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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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war oder Magie oder lediglich seine Missstimmung, sie erhielt keine Antwort. Sollte er etwas angeordnet haben, so hatte sie keine Ahnung, was. Sie wusste nicht, wo er zu finden war, und das Wissen, dass noch ein paar andere Einsatzkräfte sahen, was sich hier entwickelte, tröstete sie keineswegs. Wenn sie sich schon die Zähne ausbiss ...
    »Schieben Sie Ihren verdammten Arsch hier rüber!« Der junge Mann bemühte sich redlich, ihrem Befehl Folge zu leisten. Er gehörte nicht zu CO19. Keine Feuerwaffen. Darüber hatte sie sich gleich beklagt. Was sollte er tun? Ihre Tasche tragen? Alles, was er tatsächlich tat, war, den kriegerischen Himmel anzustarren.
    »... Tattoo ... unbe ... kann nicht erkennen ... verdammte ...«, sagte Baron oder irgendein Radiowellenbewohner, der Baron nachäffte. Mit so was hatte sie sich schon früher herumschlagen müssen.
    »Boss, wo sind Sie?« Sie hätte Baron in dieser Sache gewiss nicht von Angesicht zu Angesicht zugestimmt, aber sie hätte sich verdammt noch mal auch gewünscht, dass Vardy nicht ausgerechnet in dieser Drecksnacht verschwunden wäre.
    »... too ist hier«, sagte er. »Tattoo ist hier.«
    Dane hastete zu dem Irrgarten der Londoner Straßen. Er und Billy wurden von den Tauben umschwirrt, denen sie auszuweichen geglaubt hatten. An einem kleinen Platz inmitten unbeleuchteter Häuser, über den ein kahler Baum wachte, traten Männer und Frauen in städtischen Uniformen aus den Schatten hervor. Sie trugen Laubbläser bei sich. Die Motoren der Geräte, die mit Schläuchen zum Wegpusten von Laub ausgestattet waren, hatten sie sich auf den Rücken geschnallt. Sie zielten mit ihren Apparaten, als wären es groteske Schusswaffen, und jagten Laubwolken auf Dane und Billy zu.
    »Was zum Teufel ist jetzt los?«, fragte Billy. Die Blätter klatschten ihm ins Gesicht. Die Bläser bewegten sich in strenger Formation, und die Laubmasse nahm die Form eines Wirbelwinds an, beinahe, als würden Haie um einen Köder kreisen. Die Männer und Frauen rannten durcheinander wie ein Puppenspielerkollektiv. Das Laub, das sie mit ihren Maschinen in Form bliesen, formierte sich allmählich zu der groben Gestalt eines aus Baumabfallwirbeln bestehenden drei Meter großen Mannes.
    »Monsterhirten«, sagte Dane. Ein kurzes Zucken der Maschinen, und der Kopf des Mannes verwandelte sich in einen Stierkopf, dessen Hörner aus Laubrohren bestanden. »Weg hier. Los.«
    Die Männer und Frauen ließen die Gestalt zugreifen. Beinahe schloss sie die riesigen Laubwirbelfinger um Dane, doch er konnte ausweichen. Der Minotaurus aus Luft und Laub schlug mit der Wirbelwindfaust zu und zertrümmerte die Pflastersteine. Und dieses Mal kam kein Mnemophylax herbeigelaufen. Billy schoss, doch sein Phaserstrahl tat weiter nichts, als ein paar einzelne Blätter herauszulösen. »Byrne«, sagte Dane.
    Grisamentums Wesir hing wie ein Spinnentier an einer Wand. Ihr Gesicht spiegelte lebhaften Zorn. Sie sprang herab und kam direkt auf sie zu, raste einfach mitten durch den Minotaurus, der das Loch, das sie in ihn riss, sogleich wieder stopfte.
    Dane flüchtete zurück zu den Überführungen, wo die Zuschauer die Flucht ergriffen, als sie die stampfende Laubgestalt erblickten. »Warte«, brüllte Billy plötzlich. Er orientierte sich kurz und bog einige Male vom Weg ab. »Was machst du?«, schrie Dane, folgte ihm jedoch mit der Laubbestie, Byrne und den Monsterhirten im Schlepptau.
    In einer anderen, von Ziegelmauern gesäumten Gasse fand Billy, was er suchte. Direkt vor ihnen, gleich dort, wo das Sträßchen im Müll unterging, starrten Dane und Billy mit einem Ausdruck unentzifferbarer Emotionen dem Punker entgegen.
    Das Tattoo selbst, sein Gefolge, die Wachen, die den Tattooträger hielten, sie alle blickten in die andere Richtung und beobachteten die letzten Aufräumarbeiten in der Arena. Der Mann klappte den Mund auf und starrte Billy und Dane an.
    Dann war der Laubwirbel da, begleitet von Byrnes Geschrei, und nach einem Augenblick der Stille standen Billy und Dane direkt zwischen dem Tattoo und Byrne, der Repräsentantin Grisamentums, des Tattoos ältestem und schlimmstem Feind.
    Das Tattoo hörte den aufgeschreckten Laut, den der Mann, der ihn trug, von sich gab, und es brüllte seinem Gefolge zu, es solle sich, es solle ihn umdrehen. Die beiden Gewalten starrten Dane und Billy an. Und einander. Waren das Polizeisirenen in einer nicht nahe genug gelegenen Straße?, überlegte Billy. Waren das die Rufe von

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