Der Konvent der Zauberer
ich weitersprechen kann, drängt eine Delegation der Zauberer in den Raum.
»Habe ich nicht befohlen, dass ich nicht gestört werden will?«, fährt Zitzerius sie an.
»Ich bestehe darauf!«, faucht Charius der Weise zurück.
Seine Gefährten bilden eine beeindruckende Kulisse. Er hat die Hexenmeister jedes Landes mitgebracht. Selbst Prinzessin Direeva ist da. Mit bandagierter Schulter.
»Es ist so weit«, erklärt Charius der Weise.
Zitzerius wirft Kahlius einen hilflosen Blick zu. Der Konsul gibt diesen Blick an Tilupasis weiter.
»Wir brauchen noch ein bisschen«, flötet Tilupasis. Sie ist immer noch kühl und gelassen, aber diesmal hat sie keine Chance. Neben Charius steht Lasath die Goldsichel. Seine Miene verrät grimmige Genugtuung. Man hat sein Schweigen erpresst, und es wird ihm ganz bestimmt nicht Leid tun, miterleben zu dürfen, wie die Turanianer gedemütigt werden.
»Es wird Zeit …«, fährt Charius der Weise fort.
»… für einige Erklärungen«, unterbreche ich ihn. Ich werfe mein ganzes Gewicht in die Waagschale, um bis zu ihm durchzukommen.
»Erklärungen?«
»Über das Erschaffen einer gefälschten Realität.«
Die anwesenden Zauberer stöhnen unisono auf. Sie alle wissen von meiner fruchtlosen Suche nach einem solchen Zauberspruch. Ich habe sicher jede Delegation mit meinen Fragen danach gelöchert, und sie alle haben mir dringend geraten aufzugeben.
»Ich nehme an, dass ihr alle mittlerweile die Vision kennt, in der Lisutaris, die Herrin des Himmels, Darius Wolkenstürmer erstochen hat. Und vermutlich kennt ihr auch alle meine Theorie, dass jemand die tatsächlichen Ereignisse ausgelöscht hat. Und jeder Einzelne von euch hat mir mehrfach versichert, es gebe keinerlei Möglichkeit, dass ein Zauberer irgendwelche Bilder der Realität fälschen und sie dann an die Stelle der…«
Charius der Weise fällt mir unklugerweise ins Wort.
»Müssen wir diesem Mann wirklich noch länger zuhören? Er ist uns bereits als der Hauptquerulant des Konvents bekannt. Ich bestehe darauf, dass Lisutaris, Herrin des Himmels, auf der Stelle verhaftet wird.«
Nachdrücklicher Beifall brandet in dem Raum auf. Ich bin in Gefahr, die Aufmerksamkeit meiner Zuhörer zu verlieren, und hebe die Hand.
»Ihr könnt so lange darauf bestehen, wie Ihr wollt, Charius der Weise. Aber in Turai kann kein Bürger wegen eines Kapitalverbrechens verhaftet werden, ohne dass die Volkstribune dem zustimmen. Und ich, Thraxas, Tribun des Volkes, verweigere Euch so lange meine Zustimmung, bis Ihr mich habt aussprechen lassen.«
Das klingt wirklich beeindruckend. Es stimmt zwar nicht, aber es herrscht wenigstens Ruhe im Saal. Dann schiebe ich Jamielie nach vorn.
»Ihr habt alle gesehen, wie Lisutaris Darius erdolcht hat. Ihr behauptet, dass kein Zauber diese Illusion erzeugen könnte. Und damit liegt ihr ganz richtig. Es gibt keinen solchen Erschaffungszauber. Und die Vision, die der Alte Hasius Brillantinius beschworen hat, ist vollkommen richtig. Eine Frau ist in die Rächende Axt marschiert und hat Darius erdolcht. Falsch ist nur, dass es sich um Lisutaris handelte. Es war nämlich Jamielie, die als Herrin des Himmels verkleidet war. Darf ich Euch Jamielie vorstellen? Eine der begabtesten Schauspielerinnen von Turai.«
Meine Enthüllungen werden mit tiefstem Schweigen aufgenommen und von einer Menge verwirrter Blicke kommentiert.
»Eine Schauspielerin? Das ist völlig unmöglich!«, erklärt schließlich jemand.
»Das ist keineswegs unmöglich. Es war dunkel in dem Raum. Das einzige Licht kam von dem heruntergebrannten Kaminfeuer. Mit einer Perücke und den entsprechenden Kleidern war Jamielie Lisutaris ähnlich genug, um jeden zu täuschen. Euch hat sie jedenfalls hinters Licht geführt. Und mich auch, was erheblich bedeutsamer ist, denn schließlich verdiene ich meinen Lebensunterhalt damit, dass ich mich nicht zum Narren halten lasse. Es hat für alle so ausgesehen, als habe Lisutaris Darius umgebracht, aber das hat sie nicht getan. Sie war zu der Zeit gar nicht in dem Raum. Copro ist in mein Büro eingedrungen und hat ihn erdolcht. Anschließend hat er mithilfe seiner Zauberei alle Spuren beseitigt. Und dann hat er Jamielie als Lisutaris verkleidet hineingeschickt. Sie hat so getan, als würde sie Darius erstechen. Dazu hat sie einen Theaterdolch benutzt, bei dem die Klinge im Griff verschwindet. Aber da war er schon längst tot.«
Ich drehe mich zu Jamielie herum. »Stimmt das?«
Einen Augenblick furchte ich,
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