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Der Kraehenturm

Der Kraehenturm

Titel: Der Kraehenturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Pflieger
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»Hazecha schickt mich. Ich soll Euch an Eure Schuld erinnern und um Zugang zur Bibliotheca Palatina bitten.«
    Kossa wurde mit jedem Wort blasser und zorniger. »Verfluchte Höllenbrut. Ich hätte sie ausrotten sollen, als ich Gelegenheit dazu hatte.«
    Icherios glaubte den Hass riechen zu können, den dieser Mann ausstrahlte.
    Nach einigen tiefen Atemzügen beruhigte sich der Priester wieder und starrte Icherios kalt an. »Noch ist es nicht zu spät, aus den Schatten zu treten und im Licht des Herrn zu wandeln.«
    Der junge Gelehrte schwieg. Der Fanatismus in den Augen des Mannes sagte ihm, dass es keinen Sinn machte, sich mit ihm auf eine Diskussion einzulassen.
    »Kommt morgen früh wieder. Heute bin ich zu beschäftig.«
    Der junge Gelehrte nickte und wendete sich der Tür zu.
    »Richtet der Teufelshure aus, dass wir damit quitt sind.«
    »Sagt es ihr doch persönlich.« Icherios schloss die Tür hinter sich und holte tief Luft. Er verabscheute Menschen, die sich von Wut und Vorurteilen leiten ließen.

35
    Im Zwiespalt
    G
    17. Novembris, Heidelberg
    V erfluchte Hühnerkacke«, grummelte Oswald, während er sein Gewicht vom linken auf den rechten Fuß ver­lagerte. »Warum, sagtest du, stehen wir hier?«
    »Nicht so laut«, ermahnte Silas ihn, während er weiterhin unauffällig das Haus im Auge behielt, in dem Gismara lebte. Nachdem sie mit ihren Untersuchungen des Mordes an seinem Bruder nicht weitergekommen waren, hatte der Hexenjäger beschlossen, zumindest etwas über seine widerspenstige Partnerin herauszufinden und war ihr bis zu ihrer Wohnung gefolgt. Sie mochte zwar eine mächtige Hexe sein, aber im Aufspüren von Verfolgern war sie nicht so gut.
    »Ich bin dem Hexenzirkel auf der Spur.«
    »Klar, die hübsche Rothaarige, der du nachspionierst, ist eine Hexe«, grinste Oswald und stieß ihn freundschaftlich mit der Schulter an. »Ich bin auch ein Mann, mir brauchst du nichts vorzumachen.«
    »Red’ keinen Schwachsinn, sag mir lieber, was du herausgefunden hast.«
    »Na, wenn du sie nicht willst, ich vergnüge mich gerne mit der Kleinen.«
    »Die ist nichts für dich«, fauchte Silas. Die Anspielungen seines Freundes nervten ihn.
    »Ich verstehe«, schmunzelte Oswald.
    Der Hexenjäger verspürte den Drang, seinem Freund einen wohlplatzierten Hieb auf die Nase zu versetzen. Warum ärgerte er sich nur so über diese harmlosen Kommentare? Er schüttelte den Kopf. Hexen hatten schon immer einen schlechten Einfluss auf Männer ausgeübt. Bleib bei der Sache, ermahnte er sich, als das Bild ihres nackten, blassen Körpers vor seinen Augen auftauchte.
    »Männer mit verwachsenen Händen gibt es viele«, meinte Oswald. »Allerdings kannte keiner der Kutscher jemanden aus ihren Rängen mit diesem Merkmal, dem auch noch so ein auffälliger Ring gehört.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich wäre aber nicht ich, wenn ich so schnell aufgeben würde. Ninges Siebenklinge weilt in der Stadt. Er ist ein Mörder und keiner von der ehrenvollen Art. Für ein paar Münzen ist er bereit alles zu tun.«
    »Wie unterscheidet er sich dann von dir?«, neckte der Hexenjäger seinen Freund.
    »Das weißt du ganz genau. Keine Kinder, keine Frauen und niemals mehr Leid als notwendig.« Oswald senkte die Stimme. »Zudem wird behauptet, dass manche Auftraggeber von Siebenklinges bestialischen Morden so erschüttert waren, dass ihr Gewissen sich meldete und sie die Zahlung verweigerten.«
    »Könnte der Mistkerl sein, der meinen Bruder getötet hat«, überlegte Silas.
    »Er ist aber ertrunken, oder?«
    Silas lief ein Schauder über den Rücken. Er versuchte, Zacharas’ aufgedunsene Gestalt aus seinen Erinnerungen zu streichen.
    »Zumindest lag er im Fluss und wies keine äußeren Verletzungen auf.«
    »Dann ist es unwahrscheinlich. Siebenklinge wählte seinen Namen nicht aus Zufall – er mordet immer mit Dolch oder Degen.«
    »Ich muss ihn dennoch überprüfen«, beharrte Silas. Er wollte die einmal gefundene Spur nicht so schnell wieder aufgeben. »Ich brauche seine Adresse.«
    »Das wird nicht so einfach …«
    »Leise, da kommt sie«, unterbrach ihn der Hexenjäger und deutete auf Gismara, die in ein moosgrünes Taftkleid gehüllt ihre Haustür abschloss.
    Sie folgten der Hexe in einigem Abstand. Dadurch, dass sie zu zweit waren und Silas schlichte Kleidung trug – er hatte sein Priestergewand im Mäuseschwanz zurückgelassen –, schenkte ihnen kaum jemand Beachtung. Doch dann wurde­ die Gegend einsamer, sodass sie

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