Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Bergbauingenieure.“
Tobi würde seinen Weg als Bergexperte machen, da war sich Zoé sicher, so begeistert, wie seine Augen leuchteten. Umso düsterer bewertete sie allerdings ihre Lage angesichts der nicht mehr zugänglichen Schächte Wittekind und Hildasglück. Sie merkte, wie Ärger über Thalbergs Arroganz und grenzenlose Überheblichkeit in ihr aufkeimte. Was für eine Dreistigkeit, das Versteck des Bernsteinzimmers genau dort anzugeben, wo die Bernsteinzimmergilde es ohnehin seit langem verortet hatte – es aber niemand mehr bergen konnte. Sie konnte Thalbergs Hohngelächter förmlich in ihren Ohren hören. Der gewiefte Agentenführer hatte wieder einmal alle an der Nase herumgeführt.
Obwohl ihr eigentlich nicht nach Lachen zumute war, musste sie fast losprusten, als sie an das Gesicht dachte, das die Kanzlerin bei Begutachtung der verschütteten Schachtanlage machen würde. Sehen Sie nur, Frau Kanzlerin, unter dieser Wiese ruht das berühmte Bernsteinzimmer, entdeckt von der nicht minder berühmten Enthüllungsjournalistin Zoé Velázquez! Treten Sie näher, Frau Kanzlerin, und schließen Sie die Augen. Spüren Sie auch die magische Kraft des Bernsteins? Ja? Toll! Ach, und übrigens, machen Sie sich bitte keine Sorgen. Hier kann das Bernsteinzimmer niemand mehr finden – weder der BND noch die Russenmafia, noch die Öffentlichkeit. Und auch ich werde ganz bestimmt keinen Artikel darüber schreiben, da ich mich nicht völlig lächerlich machen möchte.
Niedergeschlagen schlenderte sie allein zum Renault zurück. Auf der Rückbank lag Thalbergs Laptop.
Sie setzte sich auf den Rücksitz und schaltete den Computer ein. Es dauerte eine ganze Weile, bis das System hochgefahren war und sie die Datei öffnen konnte. Sie nahm den Laptop und kehrte zu Benjamin und dem bergbauverrückten Jungen zurück, die sich beide angeregt über die Uni Clausthal unterhielten. Ohne Erklärung hielt sie Tobi den Laptop unter die Nase. „Weißt du, was das ist?“
Er betrachtete aufmerksam die Zeichnung, die auf dem Screen zu sehen war, und drehte den Laptop hin und her. „Ich denke schon“, sagte er und reichte Zoé den Rechner zurück. „Klar, das ist eine Karte vom Kalibergwerk und der Umgebung. Und das hier oben“, er zeigte auf mehrere schwarze Rechtecke, „sind die alten Munitionshäuser. Dort wurden bei Kriegsbeginn die Granaten gefertigt. Erst später hat man die Fertigung zum Schutz vor Bombenangriffen unter Tage verlegt.“ Stirnrunzelnd schaute er sie an. „Was soll das Wort Zugang unter diesem Haus hier bedeuten?“ Er deutete auf den handschriftlichen Hinweis, der rechts neben eines der schwarzen Rechtecke gekritzelt war. „Wenn damit ein Zugang zu der Schachtanlage gemeint sein soll, dann irrt sich da aber jemand gewaltig.“
„Sind die Häuser noch weit von hier entfernt?“, schaltete Benjamin sich ein, ohne auf die Frage des Jungen einzugehen.
Tobi schüttelte den Kopf und schnappte sich noch mal den Laptop. „Das hier“, sagte er und zeigte auf die eingezeichnete Straße, „das ist die Bundesstraße. Der folgt ihr bis zu diesem Punkt.“ Der rechte Zeigefinger glitt über die Karte. „Und von da an geht es ab in den Wald. Der Weg führt euch direkt zu den Häusern. Ihr könnt sie nicht verfehlen. In der Dunkelheit kann man es nicht sehen, aber die Häuser liegen am Fuß der Anhöhe, die sich ungefähr dort hinten befindet.“ Seine Hand wies auf einen imaginären Punkt in der Finsternis. Er reichte Zoé den Computer zurück mit einem Gesichtsausdruck, der völliges Unverständnis verriet. „Was zum Teufel wollt ihr bei den Munitionshäusern?“
„Pilze suchen“, sagte Benjamin und lächelte schief.
Skeptisch sah Tobi ihn an. „Also doch angesteckt vom Bernsteinzimmer-Virus! Dabei seht ihr beiden gar nicht so aus wie die anderen Spinner, die hier regelmäßig aufschlagen, um dann doch nur die verschlossenen Schächte zu fotografieren.“
„Du siehst auch nicht gerade aus wie ein typischer Bergbauingenieur“, sagte Zoé. „Sag mal, könnte es nicht doch sein, dass das Bernsteinzimmer irgendwo in einer unzerstörten Kammer der alten Salzmine schlummert?“
„Du gibst nicht so schnell auf, stimmt’s?“ In seiner Stimme schwang ein unverkennbar spöttischer Unterton mit.
„Ich frage mich nur, warum alle Welt so sicher ist, dass wirklich die gesamte Anlage zerstört und abgesoffen ist.“ Sie schaute ihn herausfordernd an.
„Weil über tausend Tonnen Beton und Bohrschlamm in die
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