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Der Kreis aus Stein

Der Kreis aus Stein

Titel: Der Kreis aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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gegenüberzutreten – diesem Erdkönig und seiner Armee. Raj Ahten bekam einen wütend grollenden Blick.
    Er drehte sich um, stieß ein gewaltiges Gebrüll aus, wandte seine Stimme gegen die nächste Mauer. »Ich bin mächtiger als die Erde!«
    Longmot bekam Risse – die gesamte Südmauer erzitterte.
    Auch Cedrick Tempest, der vom Tor fortrannte, stürzte zu Boden, griff sich an den Helm und krümmte sich zusammen, als er nicht mehr weiterlaufen konnte.
    Zu Raj Ahtens Entsetzen fiel links von ihm die obere Hälfte des Bergfrieds in sich zusammen. Im Innern der Burg schrien einige seiner Männer auf, als das Gebäude über ihnen zusammenstürzte. Es war, als zerbröckelten die Schutzzeichen der Erdmacht, die die Burg festigten, und ließen sie in Trümmern zurück.
    Im selben Augenblick hörte Raj Ahten auf dem Hang hinter sich einen Zweig knacken.
    Er drehte sich um, sah die große Eiche neben seinem Zelt.
    Der Stamm der mächtigen Eiche brach… und die eine Hälfte des Baumes brach krachend durch das Dach des Karrens für die Übereigner.
    In diesem Augenblick spürte Raj Ahten ein Dutzend kleiner Tode, jene schwindelerregende Atemlosigkeit, die mit dem Verlust von Tugend einherging.
    Die Welt verlangsamte sich in beängstigendem Maße.
    Lange Jahre hatte Raj Ahten den Karren überallhin mitgenommen. Er transportierte darin Dervin Feyl, einen Mann, der Raj Ahten vor vielen Jahren eine Gabe des Stoffwechsels hinterlassen hatte und zu einem Vektor geworden war.
    Dervin war soeben gestorben, zusammen mit jenem Übereigner, der Raj Ahten Anmut übermittelte, und mehreren anderen weniger wichtigen Männern.
    Er wunderte sich über seine plötzliche Trägheit. Hat meine Stimmgewalt den Baum gefällt, oder will die Erde mich bestrafen? überlegte er.
    Hat die Erde einen Schlag gegen mich geführt? Er hatte keine Möglichkeit, die Frage zu beantworten. Und doch spielte sie eine große Rolle. Binnesman hatte ihn verflucht, scheinbar ohne Wirkung. Hatte womöglich der Fluch des Zauberers den Baum geschwächt?
    Oder war seine Stimmgewalt dessen Ende gewesen? Ein kleiner Schlag. Und doch so wirksam.
    Raj Ahten staunte. Im Augenblick jedoch spielte dies keine Rolle mehr. Trotz seines Sieges war er der Besiegte. Er besaß zwar die Geisteskraft, die Anmut und Muskelkraft von Abertausenden, doch ohne seine Geschwindigkeit war er zu einem Krieger mit ungünstigen Proportionen geworden. Ein gewöhnlicher Soldat, irgendein junger Bursche ohne Gaben, konnte ihn womöglich töten.
    Gaborn brauchte ihn bloß mit der Geschwindigkeit von fünf Männern und den Gaben des Durchhaltevermögens von weiteren fünf anzugreifen, und schon hätte der Wolflord gegen ihn keine Chance mehr.
    Er ließ verzweifelt seinen Blick umherschweifen. Seine Flammenweber waren ausgebrannt. Seine Zwingeisen waren verloren. Die Salamander waren ins Jenseits zurückgekehrt und würden sich für lange Zeit nicht mehr ohne weiteres herbeirufen lassen. Seine geheimnisvollen explosiven Pulver waren sämtlich aufgebraucht.
    Ich bin hierhergekommen, um Orden und Sylvarresta zu vernichten, überlegte er, und das ist mir gelungen. Aber dadurch habe ich mir einen noch größeren Feind geschaffen.
    Es wurde Zeit, rasch von Longmot zu verschwinden, Heredon und alle Königreiche Rofehavans schnellstens zu verlassen und seine Taktik neu zu überdenken. Welchen Sieg seine Männer hier im Norden auch noch erringen mochten, im Augenblick spürte er, wie die Königreiche Rofehavans seinem Zugriff entglitten.
    Raj Ahten hatte seine Gaben, Tausende und Abertausende davon. Doch seine Minen standen kurz davor, sich zu erschöpfen, und seine Zwingeisen befanden sich in der Hand seines Feindes. Was immer er an Gaben besaß, der junge König würde ihm vielleicht bald ebenbürtig sein.
    Verzweiflung übermannte ihn.
    Schnee fiel. Der erste Schnee, den Raj Ahten in diesem Winter zu sehen bekam. In ein paar Wochen waren die Pässe in den Bergen unpassierbar.
    Er konnte diese Auseinandersetzung später fortsetzen, überlegte er. Erschüttert. Die Vorstellung, bis zum Frühling zu warten, machte ihm angst.
    Er brüllte Befehle, seine Männer sollten sich zurückziehen, ließ ihnen keine Zeit, die Burg zu plündern.
    Mehrere Minuten stand er da, während seine Soldaten sich beeilten zu gehorchen, Zelte niederrissen, den Pferden das Zaumzeug anlegten, Wagen beluden.
    Die Frowth-Riesen kamen aus der Burg, die Leichen der Verteidiger in ihren Pranken, um sie auf dem Heimweg zu verspeisen.

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