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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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sagte er. »Wir sind gleich da.« Er klappte das Telefon zu. »Goss und Subby«, sagte er. »Ich schätze, sie haben herausgefunden, dass Anders sie uns gegenüber preisgegeben hat. »Jemand ... Ach, leck mich doch am Arsch. Sie werden es ja sehen.«

24
    Als Billy erwachte, erkannte er, dass seine Träume ausschließlich aus den üblichen zusammengestoppelten und nutzlosen Sinnresten bestanden hatten.
    Warum sollten die Götter dieser Welt keine Riesenkalmare sein? Welches Viech wäre besser geeignet? Es war nicht so schwer, sich vorzustellen, wie sich die Tentakel um die Welt schlossen, nicht wahr?
    Er wusste, dass er nun im Krieg war. Billy war mitten hineingetappt. Dies war nicht mehr seine Stadt, es war ein Kampfgebiet. Bei plötzlichen Geräuschen blickte er auf. Er war ein Guerilla unter Danes Führung. Dane wollte seinen Gott; Billy wollte Freiheit und Rache. Was immer Dane sagte, Billy wollte Rache für Leon und den Verlust jeglichen Sinns in seinem eigenen Leben, und ein Krieg gegen das Tattoo bot ihm zumindest eine winzige Chance, seinen Willen zu bekommen, richtig?
    Sie waren oberflächlich getarnt. Geglättetes Haar für Billy, hochtoupiertes für Dane. Dane trug einen Trainingsanzug; Billy bot einen grotesken Anblick in den Klamotten, die er dem imaginären Studenten gestohlen hatte. Er sah den Londonern nach, die an ihnen vorübereilten, und blinzelte wie der Flüchtige, der er war. Dane nahm sich ein paar Sekunden Zeit, um einen neuen Wagen zu knacken.
    »Haben Sie irgendeinen magischen Schlüssel?«, fragte Billy.
    »Tun Sie nicht so blöd«, erwiderte Dane. Er bediente sich einfach einer kriminellen Fingertechnik. Billy warf einen Blick in das Innere des Wagens - da lagen ein Taschenbuch, leere Wasserflaschen, verstreute Papiere. Er hoffte, dass sie mit diesem Diebstahl niemandem schadeten, den er mögen würde, niemandem, der nett war. Eine jämmerliche Ausflucht.
    »Also ...«, sagte Billy. Hier lag er nun im Schützengraben. »Wie sieht der Plan aus? Greifen wir sie auf eigenem Boden an?«
    »Wir jagen«, sagte Dane. »Es gibt Spuren, die wir verfolgen müssen. Aber das ist gefährlich. Jetzt, da ich ein Ausgestoßener bin, brauchen Sie und ich Hilfe. Aber es ist nicht so, dass wir keine Verbündeten haben. Ich kenne ein paar Leute. Wir fahren zur BL.«
    »Was?«
    »British Library.«
    »Was? Ich dachte, Sie wollen, dass wir uns unauffällig verhalten.«
    »Ja, ich weiß. Das ist nicht der beste Platz für uns.«
    »Und warum ...?«
    »Weil wir einen Gott finden müssen«, schnauzte Dane. »Alles klar? Und weil wir Hilfe brauchen. Es ist ein Risiko, ja, aber da treiben sich vorwiegend Anfänger rum. Leute, die wissen, was sie wollen, gehen woanders hin.«
    Dort gab es, wie er sagte, Magie, aber eben nur Anfängermagie. Für das richtige Zeug musste man sich anderswo umsehen. Ein verlassenes Schwimmbad in Peckham, der Turm des Gaumont State in Kilburn, das längst kein Kino mehr war und auch kein Bingosaal. Im Kühlraum eines Angus Steak House an der Shaftsbury Avenue gab es Texte, die machtvoll genug waren, ihre Position zu verändern, wenn die Bibliothekare nicht hinsahen, und es hieß, sie würden dem Leser die Lügen zuraunen, die sie ihn hören lassen wollten.
    »Halten Sie den Mund geschlossen und die Augen offen, sehen Sie, lernen Sie, zeigen Sie Respekt«, sagte Dane. »Und vergessen Sie nicht: Wir werden verfolgt. Wenn Sie also irgendetwas sehen, dann informieren Sie mich. Verhalten Sie sich unauffällig, und seien Sie fluchtbereit.«
    Es regnete kurz. Wenn es regnet, zitierte Dane seinen Großvater, dann schüttelt ein Krake das Wasser von seinen Tentakeln. Wenn der Wind weht, ist es der Atemhauch aus seinem Sipho. Die Sonne, so sagte Dane, ist nur Phosphorschimmer auf der Haut eines Kraken.
    »Ich muss ständig an Leon denken«, sagte Billy. »Ich muss ... ich sollte seine Familie informieren. Oder Marge. Sie sollte erfahren, dass ...« Es war fast zu schwer, seine Gefühle solchermaßen zu artikulieren, und er musste abbrechen.
    »Sie werden niemandem davon erzählen«, erwiderte Dane. »Sie werden mit niemandem reden. Sie bleiben in Deckung.«
    Die Stadt fühlte sich an, als zögere sie. Wie eine Bowlingkugel auf einer Hügelkuppe, angefüllt mit potenzieller Energie. Billy erinnerte sich an das schlangenartige Aushaken von Goss' Unterkiefer, an verschobene Knochen und einen Mund, urplötzlich umgestaltet zu einem Durchgang. Dane fuhr an einer kleinen Galerie vorbei, an

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