand die Straße samt Wagen in der Dunkelheit.
Parker drückte sich gegen die Häuserwand und spähte in die Finsternis. Leise Geräusche drangen an sein Ohr. Ein kaum wahrnehmbares metallisches Klacken ertönte. Die nächsten Sekunden vergingen, ohne dass er etwas sehen oder hören konnte.
Dann erwachte jaulend die Zündung des Wagens und zerriss die Stille. Parker hörte den Renault näher kommen, mit ausgeschalteten Scheinwerfern. Auf Höhe der Straßenecke hielt er an, die Beifahrertür öffnete sich, und Parker stieg ein.
Die Scheinwerfer flammten auf, und Paul gab Gas. Er umrundete die Hafenanlage auf der Rückseite und stoppte den Wagen auf einem unbeleuchteten Parkplatz. Er machte den Wagen aus und zog den Schlüssel aus dem Schloss. Er hing an einem Bund mit zahllosen anderen Dietrichen. Paul löste den falschen Zündschlüssel heraus und reichte ihn Parker. „ Attends ici!“, sagte er, griff nach seinem Rucksack und stieg aus dem Renault.
Parker rutschte auf den Fahrersitz und steckte den Schlüssel in die Zündung.
Kurze Zeit später fiel scheppernd das vordere Nummernschild auf den Boden – dann wiederholte sich das Geräusch am Heck des R 16.
Die Beifahrertür wurde geöffnet, und unter struppigen Augenbrauen blitzten ihn zwei listige Augen mit unverhohlenem Stolz an.
„Merci“, sagte Parker.
Der alte Mann lächelte und drückte Parkers Gesicht einmal an seine Wange. „Glück“, hörte er ihn noch auf Deutsch sagen, bevor die gedrungene Gestalt in der Finsternis verschwand.
Kapitel 55
Die Kegel der Xenon-Scheinwerfer des schwarzen BMW sprangen wild auf und ab, als der Wagen von der Nationalstraße auf den mit Schlaglöchern übersäten Feldweg abbog. Schmerzen durchzuckten den Mann in der blau-weißen Uniformjacke und ließen ihn aufstöhnen. Er atmete tief aus und vergewisserte sich mit einem Blick auf die Navigationsanzeige seiner Position.
Immerhin hatte er sein Ziel fast erreicht, stellte er erleichtert fest. Mit einem durchnässten Tuch wischte er sich den fiebrigen Schweiß von der Stirn und gab vorsichtig wieder Gas. Jede Erschütterung verursachte Stiche, die wie Feuer in seinem Körper brannten. Parkers Schlag unter die Gürtellinie hatte ihn mit voller Wucht getroffen. Als er die Verletzung begutachtet hatte, war sein Geschlecht bereits grotesk angeschwollen. Wenigstens hatte ihn Parkers Schuss nur an der Schulter gestreift, auch wenn die Wunde so stark blutete, als ob eine Arterie verletzt worden wäre.
„Ich bringe dich um, Parker!“, brach es aus ihm heraus. Während der stundenlangen Fahrt zum Treffpunkt war der andere bereits mehrfach das Ziel zahlloser Flüche gewesen. Und noch immer fand er keine Erklärung für das Geschehen. Wie konnte ihn ein Amateur bloß so fertig machen?
Zornig erinnerte er sich an den Blick, mit dem Parker im Kreuzgang auf ihn zugekommen war. Eisig und siegessicher zugleich hatten ihn die dunkelgrünen Augen angefunkelt.
Und was hatte er gemacht? Er war geflohen. Einer der gefürchtetsten Profikiller Europas haut vor seinem unbewaffneten Opfer ab!
Bitter lachte er durch die Zähne und warf einen flüchtigen Blick in den Rückspiegel. In seinen Augen sah er die Wut flackern. „Du hast versagt, Stutzer!“, vernahm er seine eigene Stimme, kalt und vorwurfsvoll.
Stutzer, das war sein Deckname für die Operation. Er hatte diesen Tarnnamen schon einmal benutzt. Da war er siebzehn und hatte seinen ersten Menschen getötet. Sauber, schnell
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