Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
ein paar Schritte zurückwich. „Assasssin! Assassin!“ Zoé schrie noch immer wie verrückt und schlug wild auf den Mann ein.
Unter großen Schmerzen versuchte Parker, wieder auf die Beine zu kommen. Als es ihm endlich gelang, aufrecht zu stehen, verschwamm für einen Moment alles vor seinen Augen. Leicht taumelnd näherte er sich dem seltsamen Gerangel zwischen Zoé und dem Maskierten. Mit einem schnellen Griff legte er die Hand auf das Gewehr und zog es zu sich herüber.
Nun hatten sie alle drei die Waffe umfasst und starrten sich an.
„Hören Sie schon auf!“, sagte Parker zu dem Alten. Das Sprechen war eine höllische Qual, und er biss kurz die Zähne zusammen. „Sie wollen ihr doch gar nichts antun.“ Er sah dem anderen in die Augen, die von zahllosen roten Äderchen durchzogen waren.
Der Alte verharrte, und auch Zoé stand plötzlich wie angewurzelt.
„Und mich wollten Sie auch nicht umbringen.“ Vorsichtig zog Parker das Gewehr weiter zu sich heran. Zoé löste ihre Finger vom glatten Lauf, aber der Mann hielt den Gewehrschaft unvermindert fest.
„Lassen Sie uns reden“, forderte Parker ihn auf.
Die Sekunden verstrichen. Dann glitten die Hände des Mannes über das Gewehr und blieben am Büchsenschloss liegen. Mit einer Hand löste er das Magazin und ließ es in seine Manteltasche gleiten. Schließlich öffnete er den Verschluss der Waffe und zog die letzte Patrone heraus. „Das Gewehr ist entladen“, sagte er. „Nehmen Sie nun Ihre Finger von meiner Waffe.“
Parker atmete schmerzvoll aus und ließ den Karabiner los. Schwindel ergriff ihn, und er musste gegen eine aufkommende Ohnmacht ankämpfen. Doch dann hielten ihn seine Knie wieder sicher auf den Beinen, und er begann, klar zu sehen. Der Mann zog sich die Maskenmütze vom Kopf. Zum Vorschein kam ein knochiges, von tiefen Falten zerfurchtes Gesicht, das von dichten, weißen, zerzausten Augenbrauen beherrscht wurde. „Mein Name ist Friedrich von Falkenhayn.“
Parker blickte in ein Paar trüber blauer Augen.
„Sie haben recht gehabt, junger Mann. Ich hatte nie die Absicht, Sie zu erschießen. Ich wollte Ihnen nur ein gehörigen Schrecken einjagen …“
„… was Ihnen auch gelungen ist“, unterbrach ihn Parker.
„… in der Hoffnung, dass meine Anweisungen von nun an befolgt werden!“
„Sie haben Dr. Kreifelts umgebracht!“, fauchte Zoé ihn mit wütendem Blick an. „Wir werden Sie der Polizei übergeben, und sonst gar nichts!“ Parker legte ihr den Arm auf die Schulter, doch sie schüttelte ihn ab.
Der alte Mann trat ganz nahe an sie heran und musterte sie mit seinen blutunterlaufenen Augen unter den imposanten Brauen. Zoé widerstand seinem Blick, rührte sich aber nicht.
„Nein, Madame Velázquez de Bezancourt.“ Er schüttelte den Kopf, und das spärliche Haupthaar stand zu allen Seiten ab. „Nein. Ich habe mit dem Tod der Rechtsanwältin nichts zu tun. Ich war es nicht, der die Kreifelts in die Angelegenheit mit reingezogen hat. Ich nicht!“
Zoé schluckte.
„Wer hat sie umgebracht?“, schritt Parker in strengem Tonfall ein. „Sagen Sie es uns!“
„Das werden Sie von mir niemals erfahren.“ Die Augen des Alten funkelten böse. „Niemals“, sagte er noch einmal laut und deutlich, und Parker traf ein eisiger Blick. „Falls Sie wegen Ihrer verstorbenen Geliebten hier sind, dann verschwenden Sie nur Ihre Zeit.“ Sein rechter Zeigefinger ging in die Höhe. „Ich bin kein Verräter. Merken Sie sich das ein für alle Mal.“
Leicht vorgebeugt wandte Falkenhayn sich ab und kehrte langsam zur Hütte zurück. Die Kraft, die noch vor wenigen Minuten von ihm ausgegangen war, schien aus seinem Körper gewichen zu sein. Nach ein paar Schritten blickte er zurück zu Zoé und Parker, die sich nicht von der Stelle gerührt hatten.
„Na los!“, rief er herüber. „Kommen Sie schon! Oder interessiert Sie etwa der alte Preußenschatz nicht mehr?“ Erneut stieß er sein meckerndes Lachen aus. „Haben Sie doch keine Angst vor einem alten Mann!“
Kapitel 30
Zoé ließ ihre Finger sanft über das goldbraune Material gleiten. Die glatt polierten Steine fühlten sich kühl und geschmeidig an, saugten das Licht, das durch die Fenster der Hütte fiel, auf und strahlten es mal als honiggelben, mal als rötlichen oder auch grünlichen Schimmer zurück. Sie war begeistert von dem wilden Funkeln. Jetzt war ihr klar, warum Bernstein der Sage nach auch als die Tränen der Heliaden , der Töchter des Sonnengottes Helios
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