Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller
deren runde, schwere Früchte an langen, grünen Nabelschnüren hingen. Nach ein paar Kilometern verschwanden die Wellblechhütten. Das Mondlicht fiel jetzt auf die Fahrzeugkarawane und der sanfte Gesang der Grillen und Frösche schwang durch die Luft.
Scarlett und Spann ließen sich zurückfallen, um den Verfolgten Raum zu lassen. Beide Beamten schalteten auf Standlicht. Bald darauf schalteten sie die Scheinwerfer ganz ab und ließen sich vom Mond und ihren elektronischen Helfern den Weg weisen.
20 Minuten später stellten die vier blinkenden Lichtpunkte auf den Computerschirmen ihre Bewegung ein. Wo auch immer sie jetzt sein mochten, sie hatten anscheinend ihr Ziel erreicht.
Seit sie die letzten Anzeichen menschlicher Behausungen passiert hatten, hatten sie wenigstens 15 Kilometer zurückgelegt. Tatsächlich war es fraglich, ob die Straße, auf der sie fuhren, überhaupt noch existierte.
Scarlett und Spann bogen nach rechts ab, fuhren hinter ein paar Bäume und Büsche und machten schließlich an einer von der Straße nicht einsehbaren Stelle Halt. Spann war gerade dabei, den Motor abzuschalten, als Scarlett an das offene Fenster auf der Fahrerseite gerannt kam.
»Komm schon, wir müssen weiter, sonst verlieren wir sie«, sagte er. Er deutete nach links. Zwischen den Bäumen konnten sie ein paar Fackeln flackern sehen. Spann stieg aus dem Wagen.
Als sie wieder auf der Straße waren, war der Fackelschein nicht mehr zu sehen. Geduckt, für den Fall, dass es Wachen gab, eilten sie in Richtung auf die vier vor ihnen parkenden Wagen und bogen, weil sie keine Wache fanden, in den Wald ab. Die Fackeln waren inzwischen verschwunden, der Nebel hatte sie verschluckt. Binnen Minuten stapften die beiden Cops durch ein Zypressengehölz, wo ihnen zupackende Wurzeln und bösartig herunterhängende Schlingen aus Spanischem Moos zusetzten. Ein paar Sekunden später standen beide bis zu den Oberschenkeln in stinkendem Wasser. Dann bis zur Hüfte. Bis zur Brust. Bis zum Hals – und Katherine Spann fragte sich plötzlich, ob es in diesem Teil Louisianas Wasserschlangen gab.
»Was zum Teufel ist das?«, fragte Scarlett und blieb stehen.
Die Frau neben ihm kniff die Augen zusammen und entdeckte zu ihrer Überraschung einen Haufen nasser Steine, der fünf Meter vor ihnen aus dem Nebel ragte. Es sah aus wie ein Fragment eines verrottenden, von Menschen gebauten Monuments zwischen diesen verkrüppelten und vom Wasser des Sumpfs überfluteten Bäumen. Hinter den Steinen, auf festem Land, das in silbernes Mondlicht gehüllt war, konnte Spann eine armselige Ansammlung von Hütten sehen. Vor ihnen hingen ein paar Knochen von moosbedeckten Gebilden, die wie Galgen aussahen.
In diesem Augenblick hörten sie zwischen den Bäumen das Dröhnen der Trommeln, das Wumm … Wumm … Wumm einer hartnäckigen, bösartig wirkenden Tomtom.
»Wir haben sie gefunden«, flüsterte Scarlett. »Sehen wir nach.«
Sonntag, 7. November 00:07 Uhr
Geduckt und schließlich auf dem Bauch liegend arbeiteten Spann und Scarlett sich näher heran. Zuerst schlugen sie einen Bogen um die unbewohnten Hütten, krochen dann aus dem Wasser und folgten den Voodoo-Trommeln in den Schattenpartien tiefer hinein zwischen die Bäume. Jedes Mal, wenn das Trommeln aufhörte, vernahmen sie einen monotonen, durch Mark und Bein gehenden Gesang, der durch die stickige Luft dröhnte. Dann hallten ein paar grauenvolle Schreie, dass sich beiden die Nackenhaare sträubten. Sie verließen den Schutz der Bäume und traten in eine natürliche Lichtung inmitten des Sumpfs, wo eine grasbedeckte Insel, fast ohne Vegetation und vom Mondlicht beschienen, aus dem Bayou ragte. Eine Grabstätte, das konnten sie sofort erkennen – vielleicht eine uralte Begräbnisstätte für entlaufene Sklaven – denn von einem Ende der Insel zum anderen ragten schiefe Grabsteine wie verfaulende Zähne aus dem Boden.
Die nächsten 20 Minuten sagten weder Spann noch Scarlett ein einziges Wort. Sie lagen in den Schlamm getaucht am Rand des stinkenden Wasserlaufs, der die Insel umgab, und sahen zu.
Etwa in der Mitte dieser Grabstelle brüllten, schrien und zuckten sieben nackte Gestalten – eine von ihnen weiß – um ein loderndes, ringförmiges Feuer. Wenn der Flammenvorhang gelegentlich aufriss, konnte man in der Mitte des Kreises eine knorrige Zypresse erkennen. Ein weiterer konzentrischer Ring aus mehreren hölzernen Gerüsten umgab die Tanzenden und das Feuer wie der Kreis aus Felsen in Stonehenge.
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