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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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Schlafraum schweifen. Zugezogene Vorhänge vor den Fenstern saugten jedes Wort einer Unterhaltung auf. Eine komfortable Duscheinrichtung mit einer integrierten Wassermassage schenkte ihm die Zuversicht, sich ein wenig erholen zu können.
    „Vorzüglich“, bedankte er sich bei dem Zimmerpagen und drückte ihm ein Zehnmarkstück in die Hand. Als Erstes warf er sich auf sein Bett und ruhte ein wenig. Das Abendessen ließ er sich in seiner Suite servieren, dann setzte er sich vor den in die Wand eingelassenen Fernseher. Nach dem Einschalten surfte er durch die pornografischen Filme hindurch, bis er auf deutsche Programme stieß. Es war gerade dreiundzwanzig Uhr und er schaute sich die Spätnachrichten im ersten Programm an. Mit einem leisen Pfiff quittierte er die erste Meldung, die ihm optisch entgegen sprang. Beinahe verschlug es ihm die Sprache, als er mit plötzlich einsetzendem Herzklopfen das Kanzleramt an der Bonzenmeile sah.
    „Einem anonymen Hinweis folgend untersuchte die Staatsanwaltschaft gestern und heute die Arbeitsräume im Bundeskanzleramt. Es war von möglichen, nicht deklarierten und von Bargeldspenden die Rede. Wie die Staatsanwaltschaft versicherte, seien nicht die geringsten Hinweise gefunden worden. Generalstaatsanwalt Dr. Görres entschuldigte sich beim Bundeskanzler mit der Begründung, man müsse derartigen Hinweisen nachgehen. Unserem Berichterstatter, Heino Kunz, gewährte Kanzler H. B. ein Interview, in dem er zu den Vorwürfen Stellung nahm. Hören Sie den Bundeskanzler:
    „Selbstverständlich hat unsere unabhängige Justiz die Verpflichtung, solchen Hinweisen nachzugehen. Wir haben Herrn Dr. Görres persönlich Türen und Tore geöffnet. Nicht eine unbelegte Zahl war vorhanden, wie nicht anders zu erwarten. Die Ehrlichkeit und Treue im Bundeskanzleramt sind die Grundpfeiler unserer erfolgreichen Partei, wie der Demokratie.“
    „Herr Bundeskanzler, eine solche anonyme Anzeige ist jetzt schon zum zweiten Mal eingegangen. Wie stellen Sie sich dazu?“
    Karl V. des 21. Jahrhunderts setzte eine ernste Miene auf. Sein Kampfross war das Mikrofon, sein Harnisch der edle Armani Anzug.
    „Unsere Gegner versuchen mit unredlichen Mitteln, Zwietracht zwischen den Bundeskanzler und die Bevölkerung zu streuen. Es wird ihnen nicht gelingen.“ Dabei fuchtelte er mit seinen Armen vor der Kamera herum, als schwänge er sein mit Edelsteinen gehärtetes Schwert. Nervös griff er sich an die Narbe über dem Auge, die wie ein verheilter Schwertstreich leuchtete. „Im Gegenteil durch solche hinterhältigen Machenschaften erlauben sie es der Generalstaatsanwaltschaft, die Integrität des Kanzleramtes unter Beweis zu stellen. Ich fordere diese Bösewichte auf, sich der ehrlichen Auseinandersetzung zu stellen. Warum fürchten sie die demokratischen Institutionen?“
    Wirklich, warum bleibt die Krönung durch den Papst aus? , fragte sich sein Kofferträger.
    Er starrte auf den Monitor. Generalstaatsanwalt Görres war ein feiner Mann. Er hatte ihn einmal bei einer illustren Gästeschar im Hause H. B. kennengelernt. Schlank aber kräftig, groß und braun gebrannt, sauber distanzierte Sprechweise, so wirkte er auf jeden Gesprächspartner überzeugend. Ein langjähriger Freund des Kanzlers. Wie es hieß noch aus den Anfängen ihrer Mitgliedschaft in der studentischen Vereinigung. Sie hätten schon in einer Verbindung die Klingen gegeneinander gekreuzt. Schütz drückte auf den roten Knopf der Fernbedienung, um den Fernseher auszuschalten. Dabei fiel ihm diese verdammte „Intercom AG“ ein. Bevor er sich selber erhängen müsste, würde er dieser Schmiererei ein Ende setzen. Natürlich wollte er wissen, wie es weiterging, und rief über sein Handy im Büro Berlin an.
    „ Okay, ich rufe Sie innerhalb der nächsten halben Stunde zurück“, Frau Hubert wirkte sehr gelöst und außerordentlich freundlich. Nach der Hausdurchsuchung schaffte sie noch am späten Abend Ordnung.
    Eine Sache blieb Schütz unerklärlich. Die Staatsanwaltschaft hatte die Büros untersucht. Was war mit seinen eigenen Notizen? Offensichtlich hatte er sie gut getarnt. Oder gab es da eine andere Möglichkeit? War in dem Schreibtisch des Generalbevollmächtigten der Schatzmeisterei überhaupt gesucht worden? Ruhiger machte ihn die Geschichte nicht, die Geheimnisse wurden verworrener. H. B. würde in Zukunft noch unbefangener mit Zahlen und Zahlungen umgehen. Wer sollte dem Chef noch etwas anhaben? Die Spinne fügte einen weiteren klebrigen

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