Der Kofferträger (German Edition)
kleinen Auto kehrte Atom zurück in die Estancia von Maria Blaugut. Das Licht brannte in ihrem Zimmer, und sie las ein Buch. Angeregt durch die Dorfhochzeit, freute er sich auf die nackt im Bett auf ihn wartende Frau. Die Party zu zweit beendete den außerordentlich erfolgreichen Abend.
Maria Blaugut atmete erlöst durch, als ihr die Nachricht von dem Schlangentod des Pedro Alberta während der Hochzeitsfeier am nächsten Tag zugetragen wurde. Nur einmal zögerte sie einen Moment. Sie benutzte das Auto und entdeckte den verschlossenen Behälter. Nachdenklich hielt sie das Gefäß in ihren Händen, erkannte einige ihr wohlbekannte Spuren daran.
In der deutschen Kolonie lief das Gerücht um, Alberta hätte selbst Schuld an seinem Tod. Seine ewigen Saufereien, sein angestrengtes aggressives Leben hätten ihn an diesem Abend eingeholt und zu Tode gebracht. Die etwas Frömmeren unter den Menschen sprachen davon, Carlos hätte sich aus dem Jenseits gerächt. Maria und Atom gingen nun einer glücklichen Zukunft entgegen. Nahezu jedermann in der deutschen Kolonie hatte Verständnis für die schnelle Entscheidung der Maria Blaugut. Alleine hätte sie nicht die Estancia bewirtschaften können.
Strah len verliebte sich in die Rinderfarm und ihre Besitzerin. Seine Kontakte nach Deutschland wurden zusehends schwächer bis auf den Austausch von Erbscheinen.
*
Es war nur eine Frage, wohin die Gelder gebracht werden müssten und welche Kontobewegungen stattzufinden hätten. Mit tiefster Überzeugung sprach H. B. im vertrauten Kreis von der Einsicht der Auslandsdeutschen. Sie würden alles Notwendige für den Erhalt der bestehenden Regierung in Berlin tun. Die ernsthaft ausgedrückten Dankesworte an die vielen Erblasser aus fremden Ländern ließen Schütz erstaunt die Tragweite des Geschehens erkennen. H. B., bestätigt durch den reibungslosen Fortgang der Zahlungen, war von der existierenden Wirklichkeit der Erbscheine völlig überzeugt. Er hatte für alle Dinge im Leben seine eigene Realität. Er bastelte sie sich zurecht und ließ sie durch nichts und von niemandem nehmen. Das gestaltete sein Leben einfacher.
Das waren allesamt die Erkenntnisse, die Schütz den Worten und Bemerkungen seiner verschiedensten Gesprächspartner entnommen hatte. Zusätzlich las er die Berichte, die ihn aus Paraguay erreichten. Strahlen machte sich ein genüssliches Leben, wie er glaubte, sorgenfrei und ohne Konflikte. Nach ein paar Wochen glättete sich die Unruhe, alles lief seinen gewohnten Gang.
B ei diesen Gedanken wurde Schütz in seinem Büro von dem Phantom überfallen.
Gerade noch hatte er den Kopf über den Lebenswandel des Dr. Strahlen geschüttelt, als es an die Tür seines Büros klopfte. Sein ‚Ja, bitte‘, war wohl nicht laut genug, und es klopfte noch einmal.
„ Bitte kommen Sie herein“, rief er. Noch blätterte er in seinen Unterlagen. Als er den Blick erhob und den Ankömmling erkannte, traf ihn ein Tritt in die Seite unterhalb der Rippen. Ein Faustschlag in die Magengrube ließ ihm die Übelkeit wieder hochkommen. Sein Kiefer und das Nasenbein schmerzten, als hätte er einen Schlag mit einem Hammer erhalten. Wie gelähmt, blieb sein Mund offen, seine Stirn runzelte sich bei all den vielen Zweifeln, die durch seinen Kopf jagten. Der Anblick hatte genügt, um all die Schmerzen aufs Neue aufkommen zu lassen.
„Na, wollen Sie mich hereinbitten, oder ist man in Berlin immer so unfreundlich“?
Pedro Alberta.
Das war unmöglich, nicht zu fassen. Schlanker und eleganter als er ihn zuletzt gesehen hatte, ohne Zweifel aber der von der Jarará umgebrachte Pedro Alberta aus Paraguay. Das Grab musste ihm gut bekommen sein. Ohne zu fragen, hockte sich der Bursche auf den Gästestuhl und starrte Schütz grinsend an.
„Da staunen Sie. Ich bin von den Toten wieder auferstanden. Na und? Das soll passieren, vor allen Dingen kennt doch Ihre Partei derartige Vorkommnisse.“, überheblich und aggressiv wie immer tat er so, als seien es die selbstverständlichsten Neuigkeiten.
Noch ließ ihn die Gänsehaut über seinem Rücken erschauern. Die Kälte der Angst erschütterte sein Selbstbewusstsein. Schütz brauchte eine Weile, die Fakten zu erkennen. Er versuchte es über Umwege und mit hilflosen Gesten, ob der Gast einen Kaffee wollte und wie es ihm denn so ginge.
„Na, Sie sind wenigstens überrascht. Ich bin einfach hergekommen, um mich bei Ihnen zu entschuldigen“, dabei lachte er so laut, dass die Sekretärin zur
Weitere Kostenlose Bücher