Der Kollapsar
kannst - nun, du gehst ja morgen zum Sklavenmarkt. Verkauf ihn doch. Ja«, schloß sie und strahlte vergnügt und mit sich zufrieden, »vielleicht kannst du damit sogar doch noch einen Nutzen aus dem Fleischsack ziehen.«
»Das kann ich nicht«, flüsterte er.
»Warum nicht?«
Er dachte fieberhaft nach. »Seit man mich einmal verkauft hat, Mutter, kann ich mir einfach nicht vorstellen, daß ich ein anderes Geschöpf verkaufen könnte. Ich denke, dann muß ich ihn eben mitwatscheln lassen, bis ich ein passables Zuhause für ihn gefunden habe.«
Flinx warf einen Blick auf seinen neuen Schützling, während Mutter Mastiff angewidert knurrte. Er konnte ihr ja nicht sagen, daß er Ab auch deshalb bei sich behielt, weil er immer noch darauf brannte, zu erfahren, weshalb die Qwarm ihn töten wollten.
Ab quiekte und sah ihn rätselhaft aus zwei glasigen blauen Augen an.
Der darauffolgende Tag dämmerte feucht und regnerisch. Aber das war nicht der Grund, weshalb Flinx fröstelte. Er war zum Sklavenmarkt geschlendert und mußte feststellen, daß die Atmosphäre trotz seiner Entschlossenheit irgendwie eine abkühlende Wirkung auf ihn hatte. Pip ratschte ängstlich auf seiner Schulter herum, empfand die Gefühle seines Meisters mit. Der einzige Angehörige der kleinen Gruppe, den die Umgebung nicht zu stören schien, war Ab, der nicht zum Schweigen zu bringen war und hinter Flinx vor sich hinträllerte: »Neutron, Neutron wunderbar, warum ist Orka kamelbar?«
»Oh, sei doch still«, murmelte Flinx, wohl wissend, daß er damit nichts erreichen würde.
Er schlenderte mit gleichsam erstarrten Augen zwischen den Verkaufsständen durch. Da waren die schönen Mädchen, die Tänzerinnen, gerade wie in den alten Geschichten der Weltraumfahrer und Händler, aber sie tanzten viel widerstrebender und mit viel weniger Begeisterung, als einen diese Geschichten immer glauben machen wollten. Sie waren auch nicht so sinnlich und so attraktiv wie in jenen Geschichten, weder die Männer noch die Frauen.
Aber sie waren hier. Drallar war ein wichtiger Markt, ein Umschlagplatz im Commonwealth. Das wußte Flinx. Ob männlich, weiblich oder Zwitter, ob Mensch, ob Thranx, ob exotisch, die Spitzenprodukte wurden nicht in den Schaufenstern feilgeboten, damit das gemeine Volk sie anstarrte. In den Straßen ringsum wurden solche Transaktionen still und insgeheim abgeschlossen. Das war besser so, denn es ging das Gerücht, daß es manchmal Seelen gab, die nicht frei oder ehrlich verkauft wurden. Es gab mannigfache Geschöpfe zu kaufen, schließlich hatte das Commonwealth Überfluß an organischen Produkten. Auch ein paar Thranx waren zugegen, wenn auch nicht viele. Die eigenbrötlerischen Insekten, die mit der Menschheit zivilisatorisch verschmolzen waren, neigten dazu, sich besser um ihresgleichen zu kümmern. Er sah einen Thorps und ein paar Seehundswesen von Largess, wobei letztere sich im feuchten Klima von Moth viel wohler fühlen als auf den meisten Welten des Commonwealth. Ein gedeckter Balkon bot einer Handvoll gut gekleideter potentieller Käufer Sitzplätze. Die wenigsten von ihnen, wenn überhaupt welche, würden am Ende die Besitzer der hier erstandenen Ware sein, das wußte er. Die meisten waren nur Beauftragte von ehrenwerten Leuten, die an einem solchen Ort nicht gesehen werden wollten.
Und dann sah er plötzlich, wie ein verwirrter narkotisierter Junge von etwa sechs Jahren von ein paar Käufern umlagert wurde, hörte wie der Preis in die Höhe schnellte. Trotz seines Blondschopfs und der völlig anderen Gesichtszüge erinnerte der Bursche Flinx an ein ähnlich einsames Kind, das vor vielen Jahren hier feilgeboten worden war - an ihn selbst.
Einen verrückten Augenblick lang dachte er daran, das Kind zu kaufen und es freizulassen. Aber wer würde sich dann um den Jungen kümmern? Mutter Mastiff würde ganz bestimmt keinen Findling mehr aufnehmen; er hatte nie begriffen, was sie damals veranlaßt hatte, ihn zu kaufen.
Ab riß Flinx in die Wirklichkeit zurück, indem er tolpatschig von hinten gegen ihn stieß.
»Paß doch auf, wo du hinwatschelst, du dummes Stück Isoliermasse!«
Ein großes blaues Auge zwinkerte ihm zu. »Jemanden in irgendeiner Weise zu beleidigen«, begann er ganz vernünftig, um dann freilich fortzufahren: »sind Lachse höchst metaphysische Vögel - sagt man.«
»Ganz ohne Zweifel«, erwiderte Flinx verärgert. Er zwang sich zu schnellerer Gangart. Er hatte es eilig, diesen Ort hinter sich zu
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