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Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Titel: Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Weiss
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wirklich wissen?“
    „Bedanken Sie sich bei ihm.“
    Überrascht fuhr sie herum. Luft entwich aus ihrem Mund, langsam und zischend. „Bedanken? Dafür, dass die Sowjets Deutschland nach dem Krieg generalstabsmäßig ausgeplündert haben?“
    „Bedanken Sie sich für das großzügige Geschenk, welches das russische Volk dem deutschen Volk 1959 gemacht hat und das bis heute Millionen von Besuchern begeistert.“
    Der Kanzlerin fiel sichtbar der Unterkiefer herab. Er war sich sicher, dass ihm soeben das Kunststück gelungen war, seine Karriere als Delegationsleiter zu beenden, noch bevor die Reise überhaupt begonnen hatte.
    „Der Pergamonaltar?“ Sie schaute ihn verständnislos an. „Ich soll mich für ein Gastgeschenk Stalins an den Genossen und ersten Staatsratsvorsitzenden Ulbricht bedanken?“
    Er nickte und machte es sich in einem der weißen Sessel bequem. Es war fast in Vergessenheit geraten, dass die Rote Armee das hellenistische Großkunstwerk nach Kriegsende in einem Berliner Bunker geborgen und nach Russland verschleppt hatte. „Stalin konnte nichts verschenken, was ihm nicht gehört“, antwortete er der Kanzlerin. „Und Ulbricht nichts annehmen, was nicht für ihn bestimmt war – der Pergamonaltar ist den Deutschen zurückgegeben worden. Wenn überhaupt, können nur die Türken dagegen etwas einwenden.“ Er nahm sich eine Flasche Mineralwasser und ein Glas von dem silbernen Tablett auf dem Tischchen. Er dachte an die Forderung des türkischen Kulturministers auf Rückgabe des Großen Altars, die bisher jedoch verhallt war, ohne das deutsch-türkische Verhältnis ernsthaft zu belasten. Dies hatte nicht unerheblich mit der gültigen Ausfuhrgenehmigung zu tun, die das Osmanische Reich damals für den Altar erteilt hatte. Wahrscheinlich waren die Reliefplatten des Altars von den deutschen Ausgräbern zudem vor der völligen Vernichtung bewahrt worden, denn die Fundstätte hatte der Landbevölkerung bereits als frei zugänglicher und viel genutzter Steinbruch gedient.
    Die Miene der Regierungschefin verbarg ihre Missbilligung in keiner Weise. „Haben Sie noch mehr solche Vorschläge?“
    Ungerührt öffnete er die Wasserflasche. „Ja, ich empfehle Ihnen, die deutsche Hilfe beim Kulturgüterschutz in Russland nachdrücklich zu intensivieren. Die Unterstützung bei der Rekonstruktion des Bernsteinzimmers in Sankt Petersburg oder die Hilfe beim Wiederaufbau der Marienkirche in Nowgorod weisen hier den richtigen Weg – sind aber nur ein paar Tropfen auf den heißen Stein.“
    Die Kanzlerin schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, so kommen wir nicht weiter, Herr Parker.“
    „Es ist unsere einzige Chance.“
    Mit leicht zur Seite geneigtem Haupt schaute sie ihn skeptisch an, stumm und reglos.
    Langsam füllte er das Glas mit dem Wasser und führte es zu seinen Lippen. Er trank und lauschte der gespannten Stille im Raum, bis er sie selbst durchbrach. „Erinnern Sie sich an die graphischen Blätter und Zeichnungen, unter anderem von Dürer, die 2001 zurück nach Bremen kamen? Die damalige Bundesregierung hatte kurz zuvor, und natürlich rein zufällig, das Florentiner Steinmosaik aus dem Königsberger Bernsteinzimmer an die Russen übergeben.“
    Tatsächlich hatte ein Zufall das Florentiner Mosaik vor wenigen Jahren der Bundesregierung in die Hände gespielt. Das Kunstwerk war eines von vier Steinmosaiken aus verschiedenfarbigem Marmor, die der Kaiser von Österreich der Zarenfamilie geschenkt hatte. Ein Schmuckstück des sagenumwobenen Königsberger Bernsteinzimmers aus dem Katharinenpalast bei St. Petersburg, der Sommerresidenz der Zaren. Mutmaßlich war das Mosaik 1941 während der Besetzung von deutschen Landsern aus dem Palast geklaut worden. Auf verschlungenen Pfaden gelangte es später in den Besitz eines deutschen Notars, und beim Versuch, das kostbare Gut zu verkaufen, hatte die Polizei zugegriffen.
    Sie verzog den Mund. „Ein kultureller Kuhhandel also.“
    „Stimmt.“ Mit dem Hinweis auf das Mosaik schnitt das Gespräch ein Thema an, das Parker seit langem keine Ruhe ließ. „Ich bin mir sicher, dass sich noch viele hochkarätige Kunstwerke in Deutschland befinden, die die Nazis in Russland erbeutet haben.“ Er stellte das Glas auf den Couchtisch. „Es ist ein offenes Geheimnis, dass das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen sowie das Kunstdepot des Bundes noch Tausende von Kunstgegenständen in ihren Beständen halten, deren Herkunft offen ist. Um es ganz

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