Der Kreis aus Stein
augenblicklich folgte ein zweiter solcher Schrei.
Im selben Augenblick, als schwere Graupeltropfen hoch vom Boden aufzuspritzen begannen, trat Binnesmans Pferd aus und spitzte die Ohren. Bangen Herzens sah Gaborn, wie der Zauberer seinem Pferd die Sporen gab und nach Longmot preschte, und wünschte sich, er könnte ihm nachreiten.
»Los, Gaborn, schafft Eure Armee hierher!« rief Binnesman.
»Die Welt erleidet Qualen!«
Dann sah er es – der Graupel vor ihm war dazu übergegangen, in gewaltigen Sturzbächen vom Himmel zu fallen und das Heideland unter Wasser zu setzen. Kein Weitseher wäre imstande, den bevorstehenden Wolkenbruch mit seinem Blick zu durchdringen. Wenn seine List nicht bereits Erfolg gehabt hatte, konnte sie keine Wirkung mehr erzielen.
Mit einem Schrei reckte Gaborn die Faust in die Höhe und gab den Befehl zum Angriff.
KAPITEL 31
Shostag
Shostag, der Axtmann, hielt sich in den Kellern des Herzogs versteckt, als er die Belebung verspürte. Ein Gefühl alles durchdringender Energie ging kribbelnd durch jeden Zoll seiner Haut, und er war mit einem Schlag zum Kampf bereit.
Orden war also gefallen. Shostag fragte sich, wie.
In seinem kurzen Leben hatte er ein Dutzend Runenlords ausgetrickst. Er war weder ein Mann von großer Intelligenz noch von weitgefächerter Bildung, doch er hielt die Augen offen und traf schnelle Entscheidungen. Weil seine bärenhaften Muskeln von Fett bedeckt waren, nahmen die meisten Menschen an, er sei obendrein noch dumm. Das war keineswegs so.
Er packte seine doppelschneidige Axt, rannte die Treppen hinauf und warf sich durch die Kellertüren. Er tat dies mit berechneter Wucht und schob beim Hinausgehen sogar den Riegel zurück, so daß die Tür bei seinem Aufprall aufflog.
Dann lief er durch die Vorratskammer der Küchen, durch die Küchentür und hinaus auf das Gras vor dem großen Saal.
Dort kämpften Hunderte von Raj Ahtens Unbesiegbaren mit den Verteidigern der Burg. Kampfhunde sprangen zwischen ihnen umher, riesige gesprenkelte graue Ungeheuer mit roten Ledermasken. Längs der Westmauer sah er einen Feuersalamander, und vor allen Mauern lagen Männer, die brannten oder im Kampf gefallen waren.
Entlang der nördlichen Burgmauer feuerten einige von Ordens Bogenschützen herunter, denn seine Männer befanden sich in einer so erbärmlichen Lage, daß jeder Pfeil mit großer Wahrscheinlichkeit Raj Ahtens Männer traf, ohne daß auch nur geringe Chance bestand, einen Verteidiger zu verletzen.
Doch selbst der schnellste Kampfhund oder Unbesiegbare aus der Gruppe bewegte sich mit nicht mal einem Achtel von Shostags Geschwindigkeit. Sie schienen kaum schneller als Statuen zu sein. Von Raj Ahten konnte Shostag keine Spur entdecken.
Er nahm seine gewaltige Eisenaxt und pflügte sich einen Weg durch die Menschenmenge. Er schwang die Axt in komplizierten Kreisen, schlug Raj Ahtens Unbesiegbaren in fast beiläufiger Manier die Köpfe ab, spaltete Kampfhunde entzwei, wich Pfeilen und Klingen und Speerspitzen aus.
Er hatte gerade mal zweihundert dieser Bastarde erledigt, als er an den Toren eine rasche Bewegung bemerkte. Raj Ahten höchstpersönlich kam auf ihn zugestürzt.
Der Wolflord trug keinen Helm, hielt jedoch eine Streitaxt in der einen und einen Krummsäbel in der anderen Hand.
Zumindest glaubte Shostag, daß es der Wolflord war. Sein Gesicht strahlte wie die Sonne, seine Schulter dagegen war häßlich entstellt. Um so leichter war es, gegen ihn zu kämpfen, glaubte Shostag.
Raj Ahten warf einen Blick auf Shostag und fing an zu lächeln. »König Orden ist also tot, und du glaubst, du bist der nächste, ja?«
Shostag reckte sein Kinn vor und ließ seine riesige Axt geschickt kreisen. »Der Arm sähe noch besser aus, wenn ich Euch den Rest davon abhackte, was meint Ihr?«
»Komm und versuch’s«, forderte Raj Ahten ihn auf. Der Wolflord musterte die Schneise aus Toten, von denen einige noch im Niedersinken begriffen waren und die verstreut auf einem Weg lagen, der von den Küchen herüberführte.
Erschrocken schoß Raj Ahten nach links und rannte die schmale Straße zum Wohnhaus irgendeines Lords hinauf, fort von Shostag. Dabei schlitzte er die Kehle jedes Verteidigers in Reichweite auf und stieß seine eigenen Leute aus dem Weg.
Mit einem Satz war Shostag ihm auf den Fersen. Er wußte, was Raj Ahten vorhatte.
Shostag befand sich an der Spitze von einundzwanzig Männern, die ihm Gaben des Stoffwechsels zuführten.
Mehrere dieser Männer hatten zuvor
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