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Der Kreis aus Stein

Der Kreis aus Stein

Titel: Der Kreis aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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schmeckte mit seinem letzten Schnaufen den süßen Geschmack der Freiheit. Dann war der Wächter über ihm.
    In einem einzigen, schwindelerregenden Augenblick wurde die Welt für Raj Ahten entscheidend langsamer. Die tiefen Schnalzgeräusche des verhallenden Schreis von Graf Dreis drangen jetzt als Hilferuf an seine Ohren, und Raj Ahten ertappte sich dabei, wie er bei seinem Versuch, vor einer Gruppe aus Soldaten, die den Bergfried der Übereigner bewachten, anzuhalten, ins Schlingern geriet.
    Er merkte, daß er nur noch seine sechs alten Gaben des Stoffwechsels besaß. Gut möglich, daß einige dieser Ritter ihm fast ebenbürtig waren.
    Er stieß einen Schlachtruf von solch ungeheurer Lautstärke aus wie noch kein menschliches Organ zuvor. Er hatte nur die Krieger vor sich entmutigen wollen.
    Doch die Wirkung seines Gebrülls überraschte sogar ihn. Die Männer sanken auf die Knie und griffen sich schmerzgequält an ihre Helme. Die Mauern des Bergfrieds hinter ihnen bebten und vibrierten, Staub regnete aus Ritzen im Mauerwerk herab, als sei es ein Teppich und seine Stimme ein Prügel, der ihn klopfte.
    Der Wolflord besaß Gaben der Stimmgewalt von Tausenden sowie Gaben der Muskelkraft, die es ihm erlaubten, Luft mit ungeheurer Wucht hervorzustoßen. Doch selbst er hätte nie vermutet, daß sein Gebrüll eine solche Kraft besäße.
    Raj Ahten war so überrascht, daß er seinen Ruf im Schreien veränderte, den Klang um mehrere Oktaven senkte, bis

Gestein und Kies aus der Mauer bröckelten.
    Dann brüllte er erneut, erhöhte die Lautstärke, drang tiefer in das Mauerwerk ein und verwandelte seine Stimme in eine grauenvolle Waffe.
    In Taif stand geschrieben, der Emir Moussat Ibn Hafir habe einst seine Krieger einen solchen Schrei ausstoßen lassen. In der Wüste von Dharmad waren die Mauern der Stadt Abanis unter einem solchen Urlaut in sich zusammengebrochen, was dem Emir ermöglichte, seine Kavallerie in die Trümmer zu schicken.
    Aber damals war der Schrei aus den Kehlen von eintausend Soldaten gekommen, die wie ein Mann gebrüllt hatten, und die Stadtmauern hatten aus weichen Lehmziegeln bestanden.
    Man nannte ihn den Todesschrei von Abanis, der, wie es in der Legende hieß, Stein spalten könne, ganz so wie gewisse geübte Sänger Kristall zerspringen lassen vermochten.
    Und jetzt stieß Raj Ahten einen solchen Schrei alleine aus.
    Die Wirkung war äußerst befriedigend. Vor ihm sanken Krieger nieder, als habe man sie mit dem Knüppel erschlagen.
    Viele gingen vor Schreck zu Boden, viele waren bereits tot.
    Blut schoß den Männern aus Ohren und Nasen.
    Als Raj Ahten sein Crescendo erreichte, bekam der gewaltige Turm des Bergfrieds der Übereigner plötzlich von oben bis unten einen Riß.
    Doch der Turm zerfiel noch nicht und stürzte auch nicht ein.
    Raj Ahten wiederholte diesen Schrei ein weiteres Mal, ließ seine Stimme hin und her über das Gestein spielen, experimentierte mit unterschiedlichen Tonhöhen, bis er genau die richtige gefunden hatte.
    Diesmal zerbröckelte der Turm wie durch Magie und brach mit einem gewaltigen Krachen zusammen, das die Erde erzittern ließ und eine Staubwolke gen Himmel trieb. Riesige Mauersteine regneten herab und landeten krachend auf am Boden liegenden Verteidigern, die die Stufen des Turms bewacht hatten.
    Raj Ahten drehte sich um und betrachtete die Mauern von Burg Longmot. Stellenweise durchzogen Risse sie. Der Bergfried des Herzogs sah aus, als hätten Katapultgeschosse ihn getroffen, die riesige Mauerbrocken herausgesprengt, ein Fenstersims zerbröckelt und Wasserspeier abgeschlagen hatten.
    Wer von den Männern noch dazu in der Lage war, starrte Raj Ahten voller Entsetzen an.
    Besiegt. Longmot war besiegt.
    Raj Ahten stand da und genoß seine Macht. Mag sein, daß der König der Erde kommt, dachte er, aber ich bin mächtiger als die Erde.
    Alle, selbst Raj Ahtens Soldaten, schauten ihn voller Entsetzen an. Von seinen Unbesiegbaren waren nur wenige durch den Todesschrei verletzt worden. Jeder von ihnen besaß wenigstens fünf Gaben des Durchhaltevermögens – was offenbar genügte, um der zerstörerischen Kraft seiner Stimmgewalt standzuhalten.
    Vielen gewöhnlichen Männern jedoch, die die Mauern verteidigten, hatte es die Trommelfelle zerfetzt oder gar das Bewußtsein geraubt.
    In dem Augenblick, der nun folgte, beendeten Raj Ahtens Unbesiegbare ihren Schwertkampf. Wer sich wehrte, wurde erschlagen, und wer sich ergab, wurde in den Innenhof geschleppt.
    Nachdem man die

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