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Der Königsschlüssel - Roman

Der Königsschlüssel - Roman

Titel: Der Königsschlüssel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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konzentrieren, verschwand es wieder.
    »Mhm.« Die Hexe nahm den Topf, in dem sie gerührt hatte, und stellte ihn auf einen großen, dreieckigen Tisch hinter sich, auf dem drei Teller standen. »Und ein Klippengeier hat ihn gestohlen? Sehr interessant. Da habt ihr euch ja einiges vorgenommen. Ein Klippengeier ist nicht leicht zu fangen, besonders dieser nicht, wenn man bedenkt, wem er gehört.«
    »Er gehört jemandem?«, fragte Vela aufgeregt.
    »Aber ja, Mädchen, hat euch das keiner gesagt?«
    »Nein.«
    »Nun, das hätten sie aber tun sollen, so wisst ihr ja gar nicht, mit wem ihr euch anlegt.«
    »Anlegt?« Velas Stimme wurde lauter, was redete die Frau da, wieso gehörte der Vogel jemandem?
    Die Hexe antwortete nicht, drehte sich um und füllte die Mahlzeit in die Teller. Es handelte sich um eine dunkle Suppe, eine Art Eintopf, doch woraus er gekocht war, konnte Vela nicht erkennen. Irgendein Gemüse, wie es schien. Auch der Geruch war ihr fremd, vielleicht handelte es sich um eine Kohlart aus dem Westen. Die Händler hatten immer behauptet, es gäbe nördlich von Kerburg mindestens zwei Dutzend verschiedene Sorten Kohl. Fleisch schien der Eintopf jedenfalls nicht zu enthalten.
    Alle Gedanken an die Wandkästen im Nebenraum versuchte sie zu verdrängen.

    »Setz dich.« Die Hexe deutete auf einen freien Stuhl. »Iss erst einmal richtig, dann können wir weiterreden. Man muss immer gut zu Mittag essen, nicht wahr? Wie will man sonst die zweite Hälfte des Tages schaffen?«
    Cephei und Urs folgten der Anweisung, während Vela sie ansah, als hätten sie den Verstand verloren. Wie konnten sie sich hier hinsetzen und die Löffel in die Hand nehmen, sie wussten doch gar nicht, was in dieser Suppe schwamm. Vielleicht wollte die Hexe sie vergiften, möglicherweise war ein Betäubungsmittel darin, das sie schläfrig machte. Und wenn sie erst einmal schliefen, hätten die Hexe und der Elf leichtes Spiel mit ihnen.
    »Nein«, sagte Vela fest und verschränkte die Arme. »Wir müssen sofort weiter, wir haben keine Zeit.«
    Die Hexe sah sie mit schräg gestelltem Kopf an. »Aber Kind, du musst etwas essen, so kannst du keine weite Reise unternehmen. Du bist noch jung und brauchst die Kraft.«
    »Ich will nicht.«
    »Jetzt setz dich endlich hin, du dummes Ding«, zischte die Hexe und wedelte mit den Armen. Ihre Brauen hatten sich so weit zusammengezogen, dass sie sich über der Nasenwurzel trafen, und die Lippen waren fest zusammengepresst.
    Vela schüttelte den Kopf, aber da tippte ihr der Elf mit der Pfeilspitze in den Rücken. »Setzen«, sagte auch er.
    Vela überlegte kurz, was ihr lieber war, Pfeil oder Gift, aber sie fand beides wenig schön. Also trat sie zum Tisch, um Zeit zu gewinnen. Als sie neben Urs stand, zog der sie einfach auf einen Stuhl und schob ihr einen Teller hin. Sie war viel zu schwach, um sich seiner Kraft zu widersetzen.
    Dann drückte er ihr den Löffel in die Hand. »Iss doch etwas, Vela, das wird dir sicher guttun.«

    »Ich hab aber keinen Hunger«, erwiderte sie und wurde sofort widerlegt, weil ihr Magen vernehmlich knurrte. Der Bär lachte gutmütig und begann, genau wie Cephei, seine Suppe zu essen, während die Hexe danebenstand und zusah.
    Einen Moment lang wartete Vela noch, aber weder Cephei noch Urs krümmten sich vor Schmerzen auf dem Boden, schliefen ein oder verdrehten die Augen, und es trat ihnen auch kein Schaum vor den Mund. Also tauchte sie ebenfalls den Löffel in den heißen Eintopf.
    Der erste Löffel war nur halbvoll, und vorsichtig flößte sie sich nur einen winzigen Schluck in den Mund. Es war tatsächlich eine Kohlsuppe. Zuerst süß, dann aber ein bisschen bitter im Nachgeschmack. Schmeckte nicht schlecht, musste Vela zugeben. Sie nahm einen zweiten Löffel, auch dieses Mal löste der Eintopf keine Schmerzen bei ihr aus, nur dieses wohlige Gefühl, wenn ein hungriger Magen gefüllt wird.
    »Na bitte.« Die Hexe drehte sich wieder zum Herd, um erneut in den Töpfen zu rühren. Der Elf setzte sich auf einen Stuhl an der Wand, den Bogen auf den Knien, und beobachtete misstrauisch die Gäste.
    »Du hast immer noch nicht geantwortet«, richtete Urs das Wort an ihn.
    »Worauf denn?«
    »Ich frage dich jetzt schon zum dritten Mal, was ein Elf bei einer Hexe macht.«
    Die Hexe blickte auf und Urs intensiv an, der entschuldigend die Hände hob. »Verzeihung«, dann stockte er, weil er keine andere Bezeichnung für die Frau fand.
    »Schon gut, ich bin ja eine Hexe, das vergesse ich

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