Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller
»Ich summ dir jeden Tag ein anderes Lied« verkauft wurden. Die Angestellten hatten ihn bei ihrer Party gestern Abend nach der Arbeit bei ihrer eigenen Version jenes altehrwürdigen Spiels benutzt, das sich »Flaschendrehen« nannte. Anscheinend hatte jemand vergessen, ihn aufs Regal zurückzulegen.
Und so kam es, dass Artie Fripp mit ausgestreckten Armen durch die Pornoabteilung seines Lagerhauses segelte, vorbei an den wie ein Penis geformten Feuerzeugen, die als »Heißer Schwanz« verkauft wurden, vorbei an den Stapeln von Taschenbüchern wie Bumsfidel, an Kartons mit »Verlängerungscreme« und »Lustfinger« und »Hap-Penis« sowie einem besonderen Stapel mit »Arschficker«, komplett mit Batterie, um schließlich in ein mit »Johnnie der Wilde Hengst«- und »Suzie die geile Teenie-Nymphe« -Puppen vollgestopftes vierstöckiges Sperrholzregal zu krachen und sich dabei den Rücken zu verrenken.
»Scheiße!«, schrie Fripp, als der Schmerz sich von seiner Wirbelsäule durch den ganzen Körper ausbreitete, weil er sich nämlich gerade denselben Wirbel verletzt hatte, den er sich letztes Jahr in Vegas ausgerenkt hatte, als er sich mit einem blonden Showgirl namens Belinda vergnügt hatte.
Fripp brauchte mehr als fünf Minuten, um sich an den nächsten Telefonapparat zu schleppen, und als er gerade dabei war, den Hörer abzuheben, um den Notarzt zu rufen, klingelte das Telefon. Dieser Apparat war ausschließlich für seinen Buchmacher reserviert und hatte deshalb nur eine Leitung.
Fripp packte den Hörer und stöhnte in die Sprechmuschel: »Ruf mir einen Arzt und geh verdammt noch mal aus der Leitung. Könnte sein, dass ich nie mehr gehen kann!«
»Hey, Artie, ich bin’s. Der Flashman. Von Play-It-Safe Security .«
»Besorg mir einen Arzt, Flashman. Mein Sexleben ist in Gefahr. Jede Minute zählt.«
»Artie, Artie, Baby. Dafür ist jetzt keine Zeit. Du hast doch die Morgenzeitung gelesen. Da ist so ’ne Nonne alle gemacht worden. Mein Telefon hört nicht auf zu klingeln, die wollen alle diese Lippenstiftwecker. Die mit diesem schrecklichen Heulen.«
»Flashman, du Idiot, ich krepier hier gleich. Und jetzt geh verdammt noch mal aus der …«
»Ich nehme jetzt zunächst mal 2.000 mit Option auf weitere 2.000.«
»Flashman, du Arschloch …« Und dann verstummte Fripp plötzlich. Ihm war gerade eingefallen, dass er an diesen Lippenstiftweckern 400 Prozent verdiente.
»Wann?«
»Jetzt!«
»Bar auf die Kralle?«
»Wenn ich sie gleich kriege. Ich hab gerade ’ne Anzeige für die Nachmittagsausgabe vorbereitet. Ich will die Panik ausnutzen, ehe sie wieder vorbei ist.«
»Okay«, sagte Fripp. »Ruf mich in fünf Minuten wieder an.«
Kaum war die Leitung frei, klingelte es schon wieder – und dann noch einmal – und dann noch einmal – weil Artie Fripp nebenher noch mit Pfefferspray, Tränengas und Trillerpfeifen handelte.
Bis 11:00 Uhr waren seine sämtlichen Angestellten wieder im Einsatz, für doppelten Lohn, und erledigten einen endlosen Strom von Bestellungen. Erst als er jetzt in seinem Büro saß und breit grinsend auf die grünen Ziffern in dem kleinen Fenster seines japanischen Tischrechners sah, erinnerte Fripp sich an seine Rückenschmerzen und dass er einen Arzt brauchte. Wer weiß, vielleicht sollte er dieses Jahr die Karibik vergessen. Vielleicht sollte er ein bisschen weiter reisen, etwa an die Französische Riviera.
Yeah!, dachte Fripp, als er den Hörer abnahm. Die Französische Riviera. Die Tussis laufen dort oben ohne rum.
08:05 Uhr
Awakomowitsch war fertig.
Der Raum stank nach Sekundenkleber, und als er aufstand, sich streckte und sich mit dem Handrücken die Augen rieb, war er leicht benommen und ging ans offene Fenster, um frische Luft zu schnappen. Draußen zwitscherte ein Vogel.
Nach ein paar tiefen Atemzügen kehrte er an seine Werkbank in der Headhunterzentrale zurück und hob den von ihm behandelten Kürbis auf. Er war mit sich zufrieden, weil er drei Abdrücke hatte identifizieren können. Und jeder davon war perfekt.
Jetzt konnte er nur hoffen und die Daumen drücken, dass die Person, von der diese Fingerabdrücke stammten, auch polizeilich registriert war.
09:00 Uhr
Das Dragon Kung-Fu Studio befand sich am Marine Drive, im Herzen von North Vancouver. Es war Ende letzter Woche insgesamt drei Tage, Mittwoch, Donnerstag und Freitag, geöffnet gewesen. Der alleinige Inhaber und zugleich einzige Angestellte war ein 26-jähriger junger Mann namens Bruce Wong, dessen
Weitere Kostenlose Bücher