Der Kofferträger (German Edition)
unerfahrenen Partner an und bestätigte ihn dann.
„Gut, mein Junge, sehr gut. Ihre ‚ Fallstudien‘ können sich sehen lassen. Was meinen Sie, wo führt das hin?“
„Der Preis muss natürlich ein für die kaufenden Firmen erträgliches Maß erreichen. Für die Bundesrepublik ist es dann ein katastrophales Maß. Aber letztlich interessiert es niemand mehr, wenn sich niemand darüber echauffiert. So schieben sich die Politiker gegenseitig Unternehmen zu und lassen sie von der anderen Seite finanzieren.“
„Alle Achtung, mein Freund“, der Händler für die Fingerwaren lächelte gütig. „Zumindest kann man Ihnen ein gehöriges Maß an Kreativität zuschreiben, auch wenn das tägliche Leben manchmal anders verläuft.“
„Ja, warum“, fragte Schütz verärgert, „läuft es anders?“
„Warum sollte es nicht so laufen, wie Sie meinen? Überlegen Sie doch einmal selbst.“
Jürgen hasste dieses kluge Getue. Bisher hatte er noch kein einziges lohnendes Wort aus dem Mund des großen Schweigers erhalten, auch wenn er viel redete. Das Projekt, um das es hier ging, blieb wie in den meisten Fällen im Dunkeln. Die Vorgehensweisen ließen sich aber von Projekt zu Projekt austauschen. Schütz ahnte, dass er nur so bei jedem Projekt mitreden konnte.
„Die Vermittlungsprovisionen sind in diesen Deal als Beratun gshonorare eingebaut, auch wenn die Arbeit bei einigen nur einer Art Betriebsausflug an die Seine gleichen könnte. Z. B. soll es da eine Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium geben, die nur als gute Tante von H. B. bezeichnet wird, die zu allem fähig ist, nur nicht zu einem sachgerechten Urteil. Ihr Weg der Zustimmung müsste fein säuberlich gereinigt werden. Sie erhielt letztendlich neun Millionen. Viele Wege führen nach Rom, Verzeihung zum Erfolg“, gab der Geldhändler zu bedenken.
„Wie kommt all dieses Geld nach Berlin?“
Da brach Schweiger in ein erlösendes Lachen aus. „Sie tragen den Koffer, pardon, Herr Schütz, sie tragen natürlich die Verantwortung. Dazu nehmen Sie den Koffer in die Hand und reisen. Sie werden wohl noch ein paar Mal kommen müssen.“
„Ja, ja ein guter Witz. Ich reise gern“, bestätigte Schütz. „Gibt es keine größeren Koffer, in die einfach mehr hineingeht? Auf Dauer wird das langweilig. Ich hoffe, wir haben beim nächsten Mal ein wenig mehr Zeit, um uns noch etwas näher kennenzulernen. Ich mag Sie, Herr Schweiger. Ich hoffe sehr, sie sehen in mir auch einen angenehmen Partner.“
„Durchaus mein Freund. Wir sollten dann wirklich über Angenehmeres reden, als nur über Geld, Wegbereitung und Landschaftspflege.“
Oh Gott, welch infame Lüge von beiden Seiten, quälte sich Jürgen Schütz. Ich kann diesen Halsabschneider wirklich nicht ausstehen. Nicht eine Sekunde will ich zu lange bei ihm bleiben. Versteht er es doch ausgezeichnet, seine Schurkenstreiche bestens zu verheimlichen. Er dekoriert sie mit vielen Worten, dabei verrät er absolut nichts. Er bedankte sich bei der rundlichen Schlange, die ihm nichts mitgeteilt hatte. Nur er selbst, Jürgen Schütz, hatte seine eigenen Theorien entwickelt. Das Gespräch wirkte auf ihn wie eine ausführliche Bilanz, die mehr verschwieg als sie verriet. Vor allem über die Quellen des Unternehmenserfolges und seine Zielsetzungen gab sie keinerlei Auskünfte. Dafür aber wurde sie von zwei vereidigten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften unterzeichnet. Großzügig winkte Schweiger bei den Dankesgesängen seines jungen Partners ab.
„Unter uns wird man sich ja noch die Wahrheit zutragen dürfen.“
Nicht mehr und nicht weniger als der Gipfel an Impertinenz. Seine Frechheit spottet jeder Beschreibung, dachte Schütz.
Aus der Bank heraus liefen sie unterschiedliche Wege, als hätten sie sich nie zuvor gesehen.
In seiner Suite warf er sich auf das Bett. Eine bescheuerte Situation dachte er. Ich fühle mich im Verlies. Die Reisen des Kofferträgers waren nichts für ihn.
Er hatte das Hotel noch zu bezahlen, musste sich neu einkleiden und brauchte Geld für die Rückreise. Alles in allem vier bis fünftausend Mark.
Zum hundertsten Mal blickte er auf den Koffer. Aber erst nach langer Zeit stieß er auf die Verbindung. Da war doch Geld. Mehr als er brauchte. Es ekelte ihn an, auch nur einen Schein davon anzurühren. Was blieb ihm anderes übrig? Die Nacht war unruhig und schlaflos, ihn quälten tausend Fragen und Antworten.
Eine davon hieß, wenn sein Chef aus dem Koffer leben wollte, sollte er auch die
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