Der Kofferträger (German Edition)
bewenden.
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„Die muss ich haben.“ Bei Grabowski zeigte Jürgen das an seinem Rechner vergrößerte Bild des Schlüsselbundes, den er unbedingt brauchte. „Können Sie mir davon die Schlüssel passgenau machen?“
„Kann ich nicht“, lächelte Grabowski.
„Habe ich mir gedacht“, folgerte Schütz. „Dann eine nächste Frage. Können Sie einen Schlüsselbund herstellen, der diesem hier genau gleich sieht, sodass der Austausch nicht bemerkt werden kann?“
Spätestens jetzt begab er sich in eine Situation, die ihn Kopf und Kragen kosten könnte, durchfuhr es ihn.
Grabowski betrachtete das Foto unter einer Lampe sehr sorgfältig, nahm eine Lupe zur Hand und schaute auf so viele Details wie möglich. Nach zwei Tagen hatte Schütz den vollständigen Schlüsselsatz, der dem ersten bis ins Detail glich. Nur wenn jemand damit hätte schließen wollen, würde er die Fehler feststellen.
Den nächsten Besuch bei Martin machte er im Anschluss an eine der Liechtensteinreisen. Er brachte dem Hausmeister eine Flasche italienischen Weines mit. Sie unterhielten sich freundlich, als Martin, wie insgeheim erwünscht, einmal zu einer kleineren Störung gerufen wurde. Wahrscheinlich nur eine Fehlschaltung, wie er sich ausdrückte. Er wäre in spätestens zehn Minuten zurück. Wenn Herr Schütz so lange warten wollte? Jürgen wollte.
Mit zitternden Händen tauschte er den Schlüsselbund mit den Kellerschlüsseln gegen seine Kopie aus. Als Martin zurückkehrte, blätterte Schütz in einer Zeitung, die er auf dem Besuchertisch gefunden hatte. Die Magazinseiten vibrierten leicht.
Grabowski hatte nach einem weiteren Tag die Schlüsselmannschaft fertiggestellt und versicherte seinem Auftraggeber, nicht einmal der Eigentümer würde den Unterschied bemerken. Er könnte sogar die Passgenauigkeit garantieren, sofern sie denn in die richtigen Schlösser gesteckt würden.
„Beim Ableben des Erblassers ist es ja auch wichtig, direkt an das Erbe heranzukommen“, lächelte er wissend.
„Wie bitte“, fragte Jürgen.
„Na, ihr Onkel.“
„Ach so, ja, ja.“
Der Rücktausch des Schlüsselbundes in dem Wandschrank ging ebenso problemlos vonstatten, wie beim ersten Mal. Jürgen Schütz war vorbereitet, in die Katakomben hinab zu steigen.
Zählte er ab jetzt in zunehmendem Maße zu den Kriminellen, fragte er sich.
13 Hinweis beim Bier
Wann würden die Gelage endlich ein Ende finden?
Wie eine weitere Sucht griffen sie um sich. Mindestens zwei Mal im Monat, oft mehr, war sein Heim bevölkert mit all den erfolgreichen ’Mamas‘ und ‚Ritinis‘. Für seine Freunde saß er an der Quelle zur Macht, durch den direkten Kontakt zu H.B. Dagegen rechnete sich Schütz aus, von dem einen oder anderen aus seinem Freundeskreis könnte er Informationen bekommen, die ihn vorher nicht so sehr interessiert hatten. Die Gespräche tummelten sich um Schönheit und Ansehen, Reichtum und ‚Geldmachen‘. Ein beliebter Sport galt dem ‚Täuschen‘ des Finanzamtes. Bei diesen Gesprächen nahm beinahe niemand ein Blatt vor den Mund.
Heute liefen sie in verschiedene Richtungen. Eine Gruppe an seiner Linken tauschte sich aus über Sport und Vergnügungen.
„Warst du am letzten Freitag mit meinen Vorbereitungen zufrieden? “, richtete Claudia, eine selbstständige Designerin, ihre Frage an Anita. Seine Frau erschrak ob der gestellten Frage, bedankte sich überschwänglich für die treuen Dienste, die ihr sehr geholfen hatten.
Ein Bild von der Freitreppe einer Vaduzer Bank durchkreuzte das Gehirn des Hausherren. Letzter Freitag war sein Besuch in Liechtenstein gewesen, dort hatte er noch an die Nachwirkungen des blauen Dunstes in seinem Kopf geglaubt. Wo war Anita wirklich gewesen? Für Schütz erhielt der Abend einen dramatischen Wendepunkt. Hölzern begann er sich zu bewegen, sein Gesicht wurde steif, sein Lächeln erfror zu einer Grimasse. Er hörte überall zu, doch nur halb. Seine Gedanken sahen eine Frau vor einer Treuhandbank.
Gegen Ende der Party versammelte sich der klägliche Rest der noch Anwesenden in dem Flur zwischen Küche und Salon. Die Gespräche erreichten die besinnliche Ruhe der Vertrauten. Edmund Vogel, Vorsitzender der PCD Berlin Brandenburg, suchte das persönliche Gespräch mit Jürgen.
„Das Parteileben ist schwer, und ich habe den Eindruck, es wird von Tag zu Tag schwerer.“ Er flüsterte wie in konspirativer Absicht. „Wenn ich deinen Job richtig verstehe, hast du täglich Umgang mit viel
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