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Der Kranich (German Edition)

Der Kranich (German Edition)

Titel: Der Kranich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Reizel
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Sessel und ließ den blauen USB-Stick an seinem Befestigungsband hin und her schwingen wie ein Pendel.
    Mir war alles andere als nach einer Plauderei zumute. Den größten Teil des Vormittags hatte ich damit zugebracht, in der hoffnungslos überfüllten Innenstadt einem halbwegs brauchbaren Computerschnäppchen hinterherzujagen, um mich nicht völlig von meiner vertrauten Welt abgeschnitten zu fühlen. Immerhin war ich schließlich erfolgreich gewesen. Doch nun begann der Schmerz in meiner rechten Hand allmählich an meinen Nerven zu zerren, und ich fühlte mich, als hätte ich eine Woche lang nicht geschlafen. Vielleicht hätte ich doch noch in eine Apotheke gehen sollen.
    Mühsam stöpselte ich das kleine Netbook mit der Linken ein, brachte es zum Laufen und spielte rasch ein paar notwendige Programme darauf. Ich sah nicht zu ihr hinüber, doch ich spürte ihren Blick.
    „Du willst es mir nicht sagen? Okay, dann werde ich es
dir
sagen. Es wird dir zu dicht, stimmt’s? Zu persönlich.“
    „Er denkt, ich leide unter Verfolgungswahn.“
    „Vielleicht tust du das. Aber darum geht es nicht. Er kommt dir zu nahe – das hältst du nicht aus.“
    „Bist du jetzt neuerdings mein Psychologe?“
    „Ich sage es dir nur, wenn du dich selbst belügst. Das Mädchen hast du aus demselben Grund abserviert. Du weißt genauso gut wie ich, dass ihr von Darth Vader keinerlei Gefahr droht. Aber du brauchtest ein Alibi, weil du keine Intimität erträgst.“
    „Es geht nicht nur um Darth Vader. Wo ich hingehen werde, kann ich sie nicht mitnehmen, und ich möchte ihr nicht mehr wehtun als unbedingt nötig.“
    „Du denkst, sie ist die Einzige, der du wehtun wirst?“
    Ich hatte genug von dem Gespräch. Um nicht länger zuhören zu müssen, setzte ich Kopfhörer auf, warf den IMSI-Catcher an und belauschte ein Gespräch aus dem Vierten, an dem Ralf sicher seinen Spaß gehabt hätte. Mich vermochte es nicht abzulenken, und zu meinem Entsetzen vernahm ich wenig später Mayas Stimme aus dem Kopfhörer. Ich riss ihn mir vom Kopf, als glühe er.
    „Verdammt noch mal, was willst du von mir?“
    Plötzlich hatte ich das Gefühl, dringend frische Luft zu brauchen. Ich stand auf, ging zum Fenster und öffnete es. Als ich zu ihr hinübersah, war ihr Ausdruck besorgt.
    „Ich will dir nur helfen, Bro. Warum vertraust du mir nicht? Du solltest vorsichtig sein, sonst …“
    Den Rest des Satzes hörte ich nicht mehr. Der schwarze Abgrund, der sich vor mir auftat, traf mich wie ein Blitz.
    Thomas Lamprecht keuchte die sechs Stockwerke hinauf, als ginge es um sein Leben. Alles war gut gelaufen bis zum Hauptbahnhof. Da hatte ihn beim Umsteigen auf dem Bahnsteig der U-Bahn plötzlich so ein verdammter Köter angekläfft. Ein ziemlich großer. Der hatte nicht aufgehört an seiner Leine zu zerren, die Zähne zu fletschen und ihn anzuknurren. Der Mann am oberen Ende der Leine hatte alle Mühe gehabt, den Hund zurückzuhalten. Anstatt sich zu entschuldigen, hatte der Mann Lamprecht dann zu allem Überfluss auch noch derartig misstrauisch angegafft, dass die anderen Leute auch schon geschaut hatten, und bestimmt hätte es nicht lange gedauert, bis eine Streife aufmerksam geworden wäre. Darauf hatte Lamprecht es nicht ankommen lassen. Er hatte Fersengeld gegeben und die gesamte Strecke in den Westen im Laufschritt zurückgelegt, ständig über die Schulter zurückblickend. Alptraumhaft waren Stammheim-Szenarien vor seinem inneren Auge aufgetaucht. Jede Wette, dass der Köter ein Drogenspürhund war, und Feierabend schien der nicht zu kennen!
    Im sechsten Stock angekommen, lehnte Thomas Lamprecht sich gegen die Wand und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. In der einen Manteltasche fühlte er den Stoff, in der anderen das Handy. Schweißgebadet wandte er sich um und blickte die Treppe hinunter zum fünften Stock. Jetzt war es soweit. Das Schicksal ließ ihm keine Wahl mehr. Zuerst der Auftritt beim Frühstück und jetzt auch noch fast die Bullen am Hals – nein. Keinen einzigen Tag länger war er bereit, seinen Kopf hinzuhalten! Jetzt, sofort, würde er es tun. Er würde noch schnell den Stoff loswerden und dann in die Wohnung des Hübschen gehen und sich holen, was die Organisation – wer auch immer das war – wollte. Risiko hin oder her. Wenn der Junge zu Hause war, würde er ihn eben außer Gefecht setzen müssen. Lamprecht verabscheute Gewalt, doch nun war er an einem Punkt, wo ihm selbst das akzeptabel erschien. Physisch war er diesem halben

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