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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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erträumen konnte.
     
     
    *
     
    Als Zeitbombe tickte die Planung anderer in ihm. Wie in einem Drehbuch lief in den folgenden Minuten, Stunden und Tagen die nächste Szene seines Arbeitslebens ab. Der Alte predigte wieder einmal bei einer Wahlveranstaltung von Umkehr und „geistig moralischer Wende“. W.B. war auf Geldsammeltour mit dem „Verein mittelständischer Unternehmer“. Schweiger rief programmgemäß an. In seiner herrischen Art diktierte er einen neuen Koffertermin. Und wieder ging alles derart schnell, dass Schütz gerade noch Hotel und Spesengeld beschaffen konnte. Der Treffpunkt war diesmal Vaduz in Liechtenstein.
     
    Er kurvte bald in der Hauptstadt des Alpenstaates ein, dem Königreich für Finanzjongleure. Jürgen Schütz, ein konspirativer Schwarzgeldbote. Seinen Wagen parkte er in der Nähe der Bank Hengstenberg & Co, auf der Zürcher Str. 23. Neben der Bank lag die Treuhandgesellschaft, ‚Vaduz Confidenzial‘, unter der Hausnummer 25. Schütz lief durch die Stadt und nahm sich vor, sie zu erkunden. Mit Banken waren die Straßen übersät, ebenso wie mit Latten von Messingschildern an den Innenflächen der Hauseingänge, klein und gedämpft. Steueroasen für Kofferträger, Waschanlagen für Bar- und Schmiergeld. Einige der Schilder übertrug er in sein Notizbuch. Dann entdeckte er das Werk in einer Buchhandlung. Es hatte den bezeichnenden Namen „Treuhand Vaduz“ mit den Adressen von allen Banken, Treuhändern und Steuerberatern. Was das Buch nicht beinhaltete, waren die Verquickungen und Verwicklungen des Treuhänders A mit der Briefkastenfirma B und diese wiederum mit der Bank C. Das aber erst machte das Untergrundgeschäft des ansässigen Kapitalmarktes aus. Ohne sich auch nur einmal räumlich und körperlich zu bewegen, wurden hier die schwarzen Milliarden hin- und hergeschoben, bis sie nicht mehr erkennbar als gewaschenes Normalgeld zurückfließen konnten.
    Wieder um sechzehn Uhr – wie sich die Gewohnheiten angleichen – betrat er das Bankgebäude „Hengstenberg & Co.“. Eine wundervolle große Empfangshalle, gläsern von vorne bis hinten, beinahe auch von oben bis unten. Nur von draußen hereinschauen, das ging nicht. Die konservativen Bankschalter hatten den Charakter von kleinen Büros mit gemütlichen Sitzecken angenommen, vor allem mit schallsicheren Wänden. Das Gedränge war nicht so groß wie bei den Kleinanlegern mit Sparkonten am Bankschalter. Hier schoben nicht eintausend Leute ihre wenigen Hundertmark Scheine über den Tresen. Hier verschacherte ein Kapitalakrobat mit einem Federstrich Hunderte von Millionen an einen anderen Ort.
    Eine große bequeme Sitzgruppe mit einem kleinen Tischchen, vier Sesseln und noch eine zweite gleiche Gruppe. Sie luden direkt neben der Eingangstür zum Ausruhen vom vielen Geldtransport ein. Schweiger in einem hellbraunen Anzug, mit gelber Krawatte und seeblauem Hemd, ganz der noble Geschäftsmann erschien. Er wehte wie ein Sturm ein und ließ sich prustend wie ein Wahlross in einen Sessel fallen. Sie tranken einen Kaffee, von einer jungen Dame offeriert, mit geilem Blick von Schweiger verfolgt und ausgezogen. Bald wurden sie abgeholt und stiegen eine schmale Wendeltreppe zwei Etagen unter die Erde.
    „Ein uraltes Gebäude“, hielt Schweiger seinen Vortrag über die schmale Treppe, die den Rundling beinahe nicht hindurch ließ.
    „Man sparte das Geld für einen vernünftigen Aufzug. Zwischen den Liftwänden könnten wir glatt übersehen, wie ehrwürdig das alles hier ist. Vielleicht auch feiert der Geiz ‚fröhliche Urständ‘. Dabei quälte er sich die Stiegen hinunter und schnaufte wie ein alter Büffel.
    „Und hier sitzt der Kern des Lebens“, lachte Schweiger gut gelaunt.
    Tief unter der Erde betraten sie das Allerheiligste, eine riesige Halle aus glitzerndem Metall mit Tausenden platinfarbenen Türchen und Türen. An den vier Seitenwänden versteckten unzählige Schließfächer das Vermögen und verbargen den Betrug der Welt. Es glitzerte von Stahl und blank polierten Chromschlössern. An der Stirnseite lagen die größten Fächer, die das Ausmaß eines quergestellten Aktenkoffers übertrafen. Der Bankbeamte zelebrierte seinen Schlüssel, den Zweiten steckte Schweiger, erfahren genug, hinein, und das Schloss sprang auf.
    „Nicht mehr als zehn Minuten“, befahl Schweiger dem Banker.
    Schütz schaute sich fragend um.
    „Ich warte draußen“, duckte sich der Beamte. Durch eine metallene Gittertür zog er sich aus dem großen

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