Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Atem, während der Wagen abrupt an Geschwindigkeit verlor. Zoé hatte eine Vollbremsung hingelegt, die den Jaguar mit quietschenden Reifen über die Autobahn schlittern ließ. Nach ein paar Sekunden, in denen er den Wagen schon gegen die Leitplanken krachen sah, brachte sie den Jaguar schließlich auf dem Standstreifen zum Stehen.
Aufgelöst schaute sie ihn an. „Du bist die ganze Zeit heimlich im Auftrag der Bundesregierung unterwegs?“ Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, und er begann, sich unter dem messerscharfen Blick unwohl zu fühlen, aber immerhin konnte er wieder atmen. „Du steckst mit der Regierung unter einer Decke und sagst mir nichts?“
„Nicht mit der Regierung, nur mit der Kanzlerin – und schon gar nicht unter einer Decke!“
„Warum hast du mir das verschwiegen?“
„Ich hielt es bisher für unwichtig.“
Er fragte sich, ob es vielleicht besser gewesen wäre, ihr schon früher vom Gespräch mit der Kanzlerin zu berichten. Er erinnerte sich allerdings an keine Gelegenheit, seit er Zoé kennengelernt hatte, die hierfür wirklich passend gewesen wäre.
Sie presste die Lippen aufeinander und blickte mit ernster Miene aus dem Fenster. Angestrengt schien sie den Sternenhimmel zu beobachten. Das Licht des Mondes modellierte ihr ebenmäßiges, ernstes Gesicht wie ein Kunstwerk. Es stimmt, dachte Parker. Manche Frauen sehen hinreißend aus, wenn sie sauer sind. Er versuchte, einen möglichst betroffenen Gesichtsausdruck zu machen.
Sie drehte sich wieder zu ihm um, und er spürte, wie ihre Augen ihn förmlich durchbohrten. „Bist du ein Geheimagent oder so was?“ Ihr Tonfall war ohne jede Melodie.
„Nein. Ich bin seit Jahren Professor an der Uni Heidelberg. Vorher habe ich ein paar Jahre für eine große Organisation gearbeitet, allerdings nicht für die CIA, sondern die OSZE. Zurzeit berate ich die Kanzlerin in einigen kunstrechtlichen Fragen und tingle mit einer jungen Journalistin durch Frankreich.“
In ihren Augen loderte ein stahlblaues Feuer. „Du bist nur hier, weil du das Bernsteinzimmer finden willst. Du hast dich an mich rangemacht, um deinen Geheimauftrag zu erfüllen.“
Er war fassungslos. Wie konnte sie bloß glauben, dass er nur wegen der Kanzlerin hier war? „Zoé! Ich suche das Bernsteinzimmer, weil ich wissen will, wer Anne ermordet hat, und weil du mich in deine Suite gelockt hast, wo ich übrigens fast umgebracht worden wäre.“ Er holte einmal tief Luft. „Und dann bin ich mit dir nach Bayern gefahren, weil du mich darum gebeten hast. Leider hattest du vergessen, die unbedeutende Kleinigkeit zu erwähnen, dass in den Bergen ein schießwütiger Irrer mit seinem Gewehr auf mich wartet und dass es in deiner Umgebung auch sonst nur so wimmelt von gemeingefährlichen Killern.“
Sein Vortrag schien sie wenig zu beeindrucken. Unruhig trommelte sie mit den Handflächen auf das Lenkrad und konzentrierte sich danach wieder auf die hell leuchtenden Himmelskörper über ihr. Erst nach einiger Zeit warf sie ihm einen tiefen Blick zu und sagte laut: „Du bist ein Spion, Benjamin Parker.“
Anstatt sich erneut zu rechtfertigen, lächelte er sie an. „Dann hast du vorhin einen Spion geküsst.“
Er näherte sich ihr, woraufhin sie zur Tür rutschte.
„Hör zu, Zoé. Ich erzähle dir, was mit der Kanzlerin war.“
Sie neigte den Kopf zur Seite und musterte ihn unter halb geschlossenen Lidern mit einem skeptischen Blick und nickte.
Ausführlich berichtete er ihr von seinem Treffen im Bundeskanzleramt. Auf ihrer Miene verwandelte sich der Ärger allmählich in Verblüffung.
„Das heißt, dass die Bundesregierung bereits von den Gerüchten um die Existenz des Bernsteinzimmers gehört hat?“
„Wahrscheinlich von noch weitaus mehr.“
„Du meinst, die Kanzlerin wusste bereits von Annes Kontaktaufnahme mit dem BKA und ihrer Suche nach dem Bernsteinzimmer, als sie dich beauftragt hat?“
„Da bin ich mir ziemlich sicher. Sie wusste von Annes Tod, also war sie auch über ihre Aktivitäten im Bilde. Der Kanzlerin war mit Sicherheit klar, dass Anne wegen des Bernsteinzimmers umgebracht worden ist.“ Nachdenklich schaute sie ihn an. „Sie konnte sich leicht ausrechnen, dass du Nachforschungen über Annes Tod anstellen würdest. Durch den Geheimauftrag hat sie dich an sich gebunden, für alle Fälle.“
Parker hatte noch eine andere Vermutung. „Möglicherweise bin ich eine Art Lockvogel.“
„Dann hätte sie dich überwachen lassen. Aber im Adlon war von Polizei
Weitere Kostenlose Bücher