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Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind

Titel: Der Kreis der Dämmerung 01 - Das Jahrhundertkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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und warf seinen Stuhl nach hinten um. Sein Rücken war auf groteske Weise zurückgebogen. Einen Atemzug lang stand er noch so vor der Tafel. Anschließend vollzog er eine halbe Drehung, glotzte Jeff mit schreckgeweiteten Augen an und kippte sodann nach vorne um.
    Stille.
    Lakaien wie auch Herrschaften starrten auf den gekrümmten Körper, der noch am Boden schaukelte und nur langsam zur Ruhe kam. Jeffs Blicke sprangen zwischen den Anwesenden hin und her wie ein gejagtes Wild im Kessel seiner Treiber. Selbst Lord Belial hatte sich unter seinem Baldachin erhoben. Waren seine dunklen Augenhöhlen auf den Toten gerichtet oder auf den Knaben dahinter?
    Graf Zapatas Körper hatte aufgehört zu wippen. Im unsteten Licht der Feuerschalen huschten Trugbilder über die Wände. Jeff hätte schwören können aus den Augenwinkeln eine schattenhafte Gestalt gesehen zu haben, drüben an der nördlichen Fensterfront. Ein anderes Ereignis, das kaum zwölf Stunden zurücklag, kehrte in seinen Sinn zurück. Er hatte außer Pater Garrick und Zapata auch schon andere Tote gesehen. Des Grafen Anblick allein hätte ihn nicht dermaßen schockiert. Es war etwas anderes. Etwas Unfassliches: Lord Belial hatte alles ernst gemeint! Und irgendwo in diesem Haus schlich ein todbringender Schemen herum, der mit Eifer jeden Befehl seines Herrn befolgte.
    Jeff löste sich aus seiner Erstarrung, taumelte zwei, drei Schritte fort von dem gekrümmten Leichnam Zapatas. Dann wirbelte er herum und rannte hinaus in den kurzen Flur, der zur Eingangshalle führte. Panik bestimmte nun sein Handeln. Er wollte nur noch eins: leben! Was sonst hätte er auch tun können, um diesen Wahnsinnigen aufzuhalten? Nichts. Er war doch nur ein Junge.
    Am Eingang zur Halle holte ihn eine eiskalte Stimme ein, die ihn wie von einer Gewehrkugel getroffen herumschleudern ließ. »Jeff! Jeff Fenton, bleib stehen! Du brauchst nicht zu fliehen…«
    Es war der Schattenlord. Jeff konnte sehen, wie der Schemen unter dem Baldachin eine fahle Hand nach ihm ausstreckte. Vom eigenen Schwung vorangetrieben, stolperte Jeff erst mit der Schulter gegen die linke Wand des Flurs und spürte gleich darauf einen stechenden Schmerz im Rücken. Hinter ihm fauchte etwas wie eine gereizte Raubkatze. Dann hörte er ein schepperndes Krachen.
    Als er sich wieder umwandte, blickte er auf eine brennende Lache. Er war gegen einen der hohen Leuchter gestoßen. Im Sturz hatte das Feuerbecken seinen flüssigen Inhalt in die Eingangshalle entleert. Die Flammen breiteten sich rasend schnell über den Boden aus, leckten bereits an den getäfelten Holzwänden. Einen Moment lang starrte Jeff wie gebannt auf das Inferno, das er angerichtet hatte. Durch den Haupteingang zu fliehen war unmöglich. Auch der Flur zur Küche brannte lichterloh. Der einzige noch freie Weg führte in den Nordflügel. Ein kurzer Blick zurück zum Wappensaal ließ ihn jegliche Bedenken vergessen. Er rannte auf Belials Arbeitszimmer zu. Endlich war ihm klar, was er tun musste, und er zweifelte keinen Moment daran, dass auch der Lord seine Absicht durchschaute. Warum sonst hätte er sich so eilig an Jeffs Verfolgung gemacht?
    Es waren nur fünfzehn oder zwanzig Schritte und doch kamen sie Jeff wie eine Meile vor. Jeden Moment erwartete er Negromanus’ Schatten aus einer Türnische springen zu sehen, aber wenigstens das blieb ihm erspart. Als er sich jedoch an der Tür des Arbeitszimmers zum Foyer hin umsah, erlitt er einen weiteren Schock: Die ganze Eingangshalle stand in Flammen – und mittendurch kam Belial auf ihn zu. Ohne weiter über den Sinn oder vielmehr Unsinn seines Handelns nachzudenken, machte Jeff noch einmal drei Schritte auf den Verfolger zu und stieß ein weiteres Feuerbecken um, genau in Richtung des Lords. Fast augenblicklich stand der ganze Flur in Flammen.
    Dann entschwand Jeff in das Arbeitszimmer. Zum Glück war es unverschlossen (für Belial musste es ein aberwitziger Gedanke gewesen sein, dass sich je einer ungebeten in sein Reich wagen könnte). Der Junge rannte auf die Glastüren zu. Hierzu musste er den Schreibtisch umrunden. Im Licht der Petroleumlampe fiel sein Blick auf den Kreis der Ringe.
    Obwohl die Zeit dafür alles andere als passend war, ließ der Anblick des golden funkelnden Runds ihn doch einen Moment innehalten. Vielleicht besaß dieser Kreis aus zwölf Ringen ja etwas, das ihn einen Herzschlag lang alles um sich herum vergessen ließ. Jeffs Augen wanderten über die völlig identischen Schmuckstücke

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