Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Schauer über den Rücken. Solche Zufälle gab es nicht. Anne, Zoé und die Kanzlerin – die drei Frauen verband ein innerer Zusammenhang, der aus Bernstein bestand. Bisher war er der Meinung gewesen, dass die zahllosen Geschichten, die sich um das verschollene Bernsteinzimmer rankten, ins Reich der Fabel gehörten. Die Legende war während des Untergangs des Dritten Reiches geboren worden und hatte mit der Realität der Bundesrepublik Deutschland nichts zu tun. Alles sprach dafür, dass die wertvollen Wandpaneele 1945 im Königsberger Schloss verbrannt waren, sonst wären sie längst als Ganzes oder in Teilen wieder aufgetaucht.
„Glauben Sie mir nicht?“, fragte Zoé mit schwerem Atem.
„Doch.“
Ohne ein weiteres Wort zu wechseln, liefen sie nebeneinander her und folgten weiter dem Gang. Nach einer Weile unterbrach Parker die Stille. „Sie müssen zur Polizei gehen.“ Zoé jedoch schüttelte den Kopf. Er wartete, aber sie machte keine Anstalten, ihrer Geste noch etwas hinzuzufügen.
„Die Killer sind hinter Ihnen her. Sie brauchen dringend Hilfe, sonst haben Sie keine Chance.“ Eindringlich schaute er sie an.
„Die Polizei wird mir nicht helfen“, sagte sie völlig außer Atem.
„Wie kommen Sie denn darauf? Nur weil die Staatsanwältin hinsichtlich des Obduktionsberichts gelogen hat? Das war vielleicht nur Ermittlungstaktik, nehmen Sie das nicht so ernst.“
Zoé atmete tief ein und aus, bevor sie antwortete. „Nein, es hat nichts mit der Staatsanwältin zu tun. Es geht um die Umstände von Annes Tod.“ Eine Pause entstand, dann sprach sie weiter. „Die Polizei hätte die Ermordung verhindern können.“
„Ich weiß nicht“, sagte er skeptisch. „Die Polizei hatte doch keine Ahnung von Annes Tätigkeiten. Wie hätte sie da eingreifen können?“
Ihre Augen funkelten im Schein der Taschenlampe. „Die Polizei wusste genau Bescheid über Annes Suche nach dem Bernsteinzimmer.“
Überrascht blieb Parker stehen. „Woher denn? Sie haben der Polizei doch bestimmt nichts davon erzählt.“
„Sie verstehen nicht“, sagte Zoé, die ebenfalls stehen geblieben war. Erschöpft beugte sie sich vor und stützte sich mit beiden Armen auf den Knien ab. „Anne hat die Polizei selbst über ihre Suche informiert. Meinen Namen hat sie allerdings nicht verraten.“ Sie stockte und schluckte schwer. „Sonst wären die Mörder direkt zu mir gekommen.“
Parker hatte Mühe zu begreifen, was sie ihm da gerade offenbart hatte. „Die Polizei zu benachrichtigen war die einzige Bedingung, die Anne gestellt hat“, fuhr Zoé fort. „Wäre ich nicht darauf eingegangen, hätte sie mir nicht geholfen. Hören Sie, Anne wollte keinen Ärger und hat deshalb einen Kontaktmann beim BKA benachrichtigt.“
Aufmerksam hörte er zu. Ihre Worte ergaben Sinn. Anne hatte augenscheinlich Angst gehabt, in den Verdacht der Hehlerei und des Betrugs zu geraten. Seit dem Fall des Notars, der versucht hatte, das Florentiner Steinmosaik aus dem Bernsteinzimmer zu verhökern, und dabei an V-Leute der Polizei geraten war, war für Berater und Vermittler bei solch heiklen Kunstdeals äußerste Vorsicht geboten. Man war bemüht, jeden Anschein illegaler Aktivitäten von vornherein zu vermeiden. Und auch Anne hatte einen makellosen Ruf zu verlieren.
„Drei Tage nach dem Gespräch mit dem BKA wurde ihre Wohnung von der Polizei überwacht – und zwei Tage später war sie tot“, ergänzte Zoé bitter. „Warum haben die Beamten sie nicht gerettet?“
Er wusste darauf keine Antwort, aber er konnte Zoés ablehnende Haltung gegenüber der Polizei jetzt verstehen. Fieberhaft überlegte er. Es war nicht auszuschließen, dass es beim BKA eine undichte Stelle gab, die Annes Namen weitergegeben hatte. Und Anne war der Schlüssel zu Zoé, der Frau, die anscheinend dem Bernsteinzimmer dicht auf der Spur war.
Schweigend machten sie sich weiter auf den Weg in die Finsternis hinein, ehe Zoé plötzlich stehen blieb. „Wollen Sie Annes Mörder finden?“
Selbst im Dämmerlicht der schwachen Taschenlampe durchbohrten ihre blauen Augen ihn wie zwei glänzende Messerklingen. Parker hielt dem Blick stand und wog ihre Optionen ab. „Ich fürchte, wir beide sind eine leichte Beute für die Killer. Bislang haben wir Glück gehabt, aber das könnte sich ziemlich schnell ändern.“
„Wir sind nicht allein.“ Herausfordernd blickte sie ihn an. „Es gibt jemanden, der uns helfen kann.“
„Wer soll das sein?“, fragte Parker überrascht.
„Ein
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