Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Wagen und mehrere Leute auf der rechten Straßenseite.
„Wer ist das?“, fragte Zoé besorgt.
Doch statt einer Antwort stieß Parker einen lauten Fluch aus. Instinktiv hatte er mit dem rechten Fuß das Bremspedal berührt. Der Renault machte sich augenblicklich selbständig, schlingerte und drehte sich um die eigene Achse.
Parker trat mit voller Wucht auf die Bremse und unternahm den aussichtslosen Versuch, den Wagen durch geschicktes Gegenlenken zu stabilisieren. Zoé schrie etwas Unverständliches auf Französisch oder Spanisch, während er jede Sekunde den unvermeidbaren Zusammenprall mit einem Baum oder einem ähnlich unnachgiebigen Objekt erwartete.
Doch nichts dergleichen geschah. Der Wagen schlitterte quer über die Straße und kam schließlich im hellen Scheinwerferlicht zum Stehen.
„iHombre!“ Zoé schaute ihn mit aufgerissenen Augen an, dann öffnete sie das Handschuhfach. Der Stahl der Wehrmachts-P38 schimmerte im Halbdunkel, als sie Thalbergs Pistole herausnahm und sie durchlud.
Mehrere dunkle Gestalten näherten sich dem Wagen. Parker setzte zurück, um schnellstmöglich Reißaus zu nehmen, aber auf dem vereisten Boden drehten die Räder durch und machten jeden Fluchtversuch zunichte. Schwarze Silhouetten umringten jetzt von allen Seiten den Renault, begleitet von einem lauten Wummern und Dröhnen, das aus der Dunkelheit herüberschallte.
Eine Hand schlug hart gegen das Seitenfenster. „Hey, Alter, spinnst du?“, brüllte jemand von draußen. Vor der Frontscheibe erschien das Gesicht eines Jungen, das übersät war von Piercings, die er sich durch seine Haut hatte piksen lassen. Umrahmt wurde das Kunstwerk von feuerroten Haaren, die in alle Himmelsrichtungen abstanden.
Erleichtert atmete Zoé aus und sank in den Beifahrersitz zurück. Die Pistole verdeckte sie unter dem Pullover. „Jovenes“, entfuhr es ihr, noch immer dem Spanischen verfallen.
Parker musste lächeln. Er kurbelte die Seitenscheibe des Renaults herunter und steckte den Kopf heraus. Das Wummern verwandelte sich in Musik, die aus einer schnellen Abfolge von dumpfen Bässen bestand. „Alles in Ordnung“, sagte er. „Ich fahr rechts ran.“ Mehrere Hände legten sich auf das Heck des Wagens, und Parker gab vorsichtig Gas. Mit Hilfe der Jugendlichen manövrierte er den Renault langsam auf einen großen Parkplatz auf der rechten Straßenseite, auf dem ein VW-Bus mit hell erleuchteten Scheinwerfern parkte. Zoé und er stiegen aus und schüttelten sich den Schreck aus den Gliedern.
Die Gefährten des Gepiercten sahen durchweg gesitteter aus. Alle steckten in dicken Winterjacken, und auf ihren Gesichtern spiegelte sich noch die Aufregung über das unerwartete Spektakel, das Parker ihnen geboten hatte. Keiner von ihnen schien älter als achtzehn Jahre zu sein.
Die Jugendlichen standen im Pulk um Parker und Zoé herum. Neugierige Blicke trafen ihre.
Der Rotschopf warf Parker eine Bierdose zu, die er auffing und sofort zurückschmiss. „Danke. Lieber nicht.“
Der Rothaarige lachte laut auf. „Verstehe – vielleicht solltest du wirklich keinen Alkohol trinken, so wie du Auto fährst.“
„Vielleicht solltet ihr die Scheinwerfer eures Wagens nicht gerade frontal auf die Straße richten.“
„Wieso? Hier kommt doch eh keiner vorbei!“
„Ach ja?“, erwiderte Zoé mit einer hochgezogenen Augenbraue.
Ein wasserstoffblondes Mädchen mit einem süßen Gesicht hatte sich neben den Jungen gestellt und warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, woraufhin er achselzuckend einen Autoschlüssel aus seiner Hosentasche zog und auf den VW-Bus zutrottete. Die Blonde trug eine gefütterte schwarze Lederjacke über einem beigen Wollpullover mit Rollkragen, der ihr wie ein Kleid weit über den Hintern reichte. Wortlos reichte sie Parker und Zoé zwei Pappbecher und schenkte ihnen dampfenden Kaffee aus einer Thermoskanne ein. Sie bedankten sich, und Zoé stellte sich vor und fragte nach dem Namen des Mädchens.
„Anke“, sagte die Blonde und zündete sich eine Zigarette an. „Wo wollt ihr denn hin?“
„Nach Göttingen“, antwortete Zoé wie aus der Pistole geschossen. „Wir wollen ein paar Tage Wanderurlaub in der Gegend machen.“
Ankes Miene zeigte Unverständnis. „Warum wollt ihr gerade hier wandern und nicht in …“ Sie suchte in Gedanken nach aufregenderen Orten als Volpriehausen. „… in den Alpen?“
„Da waren wir schon“, antwortete Parker.
Das Mädchen inhalierte tief und stieß den Rauch durch die Nase aus.
Weitere Kostenlose Bücher