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Der Kraehenturm

Der Kraehenturm

Titel: Der Kraehenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Pflieger
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konnte vieles bedeuten. Da er kein Priester war, fand Silas es dennoch nicht schwer, auch darauf einzugehen.
    In den folgenden Stunden trugen sie ihr Wissen zusammen, was erschreckend wenig war. Den einzigen wahren Ansatzpunkt brachte Gismara ein, indem sie vorschlug, den Mann zu befragen, der Zacharas’ Leiche gefunden hatte.
    »Ich frage mich, was ein Hufschmied um diese Uhrzeit am Neckar zu suchen hat«, grübelte sie.
    »Ich werde mit ihm reden.«
    Zuerst schien sie ihm widersprechen zu wollen, doch dann stimmte sie zu. »Es ist vermutlich besser, wenn ein Priester ihn befragt. Er kann dann mit Höllenfeuern drohen. Eine Frau würde mit seltsamen Fragen nur auffallen.«
    Daran hatte Silas noch nicht gedacht. Diese Verkleidung brachte durchaus Vorteile mit sich.
    »Wir treffen uns morgen um die gleiche Zeit«, schlug Gismara vor. »Sehe ich Euch vorher in meiner Nähe, ist unsere Abmachung hinfällig.«
    »Angst um Eure Schwestern?«
    Die Hexe schenkte ihm erneut ein spöttisches Lächeln. »Eher Angst um Euch. Wenn Ihr mich schon nicht töten konntet, was glaubst Ihr, was Ihr erst für Probleme mit unserer Hohepriesterin bekommen würdet? Noch brauche ich Euch.«
    Das war interessant. Er wusste nicht viel über Hexenzirkel, aber Hohepriesterin klang wichtig genug, um mehr als 100 Gulden für ihren Kopf verlangen zu können. Er musste mit Oswald sprechen.
    Nachdem sie sich so herzlich wie zwei zankende Katzen verabschiedet hatten, machte sich Silas auf den Weg zu Kaspar Nilek, dem Mann, der Zacharas’ Leiche gefunden hatte.
    Kaspars Schmiede, in der er vor allem die Hufe von Ackergäulen, Maultieren, Eseln und sogar Zugochsen beschlug, lag am Rand der Stadt. An ein altes Steinhäuschen schloss sich eine überdachte Fläche an, auf der Wasserfässer, Esse und Amboss standen, an denen der Schmied, drei Gehilfen und ein paar magere, apathisch wirkende Pferde arbeiteten.
    Bei Silas’ Anblick weiteten sich Kaspars Augen, und er kam sogleich, seine dreckigen Pranken an der Schürze abwischend, auf ihn zugeeilt.
    »Hochehrwürdiger Herr, womit kann ich Euch behilflich sein?«
    Der Hexenjäger nickte dem Schmied hoheitsvoll zu. »Mein Sohn, ich muss Euch einige Fragen über die Leiche stellen, die Ihr gefunden habt.«
    Unter der dicken Rußschicht, die Kaspars Gesicht bedeckte, schien dieser blass zu werden.
    »Wollt Ihr mir berichten, ob Euch etwas aufgefallen ist?«
    Der Schmied schüttelte den Kopf.
    »Wollt Ihr nicht, oder habt Ihr nichts zu sagen?«
    Selbst der Ruß schien nun an Farbe zu verlieren. »Ich hab nisch so genau hingeschaut«, nuschelte er. »War kein schöner Anblick.«
    »Und wie kam es dazu, dass Ihr sie fandet? Der Fundort liegt doch ein ganzes Stück von Euch entfernt.«
    »Der Händler Gruber stammt aus der Gegend hier und war mit meiner Arbeit so zufrieden, sodass er mich auch jetzt, wo er in so nem edlen Haus wohnt, seine Pferde beschlagen lässt.«
    »Und wie seid Ihr an den Neckar gekommen?«
    »Herr, bitte.« Der Schmied blickte ihn flehentlich an. »Er wird mich umbringen.«
    »Gott wird Euch für Eure Sünden richten, so Ihr nicht um Vergebung fleht.« Silas tat der arme Mann fast schon leid, aber er durfte keine Rücksicht nehmen, wenn er den Mörder seines Bruders fassen wollte.
    Der Schmied senkte den Kopf. »Ich war auf dem Heimweg. Eine Kutsche hielt neben mir, und ein Mann gab mir den Auftrag, den Fund einer Leiche zu melden. Zuerst wollte­ ich mich weigern. Das müsst Ihr mir glauben!« Er blickte ­Silas flehentlich an. »Doch dann drückte er mir ein Messer an die Kehle. Er kannte meinen Namen und sagte mir, dass er mich finden würde, wenn ich es nicht täte. Ich habe drei Kinder, hochehrwürdiger Herr!«
    »Wie sah er aus?« Der Hexenjäger hielt gespannt die Luft an.
    »Ich weiß nicht. Er trug eine Kapuze über dem Gesicht, aber er war nicht groß.«
    »Irgendetwas anderes Auffälliges?« Silas fiel es schwer, seine Enttäuschung zu verbergen. So dicht dran und doch nichts Brauchbares.
    »Seine Stimme klang alt, und der Kutscher war ein übler Geselle mit einer verwachsenen Hand, an derem einzigen heilen Finger ein aus Gold geflochtener Ring prangte. Beste Handwerksarbeit, so wahr ich hier stehe.«
    Immerhin etwas. »Gott sei mit Euch.«
    Der Schmied seufzte vor Erleichterung und kehrte unter zahlreichen Demutsbekundungen zu seinen Gehilfen zurück, die das Gespräch im Schatten der Schmiede beobachtet hatten.
    Auf dem Rückweg zur Heiliggeistkirche hielt Silas plötzlich

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