Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Kontaktmann. Mehr kann ich Ihnen nicht verraten, bevor ich nicht weiß, wo Sie stehen.“ Die wilde Entschlossenheit in ihrem Gesicht war unübersehbar – sie meinte es ernst.
„Ich überlege es mir.“
„Überlegen Sie nicht zu lange. Für morgen Nachmittag ist ein Treffen verabredet.“
„Bis morgen ist noch Zeit.“
Sie schüttelte den Kopf. „Das Treffen findet nicht in Berlin, sondern in den bayerischen Alpen statt.“ Sie zog das weiße Päckchen aus der Segeltuchtasche und drückte es ihm in die Hand. „Ich habe im KaDeWe ein paar Anziehsachen für Sie besorgt, damit Sie auf der Fahrt nicht so auffallen.“ Um ihren Mund legte sich die Spur eines Lächelns. „Oder ziehen Sie es vor, in Ihrem weißen Bademantel zu reisen?“
Anstatt einer Antwort steckte er sich das Päckchen unter den Arm und setzte den Weg fort. Er kam nicht umhin, die Coolness der zierlichen Frau zu bewundern. Knapp dem Tode entronnen, schmiedete sie schon wieder Pläne, in die Höhle des Löwen zurückzukehren.
Kapitel 23
Kurz darauf sahen sie einen spärlichen Lichtschein, der nach und nach heller wurde, bis ein kreisrunder Ausstieg an der Decke zu erkennen war. Jemand hatte eine tragbare Neonlampe nach unten gelassen, die vor ihren Köpfen an einem Kabel hin und her baumelte. Dann sahen sie, dass eine Leiter heruntergelassen wurde. Erschrocken blieben sie stehen. Ein Mann kam die Leiter heruntergeklettert. Sein Kopf war kahl und der weiße Schnauzbart zerzaust. Im Mund steckte eine erloschene Zigarre. Er nahm sie heraus und grinste. „Mein Name ist Stadler. Ich bin der Direktor des Adlon und freue mich wirklich sehr, Sie zu sehen.“
„Wo sind wir?“, fragte Zoé.
„Über uns ist die Ecke Wilhelmstraße/Voßstraße. Ganz in der Nähe befanden sich vor ungefähr einundsechzig Jahren Hitlers Neue Reichskanzlei und der Führerbunker. Sie gehören nun zu den wenigen Menschen, die den geheimen Verbindungstunnel vom Führerhauptquartier zum Reichstag kennen. Ich habe ihn vor Jahren für das Hotel zugänglich gemacht – und zum Glück noch nicht einmal dem BKA davon erzählt.“ Mit einer einladenden Geste zeigte er auf die Leiter. „Heute steht auf dem Gelände der zerstörten Reichskanzlei ein China-Restaurant, das die besten Pekingenten der Stadt zubereitet. Kommen Sie rauf, ich stelle Sie der Chefin vor.“
Als Parker als Letzter die Leiter erklommen und der Schwärze des alten Bunkertunnels entronnen war, breitete sich ein Gefühl tiefer Erleichterung in ihm aus, getrübt nur durch einen kleinen Stich.
Er zog sich in der Speisekammer des China-Restaurants um und stand dabei auf der Falltür, die in den Bunkertunnel führte und nun wieder mit einem schweren Vorhängeschloss verriegelt war. Es roch nach fermentiertem Soja, Koriander, Ingwer und Sternanis, und um ihn herum stapelten sich Reissäcke, Kisten mit verschiedenen Kohlsorten, Tomaten, Sprossen, Paprika, Lauchzwiebeln und Chilischoten. Im hinteren Teil hingen Dutzende von honigfarben glänzenden Pekingenten.
Als er neu eingekleidet war, hängte er den Bademantel des Adlon zu den Enten und betrat die angrenzende Küche des Restaurants. Überall zischte und dampfte es, während zwei Köche mit Pfannen und Töpfen hantierten. Eine ältere Chinesin, in einen eleganten roten Chipau gekleidet, begrüßte ihn und hieß ihn in ihrem Restaurant willkommen.
Zoé schenkte ihm ein Lächeln, als sie ihn in Turnschuhen, Jeans und einem hellblauen american apperal- Sweater sah. Stadlers Miene hingegen verriet Besorgnis. Bedächtig nahm er die Zigarre aus dem Mundwinkel und winkte Parker näher zu sich heran. „Ich habe keine Ahnung, mit wem Sie sich da angelegt haben, aber Sie müssen hier weg, und zwar so schnell wie möglich. In Berlin kann Sie niemand mehr schützen, schon gar nicht die Polizei.“ Es fiel ihm sichtlich schwer weiterzusprechen. „Die Verbrecher haben Zugang zum BKA-Computer und kannten deshalb den Code für die Präsidentensuite.“ Eindringlich schaute er sie an. „Verlassen Sie das Land oder am besten gleich den Kontinent. Wenn Sie Geld brauchen, sagen Sie es.“
Zoé berührte Stadler kurz am Arm. „Danke, aber das ist nicht nötig. Sie haben schon so viel für uns getan. Das Einzige, was wir brauchen, ist ein Wagen.“
Stadlers Blick wanderte zur Chinesin an seiner Seite. „Könntest du dir unter Umständen vorstellen, deinen Wagen zu einem völlig überteuerten Preis ans Adlon zu verkaufen, meine Liebe?“ Er steckte sich die Zigarre zurück
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