Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Sie wollen. Ich will es nicht haben. Deutschland will es nicht haben. Ich gebe Ihnen achtundvierzig Stunden und freies Geleit.“
Verdutzt schaute der Killer sie an. Er drückte die Waffe gegen ihren Kopf, aber die Kanzlerin hielt dem stand. Mit angespannten Nackenmuskeln sagte sie: „Ich schenke Ihnen das Bernsteinzimmer im Austausch für unser Leben.“ Sie schaute ihn mit ihrem rechten Auge ernst an. „Für unser aller Leben. Ohne Ausnahme. Auch Böhm, Parker und die Velázquez bleiben unversehrt.“
Zoé hielt den Atem an. Sie war innerlich hin- und hergerissen. Natürlich war sie der Kanzlerin dankbar dafür, dass sie sich so sehr für ihr Leben einsetzte, aber gleichzeitig gab sie damit das Bernsteinzimmer fort. Auf diese Weise löste sie geschickt ihr Problem mit den wiederaufgetauchten Bernsteinpaneelen. Der Stutzer würde das Bernsteinzimmer für sie aus Deutschland schaffen.
Wahrscheinlich wäre es damit für lange Zeit von der Bildfläche verschwunden. Wie sollte sie seine Existenz beweisen, wenn sie noch nicht einmal ein Foto davon in den Händen hielt? Die ganze Geschichte wäre bloß ein weiteres Hirngespinst einer unbedeutenden Journalistin, die sich wichtigmachen wollte, aber keine Fakten vorweisen konnte.
Und das war noch nicht alles. Das Schlimmste war, dass sie tief in der Schuld der Kanzlerin stehen würde.
Niedergeschmettert schloss sie die Lider und lehnte ihren Kopf an Benjamins Rücken.
„Lassen Sie uns unter vier Augen reden.“ Die Kanzlerin legte dem Stutzer ihre Hand auf den Arm, und zu Parkers Erstaunen senkte der Verbrecher die Waffe und ließ sich von der Politikerin sanft zur Seite dirigieren. Sie flüsterte dem Killer etwas ins Ohr, das Parker nicht verstehen konnte. Das Bild rief bei ihm die Erinnerung an zahlreiche Fernsehaufnahmen wach. Den gleichen entschlossenen und beschwörenden Blick hatte er schon oft bei ihr gesehen, allerdings befand sich die Regierungschefin diesmal nicht im vertraulichen tète à tète mit ihren Parlamentskollegen, sondern mit einem irren und skrupellosen Profikiller.
Der Effekt schien jedoch ähnlich zu sein. Die ernste Miene des anderen signalisierte Respekt und Entgegenkommen.
Nach einer Weile des wechselseitigen Meinungsaustauschs trat die Kanzlerin vor und wandte sich an Böhm und die umstehenden Soldaten. Parker und Zoé würdigte sie keines Blicks.
„Diese Herren hier“, sie zeigte auf den Stutzer und seine Männer, „werden jetzt mit dem Abtransport der Kisten beginnen. Von unserer Seite“, sie warf Böhm einen durchdringenden Blick zu, „wird es keine Hilfe, aber auch keine Störmanöver geben. Verstanden, Böhm?“
Böhms Kiefer setzte sich wieder mahlend in Bewegung, und er nickte widerstrebend.
„Die Kisten werden in die Hubschrauber gebracht und zusammen mit diesen Herren“, wieder deutete sie auf die Bande, „von unseren Piloten an einen Ort ihrer Wahl ausgeflogen.“ Ihre Stimme hatte nun den Klang unbedingter Entschlossenheit angenommen. Sie schaute Böhm an, dessen Kopf vor Zorn rot angelaufen war. Seine Fäuste waren geballt, und er schob die Zähne übereinander, dass es laut knirschte.
„Böhm?“ Die Frage knallte wie eine Peitsche durch die Salzgrube. Steif wie ein Zinnsoldat hatte der Offizier sich vor ihr aufgebaut. Parker spürte, dass er kurz vor der Befehlsverweigerung stand.
„Wie Sie wollen“, stieß er dann nach langen Sekunden des Schweigens hervor. „Ich werde die erste Maschine selbst fliegen.“
„Nein“, erwiderte die Kanzlerin barsch. „Sie bleiben hier. Ich bin es, die in einen der Hubschrauber steigen und den Flug begleiten wird.“
Parker hörte für einen Augenblick auf zu atmen. Die Bundeskanzlerin bot sich als Geisel an! Auf den Gesichtern der Anwesenden wechselten sich Erstaunen und Entsetzen ab. Zoé hatte die Hände vor den Mund geschlagen, und Böhm war merklich zusammengezuckt. Die Röte seines Gesichts war einer fahlen Blässe gewichen.
„Machen Sie das nicht!“, warf Parker instinktiv ein, doch die Kanzlerin überging ihn einfach.
„Nach spätestens zwölf Stunden werden die Herrschaften mich zusammen mit den Piloten freilassen“, fuhr sie fort. „Bis dahin halten Sie still, Böhm. Dann warten Sie noch eine Stunde. Wenn Sie bis dann nichts von mir gehört haben, gehen Sie davon aus, dass ich und die Piloten nicht mehr am Leben sind, und handeln entsprechend.“
„Sie werden freigelassen“, sagte der Stutzer. „Wir halten uns an die Abmachung, wenn Sie sich daran
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