Der Kofferträger (German Edition)
mit Gudrun Meissel und Jörg Schnallboom tauschen. Die beiden Männer sollten ursprünglich zusammenwohnen, ebenso wie die beiden Frauen. Ihr geplantes Arrangement würde funktionieren. Jetzt rotierte sie im Wettbewerb mit dem Mond um die Erde. Zwischen acht und neun Minuten wäre sie jedes Mal als leuchtender Stern von Nickolskoe aus zu sehen. Das waren ihre Gedanken und vorbereitenden Taten der letzten Tage gewesen. Indes sich Jürgen mit profaneren Geldgeschäften herumschlug.
*
Pünktlich traf er Schweiger, schenkte dem Spendenvirtuosen ein sarkastisches Lächeln. Mit einem überheblichen Zucken um die Mundwinkel fragte er nach dem Urheber der diesmaligen Spendenbeute.
„Namen verstellen oft den Blick auf das Wesentliche“, atmete der rundliche Geldtransformator tief durch. „Es geht um die Erhaltung der Welt, um den richtigen Weg der politischen Willensbildung. Andere sagen dazu, in Berlin spiele das Weltorchester. Es geht um den geraden Weg, und den gehen wir jetzt“, spann er seine verworrenen Fäden. „Nehmen Sie einfach an, die Spende ist vom Prostituiertenverband in Liechtenstein.“ Die Spitze hatte er sich nicht verkneifen können.
„Und der richtige Weg, von dem Sie sprachen, ist mit Adenauer Porträts gepflastert“, bestätigte Schütz, ohne auf den lächerlichen Spendenursprung einzugehen.
Nicht eine Sekunde zeigte er seinen Ekel, den er gegenüber diesem Spendenpaten hegte. Das einmal begonnene Spiel brachte er jetzt zu Ende und fragte wie ein Bittsteller.
„Wie oft treffe ich meinen Chef nicht in seinem Arbeitsraum an. Schon manchmal lag eine Menge von dem Baren in dem Schrank, ich selber wusste schließlich nicht mehr, wo es herkam. Gibt es nicht eine einzige Möglichkeit, mit einem Merkzettel, den Schlüssel für den wirkungsvollen Zeitgenossen beizufügen?“
„Was wollen sie mit einem Merker für sauber gespendetes Geld“ ...,
... „ ein Professor Merker?“, fügte Schütz fragend an.
„Wie, was reden Sie da?“ stutzte Schweiger nur einen winzigen Augenblick. „Was wollen Sie mit einem Merker, der zu erkennen gibt, woher das Gras kommt. Die wahre Spende ist die verborgene Spende. Oder lassen Sie den Neger in Schwarzafrika wissen, dass er von Ihnen gefüttert wird? Der edle Mensch spendet, ohne sich zu outen.“
Das hat was für sich, dachte Schütz. „Die Millionen kommen also aus ungeahnten Quellen, nur einfach so, um völlig selbstlos zu helfen.“
„Na, ja, zumindest das gemeine Volk sollte nicht wissen, wer alles daran beteiligt ist.“
„Woran“, wollte der Kofferträger wissen, „an den Entscheidungen?“
Als hätte er die Worte nicht wahrgenommen, weil sie nicht zu seinem Repertoire gehörten, fuhr Schweiger längst fort.
„Wir arbeiten seit langer Zeit mit Regierungen und Staatsbetrieben zusammen. Der Präsident der Nationalversammlung selbst hat die Männer sorgfältig ausgesucht, die aus dem Geheimdienst kommend, die Unterstützung aus Paris überbringen. Sie haben es mir auf ein Anderkonto gelegt, läppische zwanzig Millionen für die Berliner, die an dem großen Handel teilgenommen haben. Ich selber als Initiator hab noch weniger bekommen. Hier sind es wieder einmal nur fünf, die Sie vertrauensvoll überbringen müssen.“
Er pflegte sich stets so auszudrücken, dass ihm nicht ein einziges Wort angelastet werden konnte.
„Ist der Deal denn schon abgeschlossen?“, fragte Schütz.
„Mein Freund, doch nicht. Noch nicht! Spenden ist eine ehrliche und legale Angelegenheit. Wer spendet, wenn der Deckel drauf ist? Da gibt es keinen Grund mehr. Noch niemals habe ich einen Spender erlebt, der mit seiner Spende nicht gleichzeitig politische Wünsche verknüpfte.“
„Man sagt, es müssten Firmen fast mit Gewalt gezwungen werden, das marode Unternehmen der Raffinerie zu übernehmen.“
„Alles Taktik , mein Freund, alles Taktik.“
„Es wird lang und breit erzählt, die Franzosen oder Italiener könnten nur mit politischem Druck dazu gebracht werden, das anstehende Unternehmen mit den fünftausend Beschäftigten zu kaufen. Also mit dem Druck der Präsidenten und dem Druck des Kanzlers. Das bringt schneller staatliche Gelder zum Fließen. Schließlich handelt es sich hier um eines der einstmals führenden neuen Unternehmen in Deutschland. Erstaunlich, wie schnell es den Bach runter gegangen war, obwohl doch so viel staatliches Kapital drin steckte.“
Schweiger machte in einer langen Pause seinem Namen Ehre. Lächelnd schaute er seinen
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