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Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind

Titel: Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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der Hausherr noch immer nicht auf der Bildfläche erschienen.
    »Wo war ich an dem Abend, als der Earl und die Countess of Camden sowie ihre Begleiter ums Leben kamen, Elsa?«
    »Ihr wart in Camden Hall«, flüsterte das Dienstmädchen ängstlich, »mit einer schweren Erkältung im Bett. Bis zum nächsten Morgen, als die Polizei kam.«
    »Danke, Elsa. Du hast uns sehr geholfen.«
    Weil Lieutenant a. D. Barepitch sich nach wie vor die Hände wusch, kümmerte sich die Hausherrin um die Unterhaltung der Gäste. Eine ungezwungene Plauderei wollte allerdings nicht recht in Gang kommen, weshalb sie sich bald in einem ausschweifenden Monolog über ihre Jugendjahre in Devon erging. Ihr exzellenter cream tea half die nicht immer ganz schlüssigen Passagen zu überbrücken. Vor allem Elsa konnte man ansehen, welche Last jetzt von ihr genommen war: Sie fiel über Mrs Barepitchs scones wie über eine Henkersmahlzeit her.
    Mit einem Mal verstummte Mary Barepitch, um gleich darauf mit strahlendem Lächeln einen Namen zu rufen.
    »James!«
    Der Hausherr hatte David noch nicht näher in Augenschein nehmen können, weil dieser mit dem Rücken zur Wohnzimmertür saß. Er wusste nur, dass ein junger Mann und möglicher Tatverdächtiger, der in irgendeiner Beziehung zu den Camdens gestanden haben wollte, sich bei ihm angemeldet hatte.
    David drehte sich zu dem pensionierten Scotland-Yard-Beamten um und erschrak. Barepitch war sichtlich gealtert und zusammengeschrumpelt wie eine Trockenpflaume. Der Mann musste an einer ernsten Krankheit leiden und David wurde bewusst, dass dieser Zeuge im Falle eines Gerichtsverfahrens womöglich bald nicht mehr zur Verfügung stehen würde. Seine Betroffenheit überspielend, zwang er sich zu einem herzlichen Lächeln, streckte Barepitch die Hand entgegen und sagte: »Ich freue mich Sie wieder zu sehen, Mr Barepitch. Es wäre schön, wenn Sie sich auch an mich erinnern könnten, aber ich möchte Sie trotzdem bitten nicht meinen Namen auszusprechen.«
    Der Pensionär blickte David nachdenklich an. Mit einem Mal weiteten sich seine Augen und er wollte Davids Hand gar nicht loslassen. »Entschuldigen Sie, Sir. Ich habe Sie nicht gleich erkannt, wegen der…«
    »Schon gut«, unterbrach David den aufgeregten Mann. »Ich weiß, warum.«
    Den Kopf seinem Kollegen zuwendend sagte Barepitch:
    »Ich kann es noch gar nicht glauben. Wo hast du diesen jungen Mann gefunden, Sam?«
    Hastings hatte die Begrüßungsszene mit wachsamem Blick verfolgt. »Das habe ich dir doch schon erzählt, James. Er ist uns sozusagen direkt in die Hände gelaufen.«
    »Ja, aber das ist doch nicht…«
    »Bitte«, sagte David. Er merkte, Barepitch war drauf und dran, doch noch die Spielregeln dieses Treffens zu vergessen. Den alten Mann eindringlich musternd, fragte er: »Halten Sie es für möglich, dass ich den Earl of Camden ermordet habe oder etwas mit dem Tod von Sir Rifkind zu tun haben könnte?«
    Barepitchs Miene sah aus, als hätte sich jemand einen absurden Scherz mit ihm erlaubt. Er lachte sogar einmal kurz auf, bevor er sich mit seiner Antwort wieder direkt an Hastings wandte. »Was soll das, Sam? David…«
    »Sir!«, fuhr David dazwischen.
    »Dieser so genannte David Newton« – Barepitch lächelte wissend – »hat ein hieb- und stichfestes Alibi für den Zeitpunkt des Todes der Camdens. Ich erkenne ihn mit hundertprozentiger Sicherheit wieder. Was Sir Rifkind betrifft, kann ich natürlich nichts sagen, Sam. Aber wenn du auf deinen alten Lehrmeister hören willst, dann glaube mir, dass du hier den verkehrten Verdächtigen festhältst. Mr Newton hätte eher Grund Rifkind zu rächen, als ihn zu ermorden. Und falls du glaubst, das Geld des Anwalts könnte das Motiv gewesen sein, dann lass dir gesagt sein, dieser junge Mann besitzt ein größeres Vermögen als Rifkind, Northcliffe und noch ein paar andere der bedeutendsten Männer dieser Stadt zusammen.«
    Nachdem das Polizeifahrzeug Elsa und Balu an einer Undergroundstation abgesetzt hatte, fuhren Hastings, der namenlose Beamte und die Verdachtsperson wieder in Richtung Themse. David erwartete, nun wieder in die Zellenflucht für Untersuchungshäftlinge zu kommen, aber nachdem Lieutenant Hastings seinen Kollegen weggeschickt hatte, sagte er zu David: »Ich werde Sie jetzt laufen lassen, Sir.«
    David sah den Beamten aus großen Augen an. »Dann habe ich Sie wirklich überzeugen können?«
    Anstatt zu antworten lächelte Hastings nur still in sich hinein.
    »Vielen Dank, dass

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