Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
vorsichtig auszudrücken.“ Er sah die Zweifel im Gesicht der Kanzlerin. „Man müsste allerdings alles einmal gründlich durchforsten. Und das betrifft nicht zuletzt die deutschen Museen.“
„Inwiefern?“
„In vielen Museen lagern noch eine Unmenge Kulturgegenstände, deren Provenienz ungeklärt ist. Die Forschung hat zwar mittlerweile einen recht genauen Überblick über die deutschen Kunstwerke in den russischen Museen und Archiven, was unsere eigenen Depots angeht, fehlt jedoch bis heute eine verlässliche Übersicht.“ Er schätzte, dass ein Team von nur dreihundert Kunsthistorikern in wenigen Monaten gewaltige kulturelle Schätze aus den Tiefen der Akten- und Kunstbestände heben konnte.
Die Regierungschefin hatte ein paar Schritte in Richtung ihres Schreibtischs gemacht und war aus seinem Blickfeld verschwunden, als er weitersprach. „Lassen Sie uns nach Beutekunstwerken in unseren eigenen Depots suchen – und ich verspreche Ihnen: Sie werden in kürzester Zeit über hinreichend viele russische Kunstobjekte verfügen. Es würde mich sehr wundern, wenn der Kreml sich dafür nicht mit deutscher Kunst erkenntlich zeigen würde.“
Er spürte, wie die Regierungschefin von hinten an seinen Sessel herantrat. „Ich teile Ihren Enthusiasmus leider nicht, was die angeblich in deutschen Museumskellern schlummernde russische Kunst angeht. Stalins Trophäenjäger haben nach dem Krieg alles mitgenommen, was wertvoll aussah. Ich glaube, ich habe da einen besseren Vorschlag.“
Bevor Parker noch etwas erwidern konnte, spürte er einen leichten Druck auf seinen Schultern. Und darauf war er in keiner Weise vorbereitet gewesen. Er schluckte. Hatte die Kanzlerin gerade ihre Hände auf seine Schultern gelegt? Sein Körper verkrampfte sich, und sein Erstaunen über ihre geheimnisvolle Anspielung konnte er nur mühsam verbergen. „Was schlagen Sie vor?“
„Wir haben Grund zu der Annahme, dass sich ein berühmtes russisches Kunstwerk auf deutschem Boden befindet. Für die Rückgabe dieses Kleinods würde Moskau uns die geheimsten Kunstarchive öffnen, glauben Sie mir.“
Er blickte fragend von unten zu ihr hinauf, wozu er sich in seinem Sessel ziemlich verrenken musste. Ein triumphierendes Lächeln fiel auf ihn herab.
„Von welchem Kunstwerk sprechen Sie?“
Ihre blassen Augen nagelten ihn in seiner ungemütlichen Position fest. „Bevor ich Ihnen mehr Informationen geben kann, müssen Sie mir etwas versprechen.“ Ein messerscharfer Blick.
Im Sessel wurde ihm immer unbehaglicher zumute. Jetzt hatte er keinen Zweifel mehr, dass die Kanzlerin ihm nicht die volle Wahrheit über seine Berufung zum Delegationsleiter mitgeteilt hatte. Angespannt hielt er ihrem Blick stand. „Um was geht es?“
„Ich bitte Sie zu finden, was die Russen schon seit langem vermissen.“
Er hatte keine Ahnung, wohin das führen würde. Ihm schwante nichts Gutes. Doch einer Kanzlerin, die ihre Hände vertraulich auf seine Schultern legte und ihn um Hilfe bat, konnte er kaum etwas abschlagen.
Ein bisschen Gegenwehr zu leisten, dazu war er noch imstande. Er musste unwillkürlich an Anne denken und versuchte, das Bild heraufzubeschwören, wie er sie zuletzt lebend gesehen hatte – lachend, mit Haaren wie Feuer und Augen wie eine Sommerwiese –, aber es gelang ihm nicht recht.
„Nur unter gewissen Bedingungen“, hörte er sich selbst sagen.
Die Kanzlerin zögerte, und er bemerkte eine leichte Irritation auf ihrem Gesicht. „Was für Bedingungen?“
Ob ihm wegen Anne dieser Gedanke durch den Kopf gegangen war, konnte er selbst nicht sagen. In seinem Innersten spürte er eine Empfindung, die ihn dazu trieb, für ihre Ideale Partei zu ergreifen. Es war sein Abschiedsgeschenk.
„Falls ich den verschollenen Schatz finde, bitte ich Sie, dies zum Anlass eines grundsätzlichen Neuanfangs der Beutekunstverhandlungen zu nehmen.“
Die Regierungschefin runzelte die Stirn. „Was meinen Sie konkret damit?“
„Sie stocken das Personal an Kunstfahndern ganz erheblich auf und suchen systematisch nach Raubkunst in unseren eigenen Beständen. Deutschland beginnt nachhaltig in den Erhalt der Kulturgüter in Russland zu investieren. Das kann durchaus bedeuten, dass ein berühmtes Bild, eine wertvolle Münzsammlung oder sonstige Kunstwerke als Dauerleihgabe oder sogar Geschenk für immer in einem russischen Museum verbleiben.“ Die Gesichtszüge der Kanzlerin waren angespannt, als er fortfuhr. „In der russischen Provinz erhält ein
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