Der Kofferträger (German Edition)
ein roter Pullover. Geschäftsmäßig wirkte sie, und ihn beruhigte das.
Dennoch hatte er sich trotz seiner schnellen Aufnahmefähigkeit für das Aussehen weiblicher Geschöpfe schon zu lange mit dieser Frau beschäftigt. Immerhin waren wohl die beiden Herren die Hauptakteure auf ihrem Spielfeld. Gut aussehende Politikertypen, in dunkle Anzüge gekleidet. Für ein seriöses Geschäftsgespräch waren sie bereit, was sie auch immer darunter verstehen mochten. Die gemeinsame Mahlzeit nutzten sie, ihre Lobeshymnen auf die Reise zu schicken. Wie bekannt ihnen die wichtige Funktion des sehr verehrten Herrn Schütz sei, und dass sie von dem vollen Vertrauen wüssten, das ihm der Herr Bundeskanzler entgegen brächte. In seinen Ohren klang es wie die Beteuerungen des Hundehalters, der seinem Kampfhund mit blutunterlaufenen Augen absolute Gefahrlosigkeit bescheinigte. Der Begriff ‚volles Vertrauen‘ glitt den smarten Herren leicht über die Lippen und sie gingen noch einen Schritt weiter. Der Herr Bundeskanzler habe ihnen empfohlen, sich die Freundschaft des Herrn Schütz langfristig zu sichern.
Frau Malpesi übersetzte den letzten Teil mit sichtlichem Vergnügen. Aus ihren nur einen halben Millimeter hochgezogenen Augenbrauen erkannte er eine spöttische Herausforderung.
Schnell kamen die Gäste zu der Aufgabe, für die sie beide zuständig waren und die das europäische Schicksal ihnen anvertraut hatte. Schütz vergaß, genügend von dem Pfau in herrlicher Soße zu sich zu nehmen, den er schließlich auf seiner Rechnung finden würde.
Er erhielt angeblich einen Abriss italienischer Zweitausender Geschichte. Eher sprachen Sie über die christlich demokratische Parteiengeschichte, die sich in wunderbarer Weise mit der deutschen Parteiengeschichte verband. Bezogen auf Europa, bedeutete das: Zusammenhalt und Einigkeit in der Vorgehensweise. Gemeinsame Nutzung von Ressourcen, gegenseitiger Ausgleich von Schwierigkeiten. Bezogen auf Italien und Deutschland hieß das weiter: gegenseitige Unterstützung der beiden christlichen Parteien. Capito?
Nur in Deutschland gäbe es noch diesen christlichen Zusammenhalt, gestützt von Kanzler H. B. Die gleichgerichteten Parteien in anderen Ländern sähen sehr wohl die Bedeutung des Bollwerks in Deutschland, wenn sie langfristig einen ähnlichen Aufbau verzeichnen wollten. Eine gegenseitige Unterstützung ...
Jürgen forderte Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit. Er war müde. Immer wenn ihn ein Thema langweilte, drohte er einzuschlafen. Zumal die beiden italienischen Gesprächspartner sich zum zweiten und zum dritten Mal wiederholten.
Ermunternd klang dagegen die anregende Stimme von Frau Malpesi. Beeindruckt lauschte er mehr dem Klang ihrer Stimme, als dem Inhalt der Worte. Irgendwie saß er als scheinbar Unbeteiligter an einem anderen Tisch.
Was ging ihn das auch alles an? Er war doch nicht derjenige, der derartige Entscheidungen treffen konnte. Das war die Angelegenheit des Bundesparteivorsitzenden, seines Onkels H. B. Der sollte Ja oder Nein sagen. Schütz hätte höchstenfalls die Aufgabe zu übernehmen, Geld zu transportieren. Das allein war ihm mehr als zuwider. Er könnte nicht die geringste ‚Blutspende’, um die es ja wohl gehen, mochte, tätigen. Aus eigener Entscheidung heraus hatte er den gefüllten Koffer in Vaduz gelassen. Er war auf dem Sprung, diesen Tatbestand erleichtert den beiden Herren mitzuteilen. Damit das unwürdige Geschwätz ein Ende finden könnte, wartete er die letzten Worte des Presidente ab, um einzugreifen. Es kam anders.
Signore Francesco Bertoldi fuhr fort, man hätte sich aus diesem Anlass entschieden, einen Fond in der Höhe von zehn Millionen DM an die deutsche Schwesterpartei zu überbringen.
Mit völligem Unverständnis fiel Schütz nichts Besseres als eine sachliche Bemerkung ein.
„Besprechen Sie bitte Spesenfragen mit dem Vorsitzenden der Partei in Deutschland“, sagte er.
Der Generalsekretär griff nachsichtig ein und Frau Malpesi klärte ihn auf: „Wir sind uns mit Ihrer Partei einig, auch über die Höhe. Der Vorstand der PCD hat Sie, Herr Schütz, für die Überbringung des Geldes vorgeschlagen.“
Die Gabel blieb ihm im Mund stecken. Hatte er die Übersetzung nicht richtig verstanden? Er bat die Dolmetscherin um eine Wiederholung. Frau Malpesi fr agte bei den beiden Herren nach, übersetzte erneut und berichtete das gleiche Ergebnis. Schütz hatte sich gefasst und begann das Spiel zu begreifen. Es durfte ja wohl nicht wahr
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