Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
war ihnen jetzt weit voraus. Was sollten sie unternehmen?
Benjamin atmete tief aus und strich sich über seinen Dreitagebart. „Wenn wir das Bernsteinzimmer noch retten wollen, müssen wir hier schnellstmöglich raus“, sagte er mit einem ernsten Gesichtsausdruck. „Mein Wagen steht im Wald, aber wir brauchen mindestens eine Stunde bis dahin.“
Zoé war niedergeschmettert. Bis sie den Wagen erreicht hatten, war der Stutzer schon lange in Volpriehausen. „Wir brauchen sofort Hilfe. Jemanden, der das Bergwerk sichern kann – sollen wir die Polizei benachrichtigen?“, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, das hat keinen Sinn. Uns glaubt kein Mensch, dass das Bernsteinzimmer in Volpriehausen lagert und gerade eine Räuberbande dabei ist, es zu bergen. Und wenn sie doch einen Streifenwagen losschicken, fahren die Beamten in den sicheren Tod.“
Sie biss sich auf die Unterlippe. Ob sie auf ihre Pressekontakte zurückgreifen sollte? Das Bild von Frank Weber schoss ihr durch den Kopf. Ein Freund, der nur deshalb sein Leben verloren hatte, weil sie ihn gekannt und die theoretische Möglichkeit bestanden hatte, dass sie mit ihm Kontakt aufnehmen würde. Sie fuhr sich durch die Haare und fasste einen Entschluss. Noch ein Menschenleben würde sie nicht aufs Spiel setzen. „Die Kanzlerin also.“
„Die Kanzlerin?“, sagte er. „Die Handynummer, die sie mir genannt hat, ist von Thalbergs Leuten übernommen worden. Wenn ich sie anrufe, klingelt es wahrscheinlich hier irgendwo.“
Plötzlich hatte sie einen Geistesblitz. „Warte.“
Sie setzte sie sich an den Eichentisch und betrachtete eingehend Thalbergs Laptop. Abermals berührten ihre Finger das Touchpad, und die Datei mit dem Plan des Bergwerks verschwand. Stattdessen erschienen die Startseite und eine Vielzahl von Icons. Die meisten der abgekürzten Bezeichnungen sagten ihr nichts. Systematisch klickte sie sich durch die Symbole, bis sie genau die Datenbank fand, die sie gesucht hatte. Endlose Listen erschienen auf dem Screen. Rechts poppte ein Suchfeld auf.
Sie schielte kurz zu Benjamin hinüber und lächelte, dann tippte sie den Namen der Bundeskanzlerin in das Suchfeld ein. Sie drückte mit dem Zeigefinger auf die Enter-Taste und schaute erneut zu Benjamin. Auf seiner Miene zeigte sich ein erstauntes Lächeln, als sich eine Seite auf dem Bildschirm öffnete, die mit dem Namen der deutschen Bundeskanzlerin bezeichnet war. Fein säuberlich aufgelistet fanden sich dort drei Telefonnummern. Thalberg hatte die Kontaktdaten penibel auf seinem Laptop archiviert.
„Da, diese Telefonnummer hat sie mir damals im Kanzleramt genannt“, sagte Benjamin und zeigte auf den Bildschirm.
Sie merkte sich die erste Eintragung und schaute sich im Raum um. Entsetzt wurde ihr gewahr, dass direkt neben ihr auf dem Boden noch immer Thalbergs Leichnam lag – und weiter hinten sah sie den regungslosen Körper Sarrows, um den sich eine Blutlache gebildet hatte. Sie drehte den Kopf weg und entdeckte das Telefon auf einem Barschrank hinter sich. Benjamin reichte ihr wortlos den Apparat, und sie wählte die erste Nummer.
„Hallo?“, meldete sich die Kanzlerin nach nur ein paar Sekunden. Ohne jede Verzerrung, laut und deutlich zu verstehen.
Zoé nannte ihren Namen und begann ohne Umschweife, die Regierungschefin in die schwierige Lage einzuweisen. „Das Versteck in Volpriehausen muss schnellstmöglich geschützt werden.“ Sie brauchte sich nicht anzustrengen, um die Dramatik der Situation zu verdeutlichen. Die Kanzlerin versprach sofortige Hilfe. Dann sagte sie: „Überlassen Sie jetzt alles Weitere der Regierung. Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich schicke per Hubschrauber einen Trupp absolut vertrauenswürdiger Männer, die die Anlage besetzen und Sie befreien werden.“ Die Kanzlerin atmete tief aus. „Sie haben überlebt, danken Sie Gott dafür!“ Damit beendete sie das Gespräch.
Sofort drückte Zoé auf die Wahlwiederholtaste.
„Ja?“, meldete sich die Regierungschefin, diesmal mit einem deutlich kühleren Klang in der Stimme.
Zoé fand, dass die Zeit für höfliche Floskeln vorbei war. Sie wollte gleich zur Sache kommen. „Ich will bei der Bergung des Bernsteinzimmers dabei sein.“
„Ausgeschlossen.“
„Ohne Parker und mich würden Sie das Versteck doch gar nicht kennen.“ Sie bemühte sich, ihre Verärgerung im Zaum zu halten und einen kühlen Kopf zu bewahren. Wenn sie sich jetzt von der Kanzlerin Vorschriften machen ließ, stünde sie am Ende mit
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