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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Trockenreinigungen und einer marktähnlichen Ansammlung von mannigfaltigem Ramsch und Nippes von urbaner Süßlichkeit.
    Auf dem großen Vorplatz vor der British Library hatte sich eine kleine Menschenmenge versammelt. Studenten und andere Rechercheure, die Laptops unter dem Arm, angetan mit modischen, schweren Brillen und Wollschals. Sie gafften und lachten.
    Ihre Blicke galten einer kleinen Gruppe Katzen, die sich in einer komplizierten Quadrille bewegten, lässig, aber zielstrebig. Vier waren schwarz, eine schildpatt. Sie kreisten und kreisten. Sie zerstreuten sich nicht, und sie zankten sich nicht. Sie folgten nur würdevoll ihrem Kurs.
    In sicherer Entfernung und doch immer noch erschreckend nah waren drei Tauben. Sie stolzierten auf ihrer eigenen Kreisbahn dahin. Die Pfade beider Tiergruppen überlappten sich beinahe.
    »Ist das zu glauben?« Ein Mädchen lächelte Billy an, als der in seiner albernen Kleidung herankam. »Haben Sie je so einen gesitteten Haufen gesehen? Ich liebe Katzen.«
    Die meisten Studenten sahen eine oder zwei Minuten amüsiert zu, ehe sie an den Katzen vorbei in die Bibliothek gingen. Aber da waren einige wenige in der Menge, die nicht vergnügt, sondern vielmehr bestürzt zuschauten. Niemand von diesen Männern und Frauen betrat die Bibliothek. Sie überquerten die Wanderwege nicht. Obwohl es noch früh war und sie gerade erst angekommen waren, wollten sie beim Anblick der kleinen Versammlung gleich wieder gehen.
    »Was ist hier los?«, fragte Billy. Dane trat in die Mitte des Vorplatzes, wo eine riesige Gestalt wartete. Er fühlte sich beklommen hier draußen, sah sich ständig in alle Richtungen um und führte Billy mit einer Haltung unterwürfiger Kampfeslust zu der Sechs-Meter-Statue von Newton. Das Abbild des Wissenschaftlers saß weit vornübergebeugt da und untersuchte die Erde, während sein Zirkel Distanzen maß. Es schien, als läge der Statue ein gewaltiger Irrtum zugrunde, als hätte Paolozzi Blakes Darstellung eines finster-verzückten Grummelns angesichts der lästigen Kurzsichtigkeit als grandios und autark gedeutet.
    Ein robuster Mann mit einer gebauschten Jacke, Wollhut und Brille stand neben der Statue. Er trug eine Plastiktüte bei sich und sah aus, als führe er Selbstgespräche. »Dane«, sagte jemand. Billy drehte sich um, aber in Hörweite war niemand zu sehen. Der Mann mit dem Hut winkte Dane argwöhnisch zu. Seine Tüte war vollgestopft mit Ausgaben einer linken Tageszeitung.
    »Martin«, sagte Dane. »Wati.« Er nickte dem Mann und der Statue zu. »Wati, ich brauche deine Hilfe ...«
    »Halt den Mund«, sagte eine Stimme. Dane trat sichtlich erschrocken zurück. »Ich werde in einer verdammten Minute mit dir reden.«
    Es war nur ein Flüstern mit einem einzigartigen Akzent, irgendwo zwischen London und etwas Bizarrem, das sich nicht verorten ließ. Ein metallisches Flüstern. Billy wusste, es war die Statue, die da sprach.
    »Äh, okay«, sagte der Mann mit den Zeitungen. »Du hast zu tun. Ich haue ab. Wir sehen uns am Mittwoch.«
    »In Ordnung«, antwortete die Statue. Ihre Lippen bewegten sich nicht. Sie bewegte sich überhaupt nicht - sie war eine Statue -, aber die Stimme flüsterte aus ihrem fassgroßen Mund. »Sag ihr, ich lasse grüßen.«
    »Gut«, sagte der Mann. »Bis später. Alles Gute. Solidarität für diese Truppe.« Er sah die Katzen an. Nickte Dane zum Abschied zu, nickte Billy ebenfalls zu. Der Mann ließ eine Zeitung zwischen Isaac Newtons Füßen zurück.
    Dane und Billy standen beisammen. Die Statue hockte unverändert da. »Du kommst zu mir?«, sprach sie. »Zu mir? Du hast Nerven, Dane.«
    Dane schüttelte den Kopf und sagte leise: »Oh, Mann. Du hast gehört ...«
    »Ich dachte, das muss ein Irrtum sein«, flüsterte die Stimme. »Man hat es mir erzählt, und ich dachte, nein, das ist unmöglich, Dane würde so etwas nicht tun. Das würde er nie tun. Ich habe ein paar Beobachter zu dir geschickt, um dich vom Haken zu holen. Kapierst du das? Wie lange kenne ich dich jetzt schon, Dane? Ich kann dir nicht vertrauen.«
    »Wati.« Dane klang so wehklagend, wie Billy es noch nie bei ihm erlebt hatte. Selbst wenn er sich mit dem Teuthex, seinem Papst gestritten hatte, war er nur griesgrämig gewesen. Jetzt aber bettelte er. »Bitte, Wati, du musst mir glauben. Ich hatte keine Wahl. Bitte hör mich an.«
    »Was denkst du, könntest du mir noch erzählen?«, fragte der Newton.
    »Wati, bitte. Ich sage nicht, dass das, was ich getan habe, richtig

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