Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
murmelte er und erhob sich. Mit schweren Schritten ging er zurück zur Tür. Kurz davor hielt er inne und wandte sich noch einmal mit ernster Miene um. „Tut mir leid, Fritz. Das Mädchen werde ich nicht verschonen können. Du hättest sie nicht in die Sache reinziehen dürfen.“
Thalberg schreckte im Flugzeug von seinem Sitz hoch. Er musste eingeschlafen sein. Er schluckte trocken und sah durch das kleine Bordfenster in die Dunkelheit.
Nur noch du bist übrig. Du bist der Letzte, der das Geheimnis kennt.
Bis auf Maria, ging ihm plötzlich durch den Kopf. Doch Maria wusste nicht, wo sich das Bernsteinzimmer befand. Und eigentlich zählte sie auch nicht. Sie war nichts weiter als eine dumme Stabshelferin. Wäre er damals rechtzeitig durch die russischen Linien zurück nach Königsberg gelangt, wäre sie aus der eingeschlossenen Stadt nicht mehr herausgekommen. Er hatte ihr strikte Befehle erteilt. Sie sollte an der Seite des Museumsdirektors in Königsberg bleiben, damit der Gauleiter keinen Verdacht schöpfte. Vielleicht hätte sie den Sturm der Roten Armee auf Königsberg gar nicht überlebt, aber das raffinierte Weibsstück hatte Falkenhayn in kürzester Zeit den Kopf verdreht und sich so eine Fahrkarte in die Freiheit verschafft. Er holte aus seiner Tasche das Bernstein-Amulett hervor, das seine Männer ihm gegeben hatten. Seit 1945 hatte Fritz es immer bei sich geführt. Wie oft hatte er dieses alberne Geschenk sehnsüchtig betrachtet. Thalberg hatte ihm deswegen Vorhaltungen gemacht, genützt hatte es nichts. „Obwohl sie dich verlassen hat, hast du sie bis in den Tod geliebt“, sagte er leise. „Ich werde dir das Amulett mit ins Grab werfen, Fritz.“
Je länger er das Amulett durch seine Finger gleiten ließ, desto mehr keimte Zweifel in ihm auf. Konnte ihm eine fast neunzigjährige Frau gefährlich werden? Sie war immerhin das einzige Mitglied der Organisation, das sich offen gegen ihn gestellt hatte und noch am Leben war. Ob Falkenhayn sie ins Vertrauen gezogen hatte? Er konnte sich das nur schwer vorstellen. Fritz hatte gesagt, dass er das Geheimnis um das Bernsteinzimmer niemandem verraten hatte, und doch hatte er ihn getäuscht. Der alte Narr hatte während ihrer Unterredung im Chalet mit keinem Wort erwähnt, dass das Mädchen und Parker nicht weit von ihnen entfernt in der alten Almhütte saßen. Erst als Thalberg die Hütte vorsorglich in Augenschein genommen hatte, war ihm klar geworden, wie nah er den beiden Flüchtigen gekommen war. Fassungslos hatte er im Holzhaus vor dem großen Tisch gestanden und auf die Bernsteinarbeit geschaut, die Fritz ganz offensichtlich aus dem Bernsteinzimmer entwendet hatte.
Nachdem seine Männer die beiden Rucksäcke durchsucht hatten, bestand kein Zweifel mehr, dass es sich bei den Besitzern um einen Mann und eine Frau handelte. Leider war es ihnen mangels Passwort nicht gelungen, den Laptop zu starten. Ahnungsvoll hatte er einen Mann nach unten zu den beiden Geländewagen geschickt und zehn Minuten später per Telefon die Bestätigung dafür erhalten, dass ihm das Mädchen und Parker erneut entwischt waren.
Die deutsche Polizei fahndete zurzeit im Zuge der Amtshilfe verdeckt nach einem Landrover Baujahr 1952, aber davon versprach sich Thalberg nicht allzu viel. Er nahm einen Schluck aus seinem Glas, was den Zorn über den Misserfolg ein wenig linderte. Wir machen einfach zu viele Fehler, räumte er sich selbst gegenüber unumwunden ein. Seine Gedanken wanderten erneut zu Maria. Diesmal würde er kein Risiko eingehen. Er schaute auf die Uhr und biss die Zähne zusammen. Noch über eine Stunde war er in diesem Flugzeug gefangen, von jeder Kommunikation abgeschnitten.
Kapitel 37
Zoé steuerte den Jaguar mit durchgedrücktem Gaspedal über die französische Autobahn. Aus den Augenwinkeln registrierte sie die Hinweisschilder. Nur noch wenige Kilometer bis Metz, der alten Industriestadt, in der sich ein wahrer Schatz verbarg: Chagalls wundervolles Kirchenfenster in der gotischen Kathedrale. Zu einer anderen Zeit hätte sie gerne einen Abstecher in die Stadt gemacht, aber heute blieb ihr nichts anderes übrig, als den Wagen, so schnell es ging, voranzutreiben. Denn bis zu ihrem Zielort in der Bretagne lagen noch über achthundert Kilometer vor ihnen.
Trübe Gedanken kreisten in ihrem Kopf. Früher oder später würden die Verbrecher den fehlenden Wagen entdecken und vielleicht sogar die Almhütte aufsuchen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wäre die Jagd auf sie
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