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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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Saal zurück, verschloss das Stahlgerüst und entfernte sich außer Sichtweite. Schütz sah es dem Schmierenkomödianten an. Hier fühlte er sich zu Hause. Das war sein Reich. Hier hatte er eine unglaubliche Präsenz.
    Schweiger zog die Tür an dem Schließfach auf, legte sie bis zum Anschlag auf die Seite. Aus dem Fach leuchtete ihnen ein Belosio-Koffer entgegen, den er andachtsvoll herausnahm und bedächtig auf einen kleinen Arbeitstisch legte. Für Schütz barg dieser Koffer die Seuchen der Welt. Er hätte sich wohler gefühlt, wenn er Mundschutz und Atemmaske getragen hätte. Zumindest würde er für das nun folgende Gummihandschuhe benötigen.
    Schweiger legte inzwischen den leeren Koffer aus Berlin sorgfältig in das Schließfach, ließ die Schlösser einschnappen. Vor dem Arbeitstisch nahmen er und Schütz Platz. Der Koffer war verschlossen und der Geldhändler hatte einige Mühe, ihn zu öffnen. An jeder Seite forderten die Nummernschlösser je einen eigenen Code. Gleichzeitig war ein Spezialschlüssel für jedes Schloss zu drehen. Eine aufwändige Öffnungszeremonie.
    „H.B. kennt den Code nicht und hat die Schlüssel nicht. Sie müssen sich die Ziffernkombination also merken und den Vorgang üben“, Schweiger hatte sein herrisches Gebaren für einen Augenblick abgelegt. Vertraulich steckten sie die Köpfe zusammen und versuchten, erfolgreich mit den Schlössern umzugehen. Bei dieser ‚engen‘ Zusammenarbeit sah Schütz seine Zeit gekommen.
    „Ist ja alles schön und gut“, sprach er ganz leise, „aber warum überweisen Sie den Betrag nicht von einem Anderkonto auf ein anderes Anderkonto, und das alles innerhalb von Vaduz?“
    „Ja, warum?“, fragte er nur und machte sich wieder an den Schlössern zu schaffen.
    „Wirklich, warum? Mein Chef erwartet eine Antwort.“
    „So? Sie müssen ihm eine Antwort geben? Dann fragen Sie ihn doch selbst, bevor Sie ihm eine Antwort geben. Es ist schließlich seine Entscheidung. Mir hat er bisher immer eingehämmert, nur Bargeld lacht. Jede andere Form ist nachvollziehbar. Er hat bei diesen Geschäften noch immer zu viel Angst in der Hose. Pardon, verehrter Herr Schütz, ich wollte sagen, er ist zu vorsichtig.“
    „Eher ist es nachvollziehbar, wenn ich unterwegs einen Unfall baue, und die Penunzen die Autobahn pflastern.“
    „Machen Sie das Ihrem Boss klar. Er ist kaum davon abzubringen.“
    „Ich reise gerne in die Schweiz oder nach Liechtenstein. Der Weg mit dem Auto ist aber auch verdammt weit.“
    „Nun, wenn sie gerne reisen, dann können Sie ja noch ein paar Mal kommen. Ich denke, in der nächsten Zeit stehen in Berlin wichtige Entscheidungen an. H.B. hat schon gewusst, warum er Sie für diesen Posten bestimmt hat. Er brauchte eine vertrauenswürdige Person, die über die politische Verknüpfung hinaus noch eine familiäre Bindung hat. Die ‚Familia’ lässt grüssen. Sie stellten die beste Wahl dar. H.B. hat Sie seit Ihrem Studium beobachtet und seiner Nichte immer wieder bei Besuchen eingeredet, was sie doch für ein toller Bursche seien, so hat er mir das erzählt.“
    „Ach, so kam das“? Schütz‘ belanglos klingende Frage stand in keinerlei Zusammenhang zu seinen teuflisch verletzten Gefühlen.
    „Sie hatten wirklich Glück. Sie flößten Vertrauen ein. Sie wurden buchstäblich gekauft, wenn ich das so sagen darf. Wie ein Fußballspieler für eine bestimmte Position.“
    „Ach, so war das?“ bemerkte Schütz wieder kühl. In seinem Kopf begann die Erkenntnis einer konspirativen Suppe zu brodeln.
    „Ich stimme zu, die Wahl war nicht schlecht“, bestätigte er sich selbst.
    Es war an der Zeit, mit mehr Freundlichkeit zu antworten.
    „Welches Glück ist mir doch zusätzlich beschert. Ich liebe meine Frau Anita grenzenlos.“
    „Ja, ja, sie liebt Sie auch. Das hat sie immer wieder beteuert. Sie hat außerdem volles Vertrauen zu Ihnen, was den Clan anbelangt.“
    „Was den Clan anbelangt, ja natürlich“, Schütz wollte nicht länger den Unwissenden spielen. Alle seine Äußerungen mussten normal klingen. Dennoch hatten die letzten Worte sein seelisches Genick gebrochen.
    Endlich hatte er den Koffer geöffnet. Wieder floss das Belosio Produkt über von Bündeln neuer Zweitausender Scheine, je Bündel von einer Banderole umwickelt.
    „Na, Jungs, bleibt schon drin“, lächelte Schütz. „Ihr kommt noch rechtzeitig heraus.“
    „Es sind wieder fünf Millionen für H.B., wir sollten sie einmal nachzählen, stichprobenweise“, sagte

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